Eternity
Prinzen?« Cheryl war so erstaunt, dass ihre Tränen auf der Stelle versiegten. »Was für einen Prinzen?«
»Einen … einen rumänischen«, sagte Meena.
Seit sie am Morgen aufgewacht war – immer noch ein wenig benommen von dem nächtlichen Überfall, obwohl Leisha wahrscheinlich recht damit hatte, dass sie alles nur geträumt hatte, weil sie so frustriert war, den Job als Head-Autorin nicht bekommen zu haben –, waren ihr Lucien und sein leichter europäischer Akzent nicht aus dem Kopf gegangen.
Okay, er mochte ja auf ihre übergroße Fantasie zurückzuführen sein, aber Meena hatte sich in seinen Armen so sicher und beschützt wie schon lange nicht mehr gefühlt. In der letzten Zeit waren ständig nur Wölfe – oder Fledermäuse – über sie hergefallen. Wenn es nicht die Rechnungen am Ende des Monats waren, dann war es Shoshona, die befördert wurde, ohne überhaupt jemals nur einen Finger krumm gemacht zu haben.
Cheryl empfindet es wahrscheinlich genauso, dachte Meena, denn sie seufzte plötzlich, betrachtete ihr Spiegelbild und zupfte an ihrem Ausschnitt.
»Ich weiß nicht, Kindchen.« Cheryl warf Meena einen skeptischen Blick zu. »Du, alleine gegen den Sender? Ich glaube nicht. Gregory Bane hat vorgestern Beverly Rivington von Lust umgebracht. Fünfundzwanzig Jahre hat sie in der Serie mitgespielt,
und jetzt darf so ein schmächtiges Kerlchen mit einer komischen Frisur ihr das Blut aussaugen. Wenn das keine Analogie dazu ist, dass auch meine Karriere den Bach runtergeht, dann weiß ich es nicht.«
»Nein«, sagte Meena. Sie hatte gehofft, dass Cheryl noch nichts von Beverly gehört hatte. Aber das war natürlich lächerlich in dieser Branche, wo jeder ein iPhone hatte und sieben Tage die Woche online war. »Das lasse ich bei dir nicht zu.«
»Ach, wirklich?« Cheryl zog eine Augenbraue hoch. »Und wie willst du das machen?«
»Ich werde einen rumänischen Prinzen, der Vampire tötet, ins Drehbuch schreiben. Victoria wird ihn engagieren, damit er den Vampirfreund ihrer Tochter tötet«, erklärte Meena dramatisch.
Meena wusste, dass sie sich auf dünnem Eis bewegte. Eine neue Figur, nur um Shoshonas Figur zu töten? Und dazu noch den Vampir, der Eternity aus dem Quotentief retten sollte? Den Vampir, den der Sender wollte?
War sie wahnsinnig?
Eigentlich hatte sie sich noch nie geistig gesünder gefühlt. Cheryl sah das anscheinend anders.
»Das ist deine Beerdigung, Schätzchen«, sagte sie düster.
»Für mich klingt das nach einem Emmy«, erwiderte Meena.
Cheryl schlug die Augen nieder. »Oh, meine Süße. Deine Worte im Gehörgang der Emmy-Jury. Na ja.« Sie fuhr sich glättend über die Haare. »Ich gehe besser mal raus und lasse mich mit diesem Priester in Nahaufnahme filmen.«
Meena folgte Cheryl in den Gang, ging aber dann direkt nach oben in ihr Büro. Sie musste sofort anfangen, über Lucien, den rumänischen Prinzen, zu schreiben, der Shoshonas Vampir töten würde. Denn Lucien war genau so, wie sie sich einen rumänischen Prinzen vorstellte. Wer hätte gedacht, dass
die Fledermausattacke einen solch kreativen Schub bei ihr bewirkte?
Tief in ihrem Innern wusste sie jedoch, dass nicht die Fledermäuse ihre kreativen Säfte fließen ließen, sondern Luciens warme braune Augen …
Eigentlich könnte sie auch eine Suchanzeige aufgeben, wenn sie schon einmal beim Schreiben war. Denn wie sollte sie Lucien sonst wiedersehen?
Meena überlegte sich gerade, wie sie seine warmen braunen Augen am besten beschreiben sollte, als sie mit Taylor zusammenprallte, die aus dem Aufzug kam, schon geschminkt und angezogen für die Szene mit dem Reitlehrer Romero.
»O mein Gott, Meena!«, schrie Taylor und schlang die Arme um Meena. »Vielen, vielen Dank!«
Meena erwiderte die Umarmung. »Aber gerne. Jederzeit!« Für was bedankte Taylor sich?
»Du weißt ja nicht«, sagte sie, »wie viel mir dieser fantastische Plot bedeutet. Ich war so eifersüchtig auf Mallory Piers in Lust, weil sie all diese Szenen mit Gregory Bane spielen konnte. Und jetzt bekomme ich einen eigenen Vampir!«
»Oh«, sagte Meena. »Das. Ja.« Zerstreut fuhr sie sich mit der Hand durch die kurzen Haare. Leises Schuldgefühl stieg in ihr auf, weil sie gerade auf dem Weg nach oben war, um Taylors neue Liebe umbringen zu lassen. »Na ja, das war eigentlich eher die Idee des Senders. Oder vielmehr von CDI …«
»Ich weiß«, sagte Taylor. »Shoshona ist schon vorbeigekommen und hat es mir erzählt.«
Ja klar, dachte Meena.
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