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Esti (German Edition)

Esti (German Edition)

Titel: Esti (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Esterházy
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Platzregen fallenden Tränenflut wie ein kleines Mädchen. Keiner wagte es je, ihn zu verspotten, er hörte kein »Memme« oder »Heulsuse«, eher starrten sie ihn ängstlich an oder wandten sich angewidert ab. Als sagten sie: Das Nest seines Lebens beschmutzt man nicht. Oder: Glaub ja nicht, dass nur dein Leben besonders ist, auch wir hatten Träume, das Leben ist halt so, das Leben ist die Dichtung des Wahrgewordenen, nicht die der Träume. Mit diesen Worten wandten sie sich ab oder blinzelten ängstlich.
    Esti wusste von alldem nichts. Er umarmte seinen Vater, dessen Knie, weil diese auf gleicher Höhe waren. Was ist los, mein Junge?, fragte sein Vater so lieb, wie ein Vater nur kann. Es ist schwer, es ist so schwer, Vater, sagte Esti in das Knie hinein. Was soll ich darauf antworten, dachte sein Vater, aber so leise, dass keiner, nicht einmal er selbst es hörte. Versteh doch, ich möchte nichts weiter, Esti schniefte, ich möchte im Leben nichts weiter als auf einen Baum klettern. Als er dies ausgesprochen hatte, war er auch schon alt.
Fuß
    Mich interessieren nicht die Bücher, sondern die Dinge, bockig stampfte Kindergartenkind Kornél Esti mit dem Fuß auf, als man ihm schon zum dritten Mal das Chamäleon Kunterbunt andrehen wollte.
Knabbern
    Sein Vater schnauzte ihn an, beleidigt rannte er in sein Zimmer. Dort saß Esti im braunen Halbdunkel mit der ganzen – nun, was eigentlich? – seiner elf Jahre. Am ehesten noch Verwirrung, das heißt greise Resignation und Gekränktheit und Lustlosigkeit und … und nichts. Sein Vater trat ins Zimmer, sagte nichts, streichelte dem auf dem Fußboden sitzenden Esti den Kopf, schon gut, murmelte er, du bist ein guter Hund. Er bewegte geringfügig den Zeigefinger. Entsprechend ihrem alten Spiel schnappte Esti sofort nach dem Finger, guter Hund, friss, flüsterte sein Vater, in der Stimme Verzweiflung. Esti biss von der Seite sanft auf den großen, starken väterlichen Finger und begann glücklich, bellend an ihm zu knabbern.
Oh
    Das schlechte Beispiel: Er war soundso alt, ist aber auch egal, jedenfalls gewöhnte er sich an zu trinken. Ich habe es satt, diszipliniert zu sein, seit Jahren reiße ich mich verbissen zusammen. Zwanglosigkeit, ich möchte ein bisschen Zwanglosigkeit. Das sagte er zu seinem besorgten Vater, der besorgt war. Du kennst nicht die Kraft, Wildheit, Heimtücke, Unberechenbarkeit und das Verführungspotential des Alkohols. Bei dem Wort Verführungspotential hätte Esti am liebsten sofort einen hinter die Binde gekippt. Er bedauerte seinen Vater, ein wenig. Oh, mein Vater, sei nicht besorgt. Ich bin Herr der Lage. Ich kotze auch nur selten, höchstens einmal die Woche. Und vergessen wir nicht (oh, mein Vater), dass es mein Leben ist. Das ist jetzt mein Leben.
    Dennoch, wenn er spät in der Nacht nach Hause kam, schlich er wie in den Filmen auf Zehenspitzen in sein Zimmer, um seinen Vater nicht zu wecken (und natürlich auch nicht seine Mutter, nur kommt die jetzt in dem Film nicht vor). Sein Vater schlief friedlich wie ein Kind. Sein Schnaufen umfing Esti. Was kann man mit einem Vater anfangen, der immer – fast immer – glücklich ist?, murmelte Esti missmutig. In der Woche hatte er noch nicht gekotzt.
Positiver KISZ-Bericht
    Alle deine Tanten haben schon um 1900 geraucht. Dein Onkel hat in Maßen, aber ausdauernd getrunken, nulla dies sine Gläschen, und maßlos gelesen. Kornél Esti zündet sich eine Zigarette an, gießt sich einen ein, blättert, seine gemeinnützige Arbeit ist befriedigend.
Tausch
    Romanplan. Harmonia-Variante. – Ich sage die Wahrheit. Die Wahrheit ist, dass Kornél Esti im Krankenhaus vertauscht wurde. Die Aufmerksamkeit der Schwestern war von Extraarbeit, wurzelnd in der akuten Unberechenbarkeit der Räterepublik, in Beschlag genommen, und neben dieser unverzeihlichen beruflichen Nachlässigkeit (Lebensschludrigkeit) kam auch die Heimtücke eines unglücklichen sprachlichen Zufalls ins Spiel: Estis Name, Esti, ähnelte dem Namen einer großen ungarischen Aristokratenfamilie. Um zu beweisen, dass dies prinzipiell nicht unmöglich ist, reicht es, auf die italienischen Herzöge d’Este zu verweisen.
    So geschah es, dass der aus voller Kehle brüllende Esti sich nach kurzer Zeit inmitten einer gräflichen (oder fürstlichen, keine Ahnung, ist aber auch nicht von Interesse) Familie wiederfand. Der kleine Fürst (dann also Fürst) kam nach Szabadka oder schon Subotica?, auch das muss alles ordentlich ausgearbeitet werden, Arbeit

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