Eternity
gehofft, von ihm Drogen zu bekommen. Und außerdem war ihr Kopf leer und trocken wie die Sahara gewesen. Unwillkürlich musste Lucien an das Mädchen von der Nacht zuvor denken, deren Gedanken undurchdringlich wie ein Dschungel gewesen waren. Er fragte sich, warum sie ihm nicht aus dem Kopf ging. Wahrscheinlich lag das daran, dass sie und das Tanzmädchen im gleichen Alter und beide attraktiv waren.
Aber damit waren die Ähnlichkeiten auch schon erschöpft. Für Süchtige wie das Tanzmädchen empfand er kein Mitleid mehr. Davon gab es heutzutage zu viele.
Der VIP-Bereich, in dem Dimitri saß, war von der Tanzfläche durch schwarze Samtseile abgetrennt. Nischen mit hochlehnigen Polstermöbeln schirmten ein wenig vor der lauten Musik und den sich windenden Körpern auf der Tanzfläche ab. Auf den weichen schwarzen Ledersesseln lungerte ein halbes Dutzend Männer mittleren Alters herum – manche zu sehr im mittleren Alter und viel zu dickbäuchig für die blutjungen, schlanken Frauen, die sich an sie schmiegten, die Rehaugen genauso ausdruckslos wie die des Mädchens, das sich an Lucien herangemacht hatte.
In einer Nische daneben saßen ein paar wesentlich jüngere
Männer. Einer von ihnen blickte auf, als Lucien näher trat, und lächelte, weil zwei stämmige Bodyguards versuchten, ihm den Weg zu versperren.
»Entschuldigung, Sir«, sagte einer der Männer, der bestimmt fast dreihundert Pfund wog und eine Goldkette um den Hals trug, auf der der Name Reginald eingraviert war. »Dieser Bereich ist nur für VIPs.«
»Das sehe ich, Reginald«, erwiderte Lucien. »Ich will zu Mr Dimitri. Und du lässt mich passieren.«
»Ja, natürlich«, sagte Reginald und trat beiseite. »Entschuldigung, Sir.«
Reginalds Partner, der ebenso wie Reginald nur aus Muskelmasse bestand, war entsetzt.
»Reggie!«, schrie er. »Was machst du da?«
Reginald hakte das Seil auf, damit Lucien eintreten konnte. »Du hast es doch gehört. Er will zu Mr Dimitri.«
Dimitri hatte sich aus seiner Nische erhoben und kam Lucien entgegen. Er war ein großer, dunkelhaariger Mann in einem Anzug, der ebenso perfekt saß wie der Luciens. Das weiße Hemd stand am Hals offen und enthüllte eine Lederschnur, an der ein kleines, eisernes Drachensymbol hing.
»Bruder«, sagte Dimitri und nahm Luciens Hand. »Das ist aber eine Überraschung. Wir haben uns lange nicht gesehen. Wann bist du angekommen?«
»Dimitri«, antwortete Lucien kühl, ohne auf die Frage zu antworten. »Ich sehe, es geht dir gut.«
»Ach, das hier?« Dimitri hob die linke Hand, in der er eine kubanische Zigarre hielt – er hatte immer schon gerne geraucht, so wie Lucien edle Weine schätzte –, und machte eine weit ausholende Geste, die nicht nur Reginald, seinen Partner und den VIP-Bereich, sondern den gesamten Club umfasste. »Das ist doch gar nichts. Ich habe hier in den USA noch vier
weitere Clubs, und nächsten Monat eröffne ich einen in Rio de Janeiro.«
»Rio«, sagte Lucien und zog die Augenbrauen hoch. »Immer noch auf gefährlichen Pfaden.«
»Was ist daran gefährlich? Es ist ein Nachtclub«, sagte Dimitri, wobei er das Wort Nacht betonte. »Wir nennen sie heute allerdings Lounges. Rio würde dir gefallen. Die Luftfeuchtigkeit da ist gut für die Haut. Komm, ich stelle dir meine neuen Freunde von TransCarta vor. Du hast doch bestimmt von der Kapitalgesellschaft gehört? Sie haben im Moment viel zu tun und müssen sich ein wenig von dem Stress erholen. Deshalb sind sie hierhergekommen. Wer heutzutage in der Finanzbranche arbeitet, hat einen schlechten Ruf. Schlechte Presse. Davon verstehen wir zwei was, oder, Bruder?«
Dimitri lachte über seinen eigenen Witz. Er griff nach Luciens Arm und versuchte, ihn dorthin zu steuern, wo er zuvor gesessen hatte.
»Später vielleicht, Dimitri«, sagte Lucien. »Ich würde lieber erst einmal mit dir unter vier Augen sprechen. Ich glaube, wir beide haben etwas Geschäftliches zu besprechen.«
»Unsinn!«, entgegnete Dimitri. »Vergnügen kommt vor dem Geschäft! Ich weiß, wovon du redest … und warum du hier bist.« Er legte Lucien den Arm um die Schultern. »Blöde Geschichte mit diesen toten jungen Mädchen. Ich habe herumgefragt – glaub mir, für den Club ist es nicht gut, wenn so ein Irrer frei rumläuft –, und ich kann dir versichern, dass niemand etwas weiß. Glaubst du nicht, ich hätte mich nicht schon längst darum gekümmert, wenn ich etwas wüsste? Du kennst mich doch, Lucien. Ich tue alles, um die Basis zu
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