Esther Friesner
süüüüßes Gesicht«, stammelte die Hexe. Grym warf ihr einen schmutzigen Blick zu.
»O weh«, machte sie. »Ach, herrje. Ich hätte wirklich nicht geglaubt, daß jemand soviel Magik besitzen kann und trotzdem nicht die leiseste Ahnung hat, wie man sie zum Funktionieren bringt. Wißt ihr, als Hexe benutze ich nämlich überhaupt keine Magik. Meine Zauber bestehen nur aus allerbesten natürlichen Zutaten, rein organisch. Trotzdem möchte ich immer aufgeschlossen bleiben. Deshalb habe ich mir auch hier und dort ein paar gebrauchte Einführungswerke zur Magik besorgt und habe sogar selbst einen kleinen Klecks von dem Zeug als Kuriosität gebunkert. Aber ich hätte nie gedacht … ach, herrje.« Sie musterte Mystis blutloses Gesicht und wiederholte: »Ach herrje.«
Grym verpaßte mir einen Stoß in den Rücken. »Eine Muräne komme über dich und über dein Vieh, sollt’ die Jungfer sterben. Du Trägling, du könntest deiner Magik doch sehr wohl gebieten, würdest mehr dich anstrengen du nur!«
Das hatte ich schon öfter gehört, meistens von Meister Thengor und meinem Vater, und zwar auf allen Gebieten, vom Abwehrzauber bis zum Zuberwischen.
»Du denkst wohl, so einfach wäre das?« schoß ich zurück, an den Barbaren gewandt. »Du denkst, die Antwort auf alles heißt immer nur >einfach mehr anstrengen«
Grym zuckte die Schultern. »Wahrhaftig, viel kannst du vollbringen, gibst nur die rechte Mühe du dir. An der Willenskraft liegt alles.«
»Na klaaaaar«, warf Scandal gedehnt ein. »Du brauchst nur fest genug an etwas zu glauben, dann kannst du es schon, ja? Wenn du also fliegen möchtest, besteigst du einfach nur den höchsten Baum und glaubst. Und dann springst du. Und wenn du dann am Boden aufklatschst, liegt das nicht etwa daran, daß Menschen keine Vögel sind, sondern es ist alles nur deine Schuld, weil du nicht stark genug geglaubt hast.« Er lachte. »Was für ein Käse!«
»Aber das ist doch schrecklich!« rief Mutter Krötenhauch.
»Ich weiß zwar, wie man Magik lenkt, aber um dieser Welfie helfen zu können, brauche ich etwas Magik zum Lenken.«
»Bei meinem Schwert, ‘s wird mehr als nur etwas Magik brauchen, um sie zu heilen, wie ich glaube«, meinte Grym.
»Ja, Lieber, da glaubst du richtig.« Die Hexe tätschelte die Hand des Barbaren. »Immerhin habe ich ja etwas Magik auf die Seite gelegt, wie ich schon sagte - nur ein kleiner Klecks, den ich letzten Sommer im Zuge eines Experiments einfangen konnte. Nach der Blaubeerenernte. Aber noch vor der Einhornwanderschaft. Ich bewahre sie in einer Sauciere zusammen mit den guten Tellern im Geschirrschrank auf, falls sie nicht schon schal geworden sein sollte …
Aber in diesem Fall werden wir mit allergrößter Sicherheit ganze Unmengen von Magik brauchen, um alles wieder zu richten, und außerdem auch ordentlichen Antrieb.« >»Antrieb<, sagst du?« fragte Grym. »Wenn du von Muskeln und von Kraft sprichst, dann bin ich dein Mann!«
»Ooh, das wäre ja vielleicht nett«, meinte Mutter Krötenhauch und ließ den Blick an Gryms beeindruckender Gestalt auf und abwandern.
» Aber ich fürchte, ich meinte eher geistigen Antrieb. Du weißt schon: Wollen, Wünschen, den Willen zum Sieg.«
»Sagt ich nicht bereits, daß solche Willenskraft die meine ist?« brüllte Grym.
»Ist sie das? Na, das ist aber nett. Wenn wir jetzt nur noch diese Unmengen von Magik zur Verfügung hätten, die ich erwähnt habe, denke ich, daß wir Mysti wohl noch rechtzeitig auf die Beine bekommen, um …«
»Ist ein Schwert voll Magik wohl genug?« fragte Grym und hielt Grabräuber hoch, damit Mutter Krötenhauch das Schwert inspizieren konnte.
Die Hexe fischte im Ausschnitt ihres Kleids herum und holte eine Lesebrille mit Drahtgestell an einem Seidenfaden hervor. Sie setzte sie auf die Nase, studierte das Schwert und sagte schließlich: »Ich fürchte, zu einer Unmenge fehlen noch ein paar Fuder, ganz zu schweigen von Unmengen, der Mehrzahl. Das hier ist ja nicht einmal genug für ein halbes Udel.«
Gryms Schultern sackten ab. »Die Pocken drauf!« grollte er. »Du hast den Weg, doch nicht den Willen; ich besitze den Willen, aber nicht den Weg; und beiden gebricht es uns am Mittel, das Kendar wohl besitzt, doch weder Willen noch den Weg dazu!«
»Was wir brauchen, ist eben ein richtiger Zauberer«, sagte ich.
»Was ihr braucht«, bemerkte Scandal, »ist ein richtiges Kamel.«
»Ein was?« fragten wir alle wie aus einem Mund.
»Ein Kamel!« Der Kater schloß
Weitere Kostenlose Bücher