Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Esther Friesner

Titel: Esther Friesner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Katze läßt das Zaubern nicht
Vom Netzwerk:
Eindruck, als wollte er alles und jeden auf Distanz halten.
    »Kinder, ihr trödelt«, rief die Hexe uns zu.
    »Fürwahr, ‘s ist ebenso, wie Meister Kendar es verfügte«, erwiderte Grym. »Kein Hunger nagt an unserem Gedärm. So würden wir denn lieber jedem Fleisch entsagen.«
    »Seid nicht albern«, sagte sie von der Tür aus. »Das einzige Fleisch, das ich habe, ist die Hüpferterrine, und das reicht wohl kaum für alle.
    Aber dafür jede Menge Honigkuchen!
    Kommt schon, kommt schon, ich kann nicht ewig auf euch warten; ich muß hinein. Ihr könnt ja etwas essen, während ich nach meinen Seifen sehe. Das müßt ihr auch, wißt ihr das denn nicht? Ich werdet alle Kräfte brauchen, wenn ihr vorhabt, mich umzubringen.«
    Sie verschwand in der Hütte, während wir zurückblieben und einander anstarrten wie ein Haufen Dorftrottel.

KAPITEL 17
    Wir saßen alle um den Tisch im Hexenhaus, bis auf Scandal, der sich auf meinem Schoß zusammengekringelt hatte, den Bauch voll Hüpfterrine. »Soviel zum Überraschungsmoment«, sagte ich und schnippte ein paar Honigkuchenreste von meinem Teller. Eine der Hauskröten hopste hoch und hatte sie schon verschlungen, noch bevor sie am Boden ankamen.
    »Mir ist das ganz lieb so«, sagte Mysti, während sie sich heftig kratzte. Ihre Auseinandersetzung mit der von giftigem Efeu überwucherten Wachhecke hatte ihr am ganzen Leib rote Flecken eingetragen.
    »Lieb? Wie kann das sein?« wollte Grym wissen. »Dein Leben ist verwirkt, wenn wir die Hexe nicht erschlagen.«
    »Ach, quatsch.« Mysti hielt kurz mit dem Kratzen inne, um ihre Teetasse zu leeren. »Das wird jetzt nicht mehr passieren.«
    »Moment mal«, warf ich ein. »Nur einen kleinen Augenblick. Falls du dich nicht erinnern solltest, warst du doch diejenige, die uns allen damit zugesetzt hat, daß du, sollten wir den Geschäftsteil dieser welfischen Segnungs-, Bindungs- und Bla-bla-Zeremonie nicht zu Ende führen, auf der Stelle verbluten wirst, wo deine Flügel befestigt waren.«
    »War ich auch.« Mysti griff nach der krötenförmigen Teekanne und goß sich eine frische Tasse ein. Abgesehen davon, daß sie sich ab und zu wie wild kratzen mußte, wirkte sie so kühl und gelassen wie ein Flußkiesel. »Und?
    Was, im Namen eines Buschschweinhinterns, soll denn passiert sein, um das zu ändern?«
    »Nichts hat sich geändert«, erwiderte Mysti. »Wenn du die Hexe nicht umbringst, werde ich wahrscheinlich anfangen zu sterben, und ich bin mir ziemlich sicher, daß es so geschehen wird, wie ich schon sagte: durch Verbluten an den Flügeln, wie du weißt. Noch etwas Tee?«
    Ich kämpfte gegen den Impuls an, eine Kröte zu ergreifen und sie damit zu bewerfen. Es waren mehr als sechzig dieser knubbligen Kreaturen hüpfend und klatschend in der Hütte der Hexe unterwegs.
    Wir waren schon beim Eintreten über sie gestolpert, doch hätte jeder von uns es als unhöflich empfunden, dies zur Sprache zu bringen.
    Tatsächlich waren diese ganzen vielen Kröten hier das erste wirklich Hexenhafte, das ich an unserer Gastgeberin bemerkt hatte. In gewissem Sinne war es tröstlich, sofern eine Kröte auf irgend jemanden außer einer anderen Kröte überhaupt tröstlich wirken kann.
    Bevor ich eins der Biester jedoch durch die Luft beförderte, wollte ich wengistens ein letztes Mal den Versuch unternehmen, Mysti zu einer verständlichen Antwort zu bewegen.
    »Wenn wir die Hexe nicht töten …«
    »… was ich bestimmt nicht möchte«, warf Mysti ungebeten ein. »Sie ist wirklich eine liebe Dame.« Sie vertilgte ein Stück Honigkuchen.
    »Und eine gute Köchin.«
    »… dann vollenden wir damit auch nicht die Welfie-Zeremonie. Und wenn wir die Welfie-Zeremonie nicht vollenden, dann stirbst du …«
    »… was ich ganz bestimmt nicht möchte. Ich meine, jetzt bin ich hier, endlich frei von dieser Meute von sülzenden, hüpfenden Wald-Trallallas, kann endlich irgendwo leben, wo es interessant ist, wo man nicht ständig aus dem warmen Bett gescheucht wird, weil es Zeit ist, bei Mondlicht allerliebst durchs taubenetzte Gras zu tänzeln, tirili und tirila, endlich, endlich in der Lage, die Zähne in ein ordentliches Stück blutiges Beefsteak zu schlagen, statt immer nur diesen verdammten Nektar zu schlürfen. Und jetzt sterben? Nein, danke; nee, kommt gar nicht in die Tüte. Würde ich lieber nicht, sofern du nichts dagegen hast.«
    Ich ließ den Kopf auf den Tisch krachen. Das hätte normalerweise weh getan, aber ich traf nur auf eine Kröte. »Ich bin

Weitere Kostenlose Bücher