Esther Friesner
und steckte die Nase aus dem Unterholz. »Oder wollt ihr etwa eine kirchliche Trauung?«
»Welch Zauberwerk ist dies?« rief Grym. Er entriß mir das Schwert und schwang die Klinge gegen den Kater. Scandal machte einen Satz, so hoch wie die Knie des Barbaren, und von seinen Schnurrbarthaaren stoben kleine Funken. Der Sohn von Gryms Mutter war tatsächlich kein Tor - sofort ließ er das Schwert sinken und kniete vor dem immer noch funkensprühenden Scandal nieder. Selbst auf den Knien war er noch fast so groß wie ich.
»Gnade, o wundrig Tier!« rief er.
»Äh, das ist mein Familiär, Scandal«, stellte ich vor.
»Hallo, Süßer«, begrüßte Scandal den Barbaren.
Der arme Grym stöhnte. »Schon immer war es so! Oh, dieses Antlitz! Dies gnadenlose, verräterische, schonungslose Gesicht!
Meister Kendar, du Zauberer ohnegleichen, du darfst meinem Leid nicht den Rücken zukehren!« Er warf sich mir zu Füßen. Das war so, als hätte mir jemand einen Baumstumpf zugeworfen. Einen riesigen Baumstumpf.
»Ja, äh, klar doch. Ich werde ihm meinen Rücken schon nicht zuwenden, deinem mickrigen, großen Wie-war-das-noch-gleich-Leiden. In Ordnung?« Ich klopfte ihm auf die Schulter. Ich könnte beschwören, daß es sich wie hallendes Metall anhörte.
»Ist dem so?« Er hob das Gesicht, und schon wieder mußte ich gegen das Bedürfnis ankämpfen, diese Wangen mal ordentlich zu zwicken.
»Willst du deine große Zaubermacht verwenden, um fortzunehmen diesen Fluch der Natur von meinem Antlitz? Darf hoffen ich darauf, mit einem Antlitz aufzuwachen, das besser wohl zu der Berufung paßt, die ich in dieser Welt mein eigen nenne? Wirst du wahrhaftig dieses für mich tun?«
»Hab’ ich doch schon gesagt, oder?« Ich hätte ihm das Blaue vom Himmel herunter versprochen, nur um ihn etwas aufzuheitern.
»Ach, Meissssterrrrr.« Plötzlich war Scandal neben mir, mit zuckender Rute. »Vielleicht auf ein Wort, bittebittebitte?«
»Entschuldige uns«, sagte ich, an Grym gewandt. Er versuchte, mit das Schwert zurückzugeben, doch ich bedeutete ihm, er solle es für mich halten.
Ich folgte dem Kater ein kleines Stück in den Wald, als er plötzlich herumfuhr und losfauchte: »Bist du etwa verrückt geworden?« Ich wollte gerade antworten, doch er war mal wieder in Fahrt. »Sag mir nur, daß du gerade eben Milchgesicht dem Barbaren eine Schönheitschirurgie im Schnelldurchgang versprochen hast! Denn wenn du das tatsächlich getan haben solltest, und wenn es dir nicht gelingen sollte, nur weil du keine Ahnung hast, wo dir die Magik eigentlich steht, dann wird das kein besonders zufriedener Kunde werden. Und wenn der nicht zufrieden ist …« Scandal machte eine heftige, schneidende Geste mit der Vorderpfote und stieß ein harsches, kehliges Geräusch aus, wie Paps es stets zu tun pflegte, kurz bevor er einen der Dienstboten feuerte.
»Scandal, nun hab doch etwas Mitleid mit dem Kerl«, bat ich ihn. »Er ist ein Barbar! Die plündern, die brandschatzen, die schleifen, die ziehen übers ganze Land. Sie nehmen sich, was sie haben wollen, und sie wollen alles haben, was ihnen vor die Augen kommt. Gibt es dort, wo du herkommst, auch solche Leute?«
»Mann, wir haben gerade Wahljahr, da könnte ich dir ein paar Namen nennen, aber wozu der Aufwand? Na schön, der Kerl ist also ein Barbar. Und was soll das bedeuten?«
»Das bedeutet, daß man hilflose Bauern nicht zu Tode erschrecken kann, wenn man ein Gesicht hat, bei dessen Anblick sie alle, alle immer nur oooooohhhhh sagen und nur noch eins wollen, die Wangen mal ordentlich zwicken.«
Scandal schnalzte. »Du hast doch sein Schwert gesehen.
Was glaubst du, wie oft der sich schon mal hat zwicken lassen?«
»Barbaren sind gern schnell«, erklärte ich. »Zackzack, rein ins Dorf, die Beute gegrabscht, und schon geht’s wieder weiter. Die Einheimischen zu zerstückeln, kostet Zeit. Jedenfalls glaube ich, daß er sich inzwischen wohl ziemlich hoffnungslos vorkommen dürfte.
Schließlich kann man ja nicht jedem den Kopf abhauen. Dieses Gesicht paßt einfach nicht zu diesem Beruf.«
»Dann soll er gefälligst die Stellung wechseln«, knurrte die Katze.
»Denn wenn du sein Gesicht nicht verwandeln kannst, wird er an dir eine Geschlechtsumwandlung vornehmen, darauf kannst du Gift nehmen.«
»Er wird mir nichts tun.« Das kam so zuversichtlich, daß es mich selbst schon überraschte.
»Eigentlich hat er schon eine ganze Menge getan«, ermahnte mich Scandal. »Ich glaube, er muß dir das
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