Eternal - In den Armen des Vampirs
aber ein Hauch von Verlangen war noch immer tief drunten in ihm.
Er sah auf sie hinab.
Es wäre so einfach, ihr Blut zu trinken.
Es war schon lange her, dass er einen Menschen geschmeckt hatte – wirklich
geschmeckt
. Wie die meisten Kahills stillte er seinen Blutdurst an den Hirschen aus dem Naturschutzgebiet in der Nähe ihrer Stadt. Sie wurden gehegt und gepflegt und lieferten genug Blut für alle, ohne ihr Leben lassen zu müssen. Wenn er länger auf Reisen war, wurde der Aderlass schon schwieriger, aber da er nur ein- oder zweimal im Monat Blut benötigte, war diese Unannehmlichkeit vernachlässigbar.
Das Trinken von Menschenblut, wie es in alten Zeiten gang und gäbe war, hatte der Clan nunmehr verboten. Sie waren über derlei primitive Verhaltensweisen hinweg. Oder gefielen sich zumindest darin, es zu glauben.
In den frühen Tagen, am Anfang von allem, war die Familie mit einem Fluch belegt worden, weil sie gegen den heiligen Patrick kämpfte und sich weigerte, ihrem heidnischen Glauben abzuschwören. Gott hatte sie alle zu Vampiren gemacht. Danach waren sie in ihrem Blutrausch über die Hügel und Täler ihrer Heimat hergefallen, ohne Rücksicht auf Verluste. Sie hatten sich vorgemacht, es tun zu müssen, um zu überleben. Einige töteten, andere machten Menschen zu Vampiren. Und sie begannen, sich selbst für das zu hassen, was aus ihnen geworden war. »Animalisch« war ein zu milder Ausdruck dafür.
Aber all das lag nun hinter den Kahills. Im 17 . Jahrhundert waren sie vor den erbarmungslosen Vampirjägern aus Irland geflohen, um in der Neuen Welt Zuflucht zu suchen. Sie erlitten Schiffbruch in einem Sturm, und die überlebenden Clanmitglieder wurden an die Gestade der Delaware Bay gespült. Da sie verschont worden waren, glaubten sie, dies sei nun ihre zweite Chance. Um sich selbst von ihrem Fluch zu erlösen, weihten sie ihr Leben dem einen wahren Gott und gelobten, die menschliche Rasse von ihren übelsten Vertretern zu befreien. Sie wollten Serienmörder und Kinderschänder jagen, die die Menschen nicht fassen und überführen konnten, und sie liquidieren. Mit jedem eliminierten Verbrecher, so beteten sie, kamen sie Gottes Gnade wieder einen Schritt näher. Mit der Auslöschung jedes Schwerverbrechers wurden sie ein kleines bisschen menschlicher. Jeder Mann und jede Frau im Clan hoffte, dass er oder sie so der Sterblichkeit ein wenig näher kam und mit ihr dem Ende des ewigen Lebens in Verdammnis, das sie wieder und wieder erdulden mussten.
Arlan blickte wieder auf die Frau, die in seinen Armen schlief. Obwohl er aufrichtig daran glaubte, dass er durch sein Lebenswerk Erlösung erlangen würde, lechzte ein Teil von ihm noch immer nach Menschenblut. Dieser archaische Teil seiner selbst schien sich im Laufe der Zeit nicht zu verändern. Er träumte noch immer von Menschenblut. Während er sie im bleichen Morgenlicht betrachtete, konnte er es wieder schmecken.
Man konnte das Blut eines Menschen trinken und davon satt werden – und zwar ohne den Menschen zu einem Vampir zu machen. Sie sagte, dass sie keine Familie, keinen Mann hatte. Er bezweifelte, dass jemand sie vermissen würde, dass überhaupt jemand von ihrem Tod erfahren würde. Wenn sie tatsächlich mit dem Totengräber-Killer zu tun hatte, wäre es so einfach, es hier und jetzt zu beenden. Und es würde den Steuerzahlern eine Menge Geld sparen.
Arlan senkte seinen Mund auf ihren Hals und drückte seine Lippen an ihre warme Haut. Er leckte sie mit der langsamen, bedachten Zärtlichkeit eines Liebhabers. Dabei fiel das Kruzifix, das er stets um den Hals trug, auf ihre nackte Schulter. Sie seufzte im Schlaf.
Ein Teil von ihr wollte es auch …
Nein.
Er zog sich von ihr zurück, vorsichtig, damit er sie nicht weckte.
Angewidert von sich selbst und seinen kranken, finsteren, bösen Gedanken griff Arlan nach Jeans und T-Shirt und zog sich rasch an. Während er auf dem Stuhl saß und seine Schuhe zuband, beobachtete er sie. Sie schlief noch immer, auf der Seite zusammengerollt, und hatte nicht die leiseste Ahnung, wen sie da letzte Nacht am Strand aufgerissen hatte.
Mit der Lederjacke über der Schulter warf Arlan, schon in der Tür, einen letzten Blick auf sie. Er hatte ein schlechtes Gewissen, weil er ging, ohne sich von ihr zu verabschieden, aber im Augenblick traute er sich selbst nicht. Er wollte nach Hause. Nach Hause, wo er von seinesgleichen umgeben war. Von Leuten, die seine schlimmen Wünsche verstehen konnten. Dort war er in
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