Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eternity

Eternity

Titel: Eternity Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cabot Meg
Vom Netzwerk:
Lucien das letzte Mal mit einem Flugzeug geflogen war, das nicht ihm gehörte. Sein persönlicher Learjet war ideal für die meisten Reisen, aber nicht leistungsfähig genug für einen Transatlantikflug. Wenn man ihn zu Konferenzen in Übersee einlud, lehnte Lucien einfach ab. Er scheute die Öffentlichkeit sowieso.
    Heute jedoch flog Lucien erster Klasse. Die Sitze dort bildeten eine Art eigenes Abteil, so dass er die Fluggäste vor, hinter oder neben sich nicht sehen konnte.
    Während des Flugs brachte ihm die attraktive und sehr angenehme Stewardess – man nannte sie jetzt Flugbegleiterinnen, fiel ihm ein – die Speisekarte, und er konnte sich aus einer großen Auswahl von Speisen und Weinen, zu denen auch ein paar ganz anständige italienische Barolos gehörten, etwas aussuchen.
    Später, als das Licht gelöscht worden war, fragte ihn die Flugbegleiterin, ob sie sein Bett machen solle. Aus reiner Neugier bejahte er. Was für ein Bett? Es stellte sich heraus, dass sich sein breiter Sitz auf Knopfdruck in ein relativ großes Bett verwandelte (allerdings für seine Größe nicht ganz ausreichend).
    Aus einem Geheimfach zog die Flugbegleiterin eine Matratze heraus, eine Decke und ein Kopfkissen. Sie bezog alles mit frischer Bettwäsche. Zum Schluss reichte sie ihm einen Stoffbeutel, der einen Designerpyjama, eine Zahnbürste, Zahnpasta und eine Schlafmaske enthielt.
    Schließlich wünschte sie ihm lächelnd eine gute Nacht. Er erwiderte ihr Lächeln. Er hatte zwar nicht die Absicht, zu schlafen oder den Pyjama anzuziehen, aber er fand die ganze Prozedur – und sie – äußerst charmant.
    Sein Lächeln ließ sie erröten. Sie war von einem gewissenlosen Mann geschieden, der sie während ihrer gesamten achtjährigen Ehe betrogen hatte, und jetzt musste sie ihr Kleinkind alleine großziehen. Sie wünschte sich nur, dass ihr Exmann seine Tochter ab und zu einmal besuchen und regelmäßig den Unterhalt bezahlen würde. Das sagte sie Lucien allerdings nicht …
    … aber das brauchte sie auch nicht. Er wusste diese Dinge, weil er die geheimsten Gedanken der Menschen in seiner Umgebung lesen konnte. Er hatte sich über die Jahre daran gewöhnt, und manchmal genoss er es sogar. Er fühlte sich dann beinahe wieder wie ein Mensch.
    Beinahe.
    Die Flugbegleiterin entschuldigte sich, um sich um einen anderen Passagier, einen korpulenten Geschäftsmann, zu kümmern, der auf der anderen Seite des geräumigen Ganges in 6J saß. Platz 6J hörte nicht auf, sich zu beklagen: Sein Kissen war nicht weich genug, sein Pyjama nicht groß genug, die Borsten
seiner Zahnbürste waren zu hart, und sein Champagnerglas wurde nicht rasch genug nachgefüllt.
    Lucien beobachtete, wie er alle vier bis fünf Minuten auf den Rufknopf drückte. Damit verärgerte er außer der Flugbegleiterin auch die Dame auf dem Platz vor ihm, die ihre Schlafmaske anhob und aus ihrem dunklen Abteil spähte, um zu sehen, wer all diese Aufregung verursachte. Sie hatte am nächsten Morgen einen wichtigen Termin und brauchte ihren Schlaf.
    Lucien erhob sich, während die Flugbegleiterin in die Bordküche eilte, um dem Geschäftsmann ein weiteres Kissen zu holen. Dann ging er zu dem Mann auf Platz 6J.
    »Was wollen Sie?« 6J sah Lucien unfreundlich an.
    Als die Flugbegleiterin zurückkam, stellte sie überrascht fest, dass der Passagier auf 6J alarmierend blass wirkte und so tief schlief, als habe er das Bewusstsein verloren. Fragend blickte sie sich um, sah aber nur Lucien, der aufgestanden war, um sich ein Buch aus der Gepäckablage zu nehmen.
    »Vermutlich zu viel Champagner«, sagte Lucien. »Er ist wahrscheinlich nicht an so viel Alkohol in dieser Höhe gewöhnt.« Er zwinkerte ihr zu.
    Die Flugbegleiterin zögerte, dann erwiderte sie scheu sein Lächeln, als habe er sie hypnotisiert, und bot ihm das zusätzliche Kissen an.
    »Ja, warum nicht? Danke«, erwiderte er.
    Als Lucien später durch die dunklen Gänge schlenderte, während der Jet durch die Nacht auf New York zuflog, dem Atmen der bewusstlosen Passagiere lauschte, ihre Träume aufschnappte und die entblößten, verletzlichen Kehlen betrachtete, dachte er, dass endlich mal jemand etwas dafür tun sollte, um Flugreisen für jeden und nicht nur für die wenigen privilegierten Passagiere der ersten Klasse angenehmer zu gestalten.

10
    Dienstag, 13. April, 18.30 Uhr
Lobby, Aufzug
910 Park Avenue, New York
     
     
    Meena drückte auf die Aufwärtstaste des Fahrstuhls und blickte sich verstohlen um. Sie war

Weitere Kostenlose Bücher