Eternal - Die Geliebte des Vampirs
gesehen, wie Elena gegangen ist, oder?«
»Nein, ich habe sie hier nicht mehr gesehen. Aber ich habe sie vor ein paar Stunden gesehen, ziemlich früh. Wir saßen auf Pats Veranda, als sie vorbeiging. Es schien so, als hätte sie uns nicht bemerkt.« Regan legte die Pizzaschachtel in die Spüle und stellte die gläserne Auflaufform auf die winzige, ramponierte Arbeitsplatte. »Also keine Übernachtungen, hm?«
»Nö.« Fin nahm zwei Gläser aus dem Schrank. »Familienangelegenheiten.«
»Aha. Du brauchst gar nicht weiterzureden.« Er zog die Folie von der Auflaufform, fuhr mit dem Löffel hinein und stopfte sich einen riesigen Bissen in den Mund. »Auch welchen?« Eiernudeln und eine nicht näher identifizierbare Soße verstümmelten seine Worte.
»Nicht wenn –« Fin brach mitten im Satz ab. Sein Handy klingelte im Schlafzimmer.
Regan hörte auf zu kauen.
Eine Sekunde lang konnte Fin sich nicht bewegen. Ein Anruf zu dieser Nachtzeit konnte eigentlich nur eines bedeuten.
Segeln vor Capri. Wandern in den peruanischen Anden. Paragliding in Brasilien. Fin führte in Gedanken die Liste der Orte fort, an denen er jetzt gern gewesen wäre. Tauchen in Baja, Schafehüten in den Alpen. Zum Henker, selbst das Graben eines Kanals für das neue Abwassersystem seiner Eltern erschien ihm in diesem Moment verlockender. Alles war besser als das. Überall war es besser als hier.
Fin ging neben der Leiche in die Hocke und starrte auf das wächserne Gesicht. Die Augen dieses Opfers waren noch offen. Blassblau. Mehr als eine Verhaltensmaßregel für die Vorgehensweise am Tatort missachtend, streckte er seine behandschuhte Hand aus und schloss dem Jungen die Augen. »Geh hin in Frieden«, flüsterte Fin und bekreuzigte sich.
Er wusste schon den Namen des Jungen. Trey Cline, achtzehn Jahre alt. Er war ein gutaussehender junger Mann. Groß, vielleicht eins neunzig oder größer. Seine Eltern hatten um halb vier auf der Wache angerufen, um ihn als vermisst zu melden. Nachdem sie die üblichen Partyadressen an der First Street kontrolliert hatten – dort, wo die meisten Teenager und jungen Erwachsenen hingingen, wenn sie dummes Zeug im Sinn hatten –, hatten sich die beiden diensthabenden Streifenpolizisten systematisch auf die Suche gemacht. Ein Irischer Wolfshund, Sugar, hatte ihn gefunden, bevor es die Cops taten. Sugars Besitzer, Jim, hatte ausgesagt, dass der Hund am südlichen Ende der Strandpromenade wie ein geölter Blitz davongestürmt sei. Jim hatte ihn nicht wiedergesehen, bis er ihn hier zwischen dem Strand und Ginas Griechischem Gyrosstand neben dem toten Jungen unter der Dusche gefunden hatte.
Treys Eltern und seine Schwester waren im Fond eines Streifenwagens auf dem Weg zur Wache. Sugar hatte endlich von dem Toten weggelockt werden können. Jim hatte mit ihr den Hundespaziergang fortgesetzt und versprochen, sich den ganzen Tag für etwaige Fragen zur Verfügung zu halten. Polizisten und Rettungssanitäter kamen und gingen. Fotos wurden geschossen, Plastiktüten mit möglichen Beweisstücken gefüllt, und man lud eine Krankentrage aus einer Ambulanz. Es sah so aus, als wüssten alle, wohin sie gehen und was sie tun sollten – bis auf Fin und Trey.
Fin starrte den toten Jungen lange an, so lange, bis er Krämpfe in den Beinen bekam und aufstehen musste. Aber wie lange er ihn auch studierte, die Fakten änderten sich nicht. Trey saß unter der Dusche oben auf der Treppe, die hinunter zum Strand führte. An der Strandpromenade waren an strategischen Punkten identische Duschen installiert; sie waren gut fürs Geschäft. Die Duschen sorgten dafür, dass keine sandigen Füße die Läden und Restaurants betraten und dass die Touristen glücklich waren, was sie wiederum in Laune brachte, die Shops und Restaurants aufzusuchen. Obwohl er absolut entsandet war, hatte Trey heute Morgen nicht zum Shoppen gehen können. Und auch nicht zum Frühstücken. Das würde er nie wieder tun können.
Nicht mit dieser aufgeschlitzten Kehle.
Fin machte es nichts aus, den Schnitt näher zu begutachten. Die Bissmarken waren da. Die Vorgehensweise glich der in den beiden letzten Fällen so sehr, dass es fast schon komisch war. Wer auch immer der Killer war, er oder sie war alles andere als kreativ. Wie Colin Meding war auch Trey in sitzende Positur gebracht worden. Er trug kein Hemd, aber Schwimmshorts. Seine Füße waren nackt. Kein Blut um ihn herum und verdammt wenig in ihm, der Farbe und Beschaffenheit seiner Haut nach zu
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