Eternal Riders: Limos (German Edition)
gibt eine ganze Reihe von Kammern, von deren Existenz wir wissen, die wir aber nicht finden können, und dazu noch Verstecke, über die wir zufällig stolpern. Und gerade jetzt, so kurz vor der Apokalypse, erreicht die Zahl der Entdeckungen geradezu rekordverdächtige Höhen.«
»Denn Dinge, die einst verborgen wurden, wollen gefunden werden, wenn der Jüngste Tag naht«, murmelte sie – ein Zitat eines alten Propheten der Aegis, dem sie in den Tagen vor dem Christentum begegnet war.
»Genau.« Kynans Finger strich über eine der Halsketten, die sich auf dem Grund der Truhe befanden. »Wenn sich das Ende aller Tage nähert, werden Geheimnisse offenbar.«
Geheimnisse werden offenbar. So etwas hörte Limos gar nicht gern. Sie schloss die Augen und bemühte sich, ihre Vergangenheit, ihre Schuld zu verdrängen, was ihr allerdings nicht allzu gut gelang. Sie hatte so viele hintergangen, von dem Tag an, an dem sie Sheoul verlassen hatte, bis jetzt. Und so gern sie Kynan auch vor den Gegenständen gewarnt hätte, zu denen sie ihn geführt hatte, konnte sie es nicht. Es stand zu viel auf dem Spiel. Die Artefakte befanden sich also jetzt in den Händen der Aegis, und was die damit anstellte, ging sie nichts mehr an.
Als sie ein Scharren vernahm, öffnete sie die Augen und erblickte Kynan, der Sand vom Sockel der Steintruhe wischte.
»Was machst du denn da?«
Er leckte sich die Lippen, sein Blick verriet höchste Konzentration. »Manchmal enthalten solche Behältnisse ein Geheimfach.«
Sie hockte sich neben ihn. »Kann ich dir helfen?«
»Das würde ich an deiner Stelle lieber lassen. Für gewöhnlich sind solche Fächer mit einem Zauber belegt, sodass entweder der Inhalt zerstört wird, wenn jemand, der kein Wächter ist, versucht, sie zu öffnen. Oder diese Person erlebt eine böse Überraschung.«
Er drückte mit dem Zeigefinger auf ein eingraviertes Symbol. Gleich darauf war ein Knirschen zu hören, gefolgt von einer Sandwolke, die beide zum Husten brachte. Kynan wedelte mit der Hand, um die braune Wolke zu vertreiben, und als die Sandkörner endlich zu Boden sanken, wurde eine Art Schubfach sichtbar. Darin lagen drei zerbrechlich aussehende Schriftrollen.
»Cool«, hauchte sie.
Sie fragte sich, ob Pestilence wohl von der Existenz dieses Geheimfachs gewusst hatte. Vielleicht würde dies ja das Böse ausgleichen, das Pestilence mithilfe der Artefakte auszurichten versuchte.
Kynan hob eine Rolle auf. »Die Siegel sind intakt.« Als er aufsah, geschah das mit einem Lächeln, das eine Frau vor Verlangen an den Rand des Wahnsinns treiben könnte. »Danke, Limos. Die Artefakte und dazu noch die Schriftrollen … Das könnte sich als einer der bedeutendsten Funde seit Langem erweisen.«
Das schlechte Gewissen hinterließ einen sauren Geschmack in ihrem Mund. »Na klar. Kein Problem. Bist du bereit, wieder zu gehen?«
Kynan richtete sich zu seiner vollen Größe auf, die die eins achtzig bei Weitem übertraf. »Jepp. Nur noch eine Minute.«
Behutsam füllte er seine Taschen mit den Schätzen. »Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du mich gleich nach Berlin bringen könntest.«
»An eine besondere Stelle?«
»Nee, danke.« Sein Lächeln verriet ihr, dass er keine Lust hatte, die Lage des Aegis-Hauptquartiers zu verraten, was sie gut nachvollziehen konnte.
Sie öffnete ein Tor. »Dann mal los.«
»Augenblick.« Er packte ihren Arm, und sie widerstand nur mit Mühe dem Verlangen, ihn quer durch die ganze Kammer zu schleudern, weil er sie berührt hatte. Nicht, dass sie dazu in der Lage gewesen wäre. Es war sinnlos, Kynan verletzen zu wollen. »Hast du schon Fortschritte bei der Suche nach Arik gemacht?«
»Nein«, erwiderte sie leise. »Hab ich nicht. Aber ich bin gerade auf dem Rückweg zum Höllenschlund.«
Als ihr Handy piepte, warf sie einen kurzen Blick aufs Display, in der Erwartung, Thans Nummer zu sehen. Was sie tatsächlich sah, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. »Oh … Gott.«
»Was ist los?«
Das Update ihrer Unterwelt-App erfüllte die Kammer mit einem unheimlichen Leuchten. »Das Glücksspiel-Netzwerk. Da ist der Teufel los.« Ihre Brust schmerzte derartig, dass sie eine Sekunde lang fürchtete, einen Herzanfall zu bekommen. »Die Chancen darauf, dass Arik morgen stirbt, sind gerade ins Bodenlose gefallen.«
»Das ist doch eine gute Neuigkeit.«
»Nein«, flüsterte sie. »Das ist es nicht.« Sie sah auf. »Es heißt, er sei geflohen. Höchstwahrscheinlich wird er noch in dieser Stunde
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