Eternal - Die Vampire von Clare Point
verwandelte und die Stufen hinunterglitt. »Gute Nacht, Arlan.«
Oben im zweiten Stock legte Fia sich hin, konnte aber nicht schlafen. Lange lauschte sie dem Gemurmel von Glens Stimme am Telefon. Stacys Name fiel nicht, aber sie wusste, dass er mit seiner Verlobten sprach. Endlich legte er auf.
Sie stellte ihn sich vor, wie er sich auf der anderen Seite der Wand auf dem Bett ausstreckte und noch eine Weile las. Und sie sah ihn vor sich, nachdem er das Licht gelöscht hatte, nackt in einem Meer aus blauen Rüschen. Sie malte sich aus, wie sie neben ihm lag. Sie erinnerte sich an Ian, an den Geschmack seiner Haut, das Gefühl seines Körpers an ihrem. Sie fragte sich, ob es mit Glen anders wäre.
Okay, offenbar fühlte sie sich doch zu ihm hingezogen. Es hatte keinen Sinn, es noch länger zu leugnen.
Fia dachte über das nach, was Arlan gesagt hatte. Anscheinend hatte die anfängliche Anziehungskraft, die Glen auf sie ausgeübt hatte, unbewusst oder nicht, mit Ian zu tun – aber ging es dabei wirklich nur um ihren einstigen Lover? Wollte sie nur Sex mit Glen haben, um sein Blut zu trinken, so dass sie ihren Ian wieder in sich spürte? So dass sie für kurze Zeit so tun konnte, als hätte der einzige Mann, den sie je geliebt hatte, sie nicht betrogen und als hätte er sie nicht dazu gebracht, ihre Familie zu betrügen? Oder war da vielleicht noch etwas anderes im Spiel?
Fia war es gleichgültig, was Dr. Kettleman sagte. Der Sex mit Fremden erschien ihr mit einem Mal wieder unglaublich verlockend …
Sie hatten sich für zwei Uhr morgens verabredet. Fia hatte bis drei warten wollen, aber Little Johnny, ihr siebenundsiebzigjähriger Großonkel, hatte nachdrücklich betont, dass einige Leute zu alt waren, um sich die halbe Nacht um die Ohren zu schlagen. Einige Leute brauchten ihren Schlaf.
Auf dem Weg zum Museum nahm sie Abkürzungen durch Gärten und Seitenstraßen. Es war tagsüber noch immer heiß, aber in den Nächten begann es abzukühlen, und es lag schon ein schwacher Hauch des nahenden Herbstes in der Luft. Die schmale Mondsichel vergoss gedämpftes weißes Licht. Während Fia durch die Stadt ging, wurde sie von den Katzen und Hunden, die in den gepflegten Gärten umherstreiften, ignoriert. Zu dieser Nachtstunde hätten sie sich lediglich von Menschen gestört gefühlt; sie waren daran gewöhnt, dass Clanmitglieder nach Mitternacht unterwegs waren, vor allem im Sommer, wenn sie gezwungen waren, noch vorsichtiger zu sein. Jeder von ihnen hatte seinen Blutvorrat in der Gefriertruhe, aber gelegentlich regte sich selbst bei den Diszipliniertesten der Jagdtrieb.
Während sie allein durch die Dunkelheit schritt, überlegte sie, ob sie sich fürchten sollte. Was, wenn jemand auf sie Jagd machte? Konnte sie eine Zielperson sein? Waren sie alle Zielpersonen?
Auf der Tastatur der rückwärtigen Eingangstür des Museums gab Fia einen Nummerncode ein und trat in den Flur dahinter. Als Teenager hatte sie immer davon geträumt, Mitglied des Hohen Rates zu sein, was sie zugleich zu einem Mitglied des größeren Generalrates machte, der sich heute Nacht versammelte. Als einzige Aufgabe oblag es dem Hohen Rat, Entscheidungen betreffs der Menschen zu fällen, die er beobachtete, jagte und manchmal exekutierte. Der Generalrat war verantwortlich für die weltlicheren, aber nicht minder wichtigen alltäglichen Geschäfte von Stadt und Clan.
Fia betrat den Hauptraum des Museums. Die Rollläden waren, anders als bei der letzten Zusammenkunft des Hohen Rates, zur Verdunkelung heruntergelassen, und der Raum erglühte in fluoreszierendem Licht.
Jemand hatte Kaffee gekocht. Donuts und andere Snacks lagen auf einem Tablett bereit, und die Clanmitglieder waren nicht in Kapuzenmäntel gewandet, sondern trugen Shorts, T-Shirts und Flip-Flops. Der Clanführer hatte eine gewürfelte Pyjamahose an und ein Shirt, auf dem die Aufschrift »Captain Morgan Rum« sowie ein Bikinimädchen und ein Pirat prangten.
»Gair.« Fia begrüßte ihren Großvater, das Oberhaupt des Clans, als Ersten, so wie es sich gehörte.
Er nickte und schlurfte zum Tisch mit den Snacks. »Es gibt Bananen-Nuss-Brötchen. Die solltest du probieren.«
In einem seltenen Anflug von Zuneigung küsste sie ihn auf die wettergegerbte Wange.
»War ein harter Tag«, bestätigte er und stapelte mehrere Gebäckstücke auf einer Serviette.
Sie wusste, dass er sich über den Kuss freute, auch wenn er es nicht zeigte.
»Siehst du hier irgendwo Sahne für den Kaffee?
Weitere Kostenlose Bücher