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Esti (German Edition)

Esti (German Edition)

Titel: Esti (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Esterházy
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voraus. – Zur besagten Zeit hat er mich angewiesen, ein neues Hotel zu suchen, ihm auf der Stelle ein Berg hotel zu suchen, wo es nicht diesen niederträchtigen, pseudomediterranen, heißen Wahnsinn gibt, wo die Luft entsprechend dem europäischen Standard in der Nacht abkühlt oder, wenn sie nicht abkühlt, man die Fenster anständig öffnen kann oder, wenn man sie nicht öffnen kann, es eine Klimaanlage gibt. So viel könne man vielleicht von einem ungarischen Hotel erwarten. Mit diesen Worten hat er sich in das von mir gerufene Taxi geworfen und ist davongebraust. Der Mann an der Rezeption sprach mit eingeschüchterter Gekränktheit. Letztlich, dachte Esti scheinheilig, hat ja nicht er die Hitze gemacht. Und auch nicht das Hotel.
    Als ihn beim Frühstück der Chefredakteur anrief, er komme gleich, sagte Esti, statt zu grüßen: Ich bitte Sie nur um eins, lügen Sie, seien Sie so gut, Sie hätten nachts um vier bei mir angeklopft, doch hätte ich in süßen Träumen nicht einmal gezuckt, weshalb Sie gezwungen waren, allein zu gehen. So ist es gewesen, oder nicht? Denn sonst hätten wir es mit dem schnödesten Verrat zu tun, nicht wahr?! Der Chefredakteur erklärte mit unerwarteter Entschiedenheit, mit einer Entschiedenheit an der Grenze zur Schlagfertigkeit, ein Gentleman klopfe früh um vier nicht an der Tür eines anderen Gentleman, außer dieser wäre eine Frau, aber dann wäre ihr Name Dame.
    Selten war ihm ein Frühstück so gut bekommen, er bestellte Rühreier mit Speck (der große Vorteil von Provinzhotels, da gibt es so etwas noch), das Lieblingsessen seiner Kindheit. Er hatte es immer mit seinem Vater gegessen. Nur bei seinem Vater ringelte sich der Speck so schön zu einer Krone. Jetzt genoss er, das Brot ins Fett zu tunken. Auch das Tunken wird aussterben. Angeblich gibt es sogar schon eine Fettdiät. Obst, Milchprodukte sind verboten, auf geht’s, Wollschwein.
    Als er beim letzten Bissen (Eiweiß mit glänzenden Fettpfützen, Brot, Speck) erneut schweißgebadet war – er griff sich in den Nacken und sein Haar war wie bei kleinen Kindern klitschnass –, flüchtete er hysterisch aus dem, lassen wir das Attribut, Gebäude. Er setzte sich etwas entfernt vom Eingang auf den Bordstein, in den Schatten, und kramte etwas zu lesen hervor. Er wartete auf den Chefredakteur. Er beruhigte sich, atmete langsamer, er hatte nicht mehr das Gefühl, um sein Leben zu kämpfen. Kam das vom Schatten oder vom Manuskript? Eher von diesem seltsamen, unerwarteten, freien Sitzen. Als würde er arbeiten und dadurch langsam wieder zur Besinnung kommen. Und die Stadt schien sich zeigen zu wollen, aufzustehen (quasi), um an Kornél Esti vorüberzuziehen. Zuweilen grüßten ihn die Menschen, er zurück. Oder sie lächelten ihn schweigend an. Die Menschen sind zumeist Frauen, stellte er fest.
    Irreal langsam zog eine riesige Frau vorbei, sie trug einen Hut und einen weißen, langen Leinenrock mit einem Schlitz bis zur Schenkelmitte – als wären sie in einem Fellini-Film. Er sah sich auch, wie er aufsprang (sein Körper verdoppelte sich, das geht im Film leicht, und Seelen, wie viele »e«, hatte er eh zehntausend), seine Schritte denen der Frau anpasste und mit ihr verschwand. Ein neues Leben begann. Doch nicht das »neu« ist wichtig, nur das »Leben«. Er hätte ein Pécser Leben. Eines hatte er schon. Als er zusammen mit seinen Sätzen rausgeworfen worden war. Wo nochmal? Palatinstadt oder wo. Fick deine Sätze, nicht schlecht. Da ist sogar etwas dran. Ich würde sie gar nicht mehr erkennen. Dabei, murmelte Esti, ist es angebracht, jeden, Frau, Satz, Mann, Ziege, was gibt es noch?, womit man gefickt hat, unabhängig von der Beleuchtung, sofort zu erkennen. Denn es steht geschrieben: Er erkannte sein Weib.
    Diese große, die mit dem Hut, ist bestimmt Illyrerin. Hier zu Pécs gibt es noch Illyrerinnen. Natürlich gibt es auch Illyrer. Sie sind vielleicht sogar noch älter als die Kelten. Auch der Chefredakteur könnte ein Illyrer sein. Und was für einer. Ich denke, die Illyrer, vor allem die Männer, trugen Bart. Sicher, was heißt das, Mann?
    Was heißt das, Kornél Esti, fragte Kornél Esti, dann verwarf er die Frage.
    Eine ältere Dame skizzierte zuvorkommend, in vorgekauten Sätzen, die Geschichte Pécs’. Das interessiert Sie sicher. Esti nickte. Und dann gründet Bischof György Klimó eine Druckerei, flötete die Frau sanft, als wäre dies, die Gründung, auf rätselhafte Weise Estis Verdienst. Esti senkte bescheiden

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