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Esther Friesner

Titel: Esther Friesner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Katze läßt das Zaubern nicht
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würde, doch falls dem so sein sollte, wollte ich nicht, daß er wütend auf mich wurde, nur weil ich es vergessen hatte. Ich schüttelte den größten Teil des Schlamms aus dem Schädel und steckte ihn auf die Spitze meines Stocks zum Trocknen. Dann verabschiedete ich mich von Bini.
    »Und komm bloß nicht wieder«, sagte sie zwischen den Schluchzern zu mir. Das war zwar nicht gerade der Abschied, wie ich ihn mir nach sechs Jahren an der Akademie für Hochzauberei vorgestellt hatte, aber mehr war wohl nicht drin.
    Ich trat durch das goldene Tor auf den Ziegenpfad hinaus.
    Es war ein langer, beschwerlicher Weg mit sehr viel mehr Steinen, als es meiner Meinung nach notwendig gewesen wäre. Meine Füße taten schon ziemlich schlimm weh, als der Ziegenpfad schließlich in einen dichten Wald im westlichen Teil von Meister Thengors Anwesen mündete.
    Unmittelbar hinter dem Waldesrand standen ein paar hohe Stümpfe wie abgebrochene Zähne herum. Es waren Holzfäller dagewesen, aber sie hatten sich nicht allzutief in den Urwald hineingewagt. Ich fragte mich, warum wohl nicht. Der Wald sah gar nicht so gefährlich aus.
    Ich konnte mich nicht daran erinnern, daß er auf Meister Thengors Karten als etwas eingetragen gewesen wäre, das es besser zu vermeiden galt, wie beispielsweise der Wald der Furcht im Norden oder der Grabschhain im Süden, oder der Forst der Taumelnden Kopflosen Hirnsaugenden Leichen im Osten, oder wie der Schlachthain - wo immer der Schlachthain sein mochte.
    (Meine beste Note in Erdkunde war eine 6+, und auch die hatte ich nur bekommen, weil ich es schließlich schaffte, von der Studentenlaterne ins Unterrichtszimmer zurückzufinden, ohne mich dabei zu verirren.) Ich setzte mich auf einen der Stümpfe, um mich auszuruhen, den Korb zwischen den Beinen, den Stock mit dem Schädel auf der Spitze gegen meine Wade gelehnt. Zwei der kleineren Sonnen waren schon mit dem Abstieg beschäftigt; der Nachmittag lag im Sterben. Ich hatte noch immer keinen Bissen zu mir genommen, verspürte aber auch keinen allzugroßen Appetit. Während meines ganzen einsamen Fußmarsches hatte ich ständig nach Scandal Ausschau gehalten.
    Kein Schritt, den ich tat, kein spitzer Stein, auf den ich trat, kein Schlagloch, über das ich stolperte, machte mir etwas aus, ebensowenig wie der dazugehörige Schmerz - wenn ich nur den Kater eingeholt hätte. Doch statt dessen blieb mir am Schluß nur der Schmerz übrig.
    Ich hatte sogar versucht, ihn mit Hilfe meiner Magik zu finden. Hatte Zoltan nicht erzählt, daß Magik Magik anzog, daß das größere das geringere herbeirief? Wenn ich mich nur dahinterklemmte, könnte ich meine Magik doch sicherlich dazu bringen, die des Katers ausfindig zu machen. Das würde ein ziehendes Gefühl sein, das wußte ich einfach, vielleicht auch ein Glühen. Ich schloß die Augen, konzentrierte meine Gedanken und hoffte.
    Kein Zucken, kein Funke, nicht der allerleiseste Unterschied.
    »Dumme Katze«, sagte ich laut. Die Bäume raschelten.

    »Warum mußt du nur davonrennen?« Ich packte meinen Rattenklopperstock und schüttelte ihn wütend, bis der Schädel darauf klappernd zu kreiseln begann. »Prima!
    Abgehauen! Mich allein gelassen! Als wenn mir das etwas ausmachen würde! Du brauchst mich mehr als ich dich! Du hast doch keine Ahnung von Orbix. Du findest doch nie das Loch, das dich in deine eigene Welt zurückführt, wenn ich dir nicht dabei helfe. Du findest vorher höchstens ein dutzendmal den Tod. Du … du …« Irgend etwas fing an, meine Worte abzuwürgen, bevor ich sie hervorpressen konnte; irgend etwas, das eine viel zu große Ähnlichkeit mit Tränen hatte. »Du hast doch noch nicht mal gewußt, daß Voondrabs in Monaten ohne R giftig sind!«
    »Mag sein«, sagte der Kater und steckte den Kopf unter der Abdeckung von Binis Picknickkorb hervor. »Aber mit einem ganzen Brathuhn als Zimmergefährten – wer braucht da noch Voondrabs?«

KAPITEL 8
    »Du siehst aus wie etwas, das die Katze ins Haus geschleppt hat«, meinte Scandal. »Wenn du den Ausdruck bitte nicht verzeihen würdest.«
    »Mußtest du gleich das ganze Huhn auffressen?« Ich durchwühlte den Picknickkorb, doch alles, was ich darin als Beweis für die Existenz eines Huhn vorfand, war eine Handvoll Knochen.
    »Ich habe dir den Wunschknochen übriggelassen. Ich dachte, ein großer Zauberer wie du würde das zu schätzen wissen. Was zählt, ist nur die Absicht.« Seine Schnurrbarthaare glänzten vor Fett. »He, nun hör mal auf zu

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