Eternal Riders: Ares (German Edition)
meckerte und sprang davon, und Ares lächelte, bis er sich wieder zu ihr umdrehte. »Vulgrims Enkelsohn. Er ist erst ein paar Monate alt und verflucht neugierig. Die Mutter ist tot.«
Sie hatte so viele Fragen an ihn, aber keine Ahnung, wo sie beginnen sollte. Vielleicht war der Grund, wieso sie hier war, ein guter Anfang. Sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück, und als Ares’ Blick sie frech musterte, nahm sie die Knie an die Brust und zog das zerrissene Schlafanzugoberteil zurecht, um nicht völlig entblößt vor ihm dazusitzen. Aber das machte wohl auch schon keinen Unterschied mehr. Er hatte ja sowieso schon alles gesehen.
»Höfliche Männer glotzen nicht so«, fuhr sie ihn an. Er mochte ja alles gesehen haben, verdammte Scheiße, aber er musste ja nicht gleich sabbern.
»Oh, und ob die glotzen«, erwiderte er gedehnt. »Sie stellen es bloß geschickter an.«
Egal. »Warum hast du mich hergebracht?«
Er begann im Zimmer auf und ab zu gehen; seine ausgedehnten Schritte durchquerten den Raum im Nu; seine ernste Miene war hochkonzentriert und starr. »Um dich vor meinem Bruder zu beschützen.«
»Dein Bruder? Er ist derjenige, der mich töten will?«
»Er war der Mann auf dem weißen Pferd, und er ist nicht der Einzige, der dich tot sehen möchte. Die halbe Unterwelt wird hinter dir her sein. Darum musst du unbedingt hierbleiben. Mein Bruder kann diese Insel finden, aber sonst nur sehr wenige. Er wird natürlich vermuten, dass ich dich hergebracht habe, aber er kennt keine Einzelheiten. Ich habe Ungeziefer und Fledermäuse von der Insel entfernen lassen, und meine Widderköpfe halten Falken, die alle Vögel aus diesem Luftraum vertreiben.« Als sie ihn fragend ansah, fügte er hinzu: »Mein Bruder kann mit Krankheitsüberträgern kommunizieren und sie als Spione benutzen.«
Iih. Das war also der Grund, wieso Ares sie gefragt hatte, ob sie Ratten gesehen hätte. »Dein Bruder klingt wirklich charmant.«
Es folgte eine lange Pause. Eine Stille, dir nur von dem Geräusch seiner Stiefel auf dem Fußboden erfüllt war. »Das war er einmal.«
Irgendwie konnte sie sich den Psychopath auf dem Pferd einfach nicht als Charmebolzen vorstellen. »Vielleicht ist das jetzt ein guter Zeitpunkt, um mal genau zu erklären, wer ihr seid, du und dein Bruder, denn offen gesagt, fällt es mir schon schwer, das alles zu verdauen.«
Er schüttelte den Kopf. »Das zu wissen, würde es nicht einfacher machen.«
»Würde es dadurch wirklich noch schwieriger?«
»Es wird jedenfalls nicht leicht sein, das zu glauben.«
»Äh … hallo.« Sie machte eine vage Geste in die Richtung, in der der gehörnte Dämon verschwunden war. »Nach allem, was ich gesehen habe, könntest du mir auch erzählen, du wärst Darth Vader, und es würde mich kein Stück überraschen.«
Ein Winkel seines Munds hob sich zu einem Lächeln, ehe er wieder in die Form einer strengen, unnachgiebigen Linie zurückfand. Aber für diese eine Sekunde fühlte sie sich wieder genauso zu ihm hingezogen wie an dem Tag, an dem sie ihn zum ersten Mal auf der Veranda ihres Hauses gesehen hatte.
»Der Name meines Bruders ist Reseph«, sagte er kurz angebunden. » War Reseph. Jetzt ist er das Wesen, das du unter dem Namen Pestilence kennen dürftest, der erste Reiter der Apokalypse.«
Okay, sie hatte sich wohl geirrt – von wegen, sie könnte nichts mehr überraschen. Also tat sie ihr Bestes, um nicht zu hyperventilieren, und saß einen Moment lang einfach nur in erschüttertem Schweigen da. Bruder. Ares’ Bruder war Pestilence. Endlich gelang es ihr zu sprechen, aber was da aus ihrem Munde kam, glich eher einem Krächzen. »Und du bist dann … ?«
»War. Der zweite Reiter der Apokalypse.« Der Dämon, Vulgrim, kam mit einer Flasche Wasser ins Zimmer, die Ares ihr gleich brachte. »Trink.«
Benommen folgte sie seiner Aufforderung. Das kalte Wasser tat ihrer ausgedorrten Zunge gut, und sie leerte gleich die halbe Flasche, ehe sich seine Hand sanft auf ihre senkte und die Flasche von ihrem Mund wegzog. Das Wort »sanft« erschien im Zusammenhang mit ihm seltsam, aber in diesem Moment war all seine erschreckende Kraft gezügelt, und selbst die scharfen Kanten in seinem Gesicht, der abweisende Zug um den Mund, erschienen weniger ausgeprägt.
»Nur die Ruhe, Frau«, murmelte er. »Sonst erleidet dein Körper noch einen Schock.«
Zu spät. Einen größeren Schock, als sie jetzt schon hatte, konnte sie gar nicht bekommen. »Es schmeckt gar nicht nach Blumen.« Also
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