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Esther Friesner

Titel: Esther Friesner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Katze läßt das Zaubern nicht
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bekam es zu packen, und mit einem einzigen, heldenhaften Schwung der Klinge …… kippte ich hinten über.
    »Es kommt darauf an, die Schwungnahme zu beherrschen, o Zauberer«, sagte Grym, neben mir kauernd, der ich flach auf dem Rücken lag. »Meine treue Klinge, Grabräuber, neigt dazu, auszuscheren nach rechts, ficht man sich an, mit ihr zu schneiden. Du mußt gerade halten die Schultern, den Blick aufs Ziel geheftet, und schwingen aus den Hüften.
    Hier, nimm meine Hand, daß ich es dir zeige.«
    Ich wälzte mich ohne seine Hilfe auf die Seite und blickte ihn eindringlich an. Ich hielt noch immer das Schwert in den Händen, obwohl ich das dumpfe Gefühl hatte, daß er es mir jederzeit hätte entreißen können. »Weshalb bist du plötzlich so hilfsbereit?« fragte ich.
    »Wer wollt’ nicht einen solch mächtigen Zauberer zum Verbündeten?
    Meiner Mutter Sohn ist doch kein Narr.« Er erhob sich und zog mich auf die Beine, komplett mit Schwert. Das Gewicht der Klinge kugelte mir fast die Arme aus, und doch konnte Grym uns beide mühelos hochheben, als wären wir nur eine Handvoll Stroh gewesen.
    Ich stemmte die Klinge in den Boden, wie er es auch schon getan hatte. Es schien mir leichter, sie als Stütze denn als Waffe zu verwenden, obwohl es keinen Grund gab, Grym das zu offenbaren.
    »Du willst also mein Freund werden, wie?« fragte ich und versuchte, so gelassen zu klingen, wie ich nur konnte.
    »Erfaßt hast du’s, o Zauberer.«
    »Weshalb?« Ich klang schon fast so zynisch wie Scandal.
    Apropos … Wo war denn bloß dieser Kater? Ich musterte das uns umgebende Waldstück, konnte aber nicht die leiseste Spur von ihm ausmachen.
    »Bei Zaftigus und tumitia, so sehr ich euch veracht’, euch schwachdärmige Städter, wie auch den feigen Gebrauch der Zauberei im ehrlichen Kampfe, wäre ich doch stolz darauf, dich, o Meister Kendar, meinen Blutsbruder und Bundesgefährten heißen zu dürfen, weil … weil …«
    Er brach ab, spannte sich an, nervös huschte sein Blick von einem Waldesschatten zum anderen. Und dann fügte er mit einer Stimme hinzu, die so leise war, daß es selbst noch einem Meister-Attentäter zur Ehre gereicht hätte: »Wegen meines Gesichts.«
    Da hatte er allerdings recht.
    Da ich nicht mehr in unmittelbarer Lebensgefahr schwebte, hatte ich nun Gelegenheit, den Barbaren aus nächster Nähe zu betrachten.
    (Vielleicht aus allzu großer Nähe. Baden ist etwas für schwachdärmige Städter.) Und jetzt, da ich ihn mir genau ansehen konnte, begriff ich, daß da etwas ganz, ganz schrecklich verkehrt war.
    Dieselbe Nase, die den Anschein erweckte, als wüßte sie schon ihre eigenen Schlachten zu schlagen, war nicht nur das muskulöseste Exemplar ihrer Gattung, das ich je zu Gesicht bekommen hatte, sie war auch das - konnte das wirklich sein? - süßeste. Und wenn Gryms runde, wohlgebräunte Wangen auch die Narben von hundert Duellen und doppelt so vielen Wirtshausschlägereien aufwiesen, konnte das doch nicht den plötzlichen Drang mindern, der mich überkam, die Hand danach auszustrecken und sie zu zwicken. Die gutverteilten Sommersprossen taten ihr übriges.
    Und als der Wunsch meiner Hände langsam nachließ, seine süßen kleinen Wangen zu zwicken, so nur deshalb, weil sie als nächstes am liebsten all die süßen kleinen Tollen in seinem lockigen roten Haar glattgestrichen hätten.
    »Weh mir!« rief er, und in seinen leuchtend blauen Augen erschien ein Ausdruck allerliebster Besorgnis. »Welch schlimmes Los. Zu lange doch erblicktest du mein fluchbeladen Antlitz, ist es nicht? Ja, ich seh’s auch in deinen Augen, daß du dies getan. Nicht einmal deine Hexenkunst vermag es zu verbergen.« Ich weiß zwar, daß er niedergeschlagen aussehen wallte, aber seine Lippen öffneten sich zu einem so süßen Lächeln voller Zahnlücken …
    »Ooooohhhhh«, sagte ich. Ich konnte einfach nicht anders. Er erinnerte mich an meine kleine Schwester Lucy, als sie noch ein Kind gewesen war. Damals konnte sie den ganzen Tag damit zubringen, mir ihr Spielzeug um die Ohren zu hauen … und dabei spielte dieses kleine Mädchen viel lieber mit Steinen als mit Puppen! Aber ich brauchte nur einmal auf Zehenspitzen in ihr Zimmer zu schleichen, nachdem man sie zur Nacht zu Bett gebracht hatte, einen Blick auf ihr schlafendes Gesicht zu werfen, und schon konnte ich an nichts anderes mehr denken als daran, wie süß sie doch war.
    So süß wie ein Barbar, eben. »Soll ich den Standesbeamten für euch holen?« fragte Scandal

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