Esti (German Edition)
Garten, seine Einsamkeit, an der er so lange sentimental festgehalten hatte, liquidierten vier prächtige Kinder und eine in jeder Beziehung, sowohl hinsichtlich ihres Inneren als auch ihres Äußeren, erstklassige Frau.
Er mochte auch seine neuen Attribute. So ist das Leben, dachte er sich, beziehungsweise dachte er nichts, so ist das Leben.
Es ging wieder auf Weihnachten zu, der einzige Tag des Jahres, an dem Esti seine einstigen, vergessenen Attribute in den Sinn kamen. Früher hatte Esti an diesem Tag fortwährend irgendwelche Skandale angezettelt.
Zum Beispiel riss er beim Spazieren unvermittelt ein Küchenmesser aus der Innentasche seines Jacketts und begann es zur Verblüffung der Passanten am Randstein zu wetzen. Oder er wandte sich sehr höflich an einen armen Blinden, er möge ihm doch das Staubkorn entfernen, das ihm eben ins Auge geflogen sei. Dem halbseitig gelähmten Sohn der Nachbarn schenkte er regelmäßig einen Ball, Turnschuhe, Schlittschuhe. Studentenstreiche, die allmählich seltener geworden waren.
Seine Kinder lagen ihm schon seit unvordenklichen Zeiten in den Ohren, die Familie solle doch einen Hund kaufen. Denn der Hund ist der treueste Freund des Menschen. Und so weiter. Er wollte nicht. Er wollte weder einen treuen Freund noch »und so weiter«, er hatte beides. Er hatte schon einmal den Fehler begangen, die Bande vor die Wahl zu stellen, er oder der Hund. Die Entscheidung war ihnen sichtlich schwergefallen, die umflorten Blicke zeigten, dass sie sich über das Ausmaß des Verlusts im Klaren waren, während sie, ohne nachzudenken und zu zögern, ihr dramatisches Votum für den Hund abgaben.
Für einen kleinen schwarzen Puli. Der sich tatsächlich wie ein wahrer, treuer Freund verhalten hatte, bis er gestohlen wurde. (In Wahrheit wurde er erschlagen, aber das wäre für Weihnachten zu viel an Schrecken. Ich scheine absichtlich das Unglück zu suchen. Doch er wurde tatsächlich erschlagen, wir fanden ihn auf dem damals noch leeren Nachbargrundstück, er lag in dem dunstigen kalten Morgen, als ruhte er sich nur aus, Blut sickerte ihm aus den Ohren. Wir wissen bis heute nicht, wer ihn erschlagen hat, hoffentlich ein Fremder.) Seitdem war die Hundefrage an der Tagesordnung. Obwohl Esti sich nicht erweichen ließ, nicht in Versuchung kam, während es ihm nicht schwerfiel anzuerkennen, dass der Puli in zwei Wochen mehr Glück ins Haus gebracht hatte als er je davor oder danach. Nun, das ist natürlich schwer zu messen.
Ich habe vier oder fünf Kinder, ich brauche keinen Hund, sagte er und blickte die vier oder fünf der Reihe nach kalt an. Eines, die jüngere Tochter, blickte ebenso kalt zurück.
Wir haben aber keine Kinder. Esti zuckte die Schultern. Wenn du keine Kinder hättest, würdest du dann einen Hund kaufen?, fragte seine Tochter noch immer streng. Esti lachte auf, als hörte er in Gesellschaft einen mittelmäßigen Witz.
Sei nicht klüger, als du bist … Mag sein, ich würde einen kaufen, bloß für wen … – Das Mädchen dachte nach, dann nickte es.
Du hast recht, das ist keine Lösung.
Was ist keine Lösung? Dass du deine Geschwister abschlachtest? Und natürlich auch dich selbst?
Ja, das.
In der Tat, das ist keine Lösung. Und es steht auch nicht ganz im Einklang mit dem ursprünglichen Gedanken der Weihnacht.
Das Mädchen zuckte mit einer von seinem Vater erlernten Geste die Schultern und kam ein paar Tage später an, sie hätte die Lösung, sie kaufe der Familie einen Hund. Esti nickte abwesend, ja, er verstehe, was sein Kind sage, sein eigen Blut, sein eigen Dingsbums, doch, um es erwachsen auszudrücken, das Fräulein habe offensichtlich nicht genug Geld dafür.
Auf Raten wird es gehen, das Mädchen errötete und, wie die Schriftsteller zu schreiben pflegen, seine Augen hatten einen besonderen Glanz.
Der Glanz der Weihnacht ist immer weniger besonders, eine gut eingespielte Geschenkefabrik, die von Kerzen-, Tannen- und Fischduft umweht wird. Kornél Esti spielte seine Weihnachtsrolle gut, er freute sich und schenkte Freude und dachte nicht mehr an die alten Streiche, die auserkoren gewesen wären, das wahre Gesicht der Liebe zu verschleiern. Schwamm drüber. Ein wenig schneller atmete er vielleicht auch jetzt noch, wenn er in der Zeitung las, der politische Feind verkünde die »Botschaft des Satans«, dem jedoch dürfe man nicht mit Hass, sondern müsse ihm womit?, ja, ganz richtig, mit der »Kraft der Liebe« begegnen und oder denn nur »die Vergebung
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