Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Esther Friesner

Titel: Esther Friesner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Katze läßt das Zaubern nicht
Vom Netzwerk:
Blasen tänzelten im Sonnenlicht, das durch das riesige Rauchabfangloch mitten im Dach eindrang. Die Dachbalken waren so dicht behangen mit Büscheln getrockneter und trocknender Krauter, Gräser, Blumen und Reptilien, daß man kaum das Ried darüber ausmachen konnte. Die Luft war schwer von einem Geruch, dessen Note irgendwo zwischen dem Rosengarten meiner Mutter und einer Sumpfkuhle zur Mittagszeit lag.
    Außer den Paddeln besaß das schwammige, unzottige Tier zwei riesige grüne Augen, eine dreieckige rosa Nase, ein Paar spitze Ohren, die hoch oben an seinem Kopf/Körper/Sack angebracht waren, sowie einen Mund wie ein umgekehrtes Y, der sich nun öffnete, um »mrow« zu sagen.

    »Still, Puß«, sagte Mutter Krötenhauch freundlich und tätschelte das häßliche Ding zwischen den Ohren. »Mami ist nicht böse auf dich. Ist alles Mamis Schuld, weil sie dich die Seifen allein hat beaufsichtigen lassen. Mami hat versucht, ihre Gäste dazu zu bringen, hereinzukommen, um ein bißchen zu helfen; aber die haben sich benommen wie ein Haufen blöder Kinder, weil sie glaubten, Mami würde sie auffressen. Dabei hat Mami noch nie jemanden in ihrem Leben aufgefressen, jedenfalls so gut wie niemanden, oder, was meinst du dazu, Mamis Schatz?«
    »Purrrr«, erwiderte das Ungeheuer und schloß die Augen.
    »Und du warst ein sehr, sehr, sehr gutes und artiges Oktopussi-Tier, dir so etwas Schlaues auszudenken, sie hier hereinzubekommen. Und jetzt sind sie vielleicht alle so nett und helfen dabei, das Durcheinander wieder in Ordnung zu bringen.« Die Hexe hüpfte von dem zusammengerollten Tentakel ihres angsteinflößenden Haustiers, gewährte uns ein steifes, falsches Lächeln und fügte hinzu: »Oder etwa nicht?«
    Was das Durcheinander anging, hatte sie recht - es war furchtbar.
    Mutter Krötenhauch ließ Grym sein Schwert Grabräuber wieder in die Scheide stecken und reichte ihm einen Mop. Den benutzte er dazu, den Dreck in einer hübschen, glatten Schicht über den ganzen Boden zu verteilen.
    Wahrscheinlich hätte sie sich besser gestanden, ihn mit dem Schwert saubermachen zu lassen. Mysti bekam einen Reservepaddel und den Auftrag, einen der unversorgten Kessel umzurühren. Somit war nur noch ich übrig.
    »Und?« fragte Mutter Krötenhauch und rührte ihren eigenen Kessel gründlich durch.
    Am liebsten hätte ich sofort die Gegenfrage gestellt: Was, und? Aber mir gefiel dieses Paddel nicht. Es war ziemlich offensichtlich, daß die Hexe von mir erwartete, irgend etwas zu tun - nicht umzurühren, weil die Paddel schon alle vergeben waren -; doch falls sie keinen weiteren Mop mehr übrig haben sollte, hatte ich keine Ahnung, was es sonst hätte sein können.
    Ich spürte ein vertrautes Stupsen unmittelbar über meinem Fußknöchel. Scandal war hereingekommen, so lautlos wie ein Schatten. »Seifen«, sagte er. »Sie hat ihre Seifen beobachtet.«

    »Natürlich habe ich das, mein Lieber«, sagte Mutter Krötenhauch freundlich. »Habe ich euch das nicht gesagt? Ihr solltet wirklich ein wenig mehr Vertrauen haben. Andererseits würden Katzen wohl eher neunundneunzig Leben anstatt neun brauchen, wenn sie jedermann ihr Vertrauen schenkten.«
    Scandal legte den Kopf schräg. »Du weißt, daß ich eine Katze bin?«
    »Ich bin doch eine Hexe«, erwiderte Mutter Krötenhauch.
    »Ich habe schon alles über die Mythen- und Fabeltiere gelernt, als ich einem Basilisken nur bis zum Knie reichte.
    Hätte allerdings nie gedacht, daß ich mal eine richtige Katze zu Gesicht bekomme. Für mich ist das ein durchaus historisches Ereignis.
    Ich denke, ich sollte es wohl irgendwie festhalten.«
    Sie legte ihr Paddel beiseite und watschelte zu einem Holzregal, das eine Wand des Raums bedeckte. Dort standen Reihe um Reihe kleine braune Lehmtöpfe, alle deutlich und sorgfältig mit grüner Tinte auf gelben Etiketten beschriftet.
    Sie fand, was sie suchte, öffnete den Korken, nahm sich eine Prise vom Inhalt und kehrte zu ihrem Kessel zurück. Sie warf etwas blauen Staub über den brodelnden Schlamm im Kessel, dann spuckte sie hinein. Sofort bildete sich an der Oberfläche eine riesige Blase aus, löste sich schließlich und waberte durch den Raum.
    Darin schwebte ein vollkommenes Doppel von Scandal.
    »He! Das bin ja ich!« rief der Kater.
    »Nein, das ist nur dein Spuckbild«, berichtigte die Hexe ihn. Dann führte sie die Blase an eine sichere Stelle in der obersten Regalreihe. ‘
    »So! Jetzt habe ich etwas, was mich an dich erinnert«, sagte sie

Weitere Kostenlose Bücher