Ethan von Athos
Bedrohung gehalten. Alle, denen ich bisher begegnet bin und die um mein Geheimnis wussten, haben bisher als einzige Einsatzmöglichkeit für mich die Spionage vorgeschlagen.«
»Nun – waren das selbst Spionageagenten?«
»Jetzt, da Sie es sagen – ja, zum größten Teil.«
»Also, da haben Sie’s. Die sehen in Ihnen das, was sie selbst mit Ihrer Gabe wären.«
Cee blickte ihn sehr eigenartig an und lächelte zögernd. »Sir, ich hoffe, Sie haben recht.« Seine Haltung wurde weniger verschlossen, ein Teil der Spannung in seinen schlanken Muskeln ließ nach, aber seine blauen Augen blieben eindringlich auf Ethan gerichtet. »Erkennen Sie, dass ich kein menschliches Wesen bin, Dr. Urquhart? Ich bin ein künstliches genetisches Konstrukt, ein Kompositum aus einem Dutzend Quellen, mit einem Sinnesorgan, das in meinem Gehirn sitzt wie eine Spinne und das kein Mensch je besaß. Ich habe keinen Vater und keine Mutter. Ich wurde nicht geboren, ich wurde hergestellt. Und das erschreckt Sie nicht?«
»Na ja, nun – woher haben die Männer, die Sie gemacht haben, all ihre Gene herbekommen? Von anderen Leuten, sicherlich?«, fragte Ethan.
»O ja. Sorgfältig ausgewählte Erbanlagen, alle politisch gereinigt.« Die Bitterkeit machte Cees Mund zu einem dünnen Strich.
»Also«, sagte Ethan, »wenn Sie, sagen wir mal, vier Generationen zurückzählen, dann ist jeder Mensch ein Kompositum aus exakt sechzehn verschiedenen Quellen. Sie werden Vorfahren genannt, aber es kommt auf das gleiche heraus. Ihre Mischung war nur unwesentlich weniger zufällig, das ist alles. Also, ich betreibe Genetik. Abgesehen von dem neuen Organ, von dem Sie sprechen, kann ich das ›nur unwesentlich‹ entschieden garantieren. Das ist kein Test für Ihr Menschsein.«
»Was ist der Test für das Menschsein?«
»Nun – Sie haben offensichtlich einen freien Willen, sonst könnten Sie sich nicht Ihren Schöpfern widersetzen. Folglich sind Sie kein Automat, sondern ein Kind von Gott dem Vater, Ihm mit Ihren Fähigkeiten entsprechend verantwortlich«, sagte Ethan, als zitierte er einen Katechismus.
Hätte Ethan plötzlich Flügel bekommen und wäre er damit zur Decke hinaufgeflattert, dann hätte Cee ihn nicht erstaunter anstarren können. Es schien, als hätte man ihm diese vollkommen offensichtlichen Tatsachen nie zuvor dargelegt.
Cee drängte weiter. »Wenn ich kein Monster bin, was bin ich dann für Sie?«
Ethan kratzte sich nachdenklich am Kinn. »Wir bleiben alle Kinder des einen Vaters, wie sehr wir auch in anderer Hinsicht Waisen sein mögen. Sie sind natürlich mein Bruder.«
»Natürlich …?«, wiederholte Cee. Er zog Beine und Arme an und rollte sich zu einer Kugel zusammen. Tränen traten zwischen seinen zusammengekniffenen Augenlidern hervor. Er rieb sein Gesicht grob an seinem Hosenknie und verschmierte die Tränen über sein gerötetes Gesicht. »Verdammt«, flüsterte er, »ich bin die ultimative Waffe, der Superagent. Ich habe alles überlebt. Wie können Sie mich jetzt zum Weinen bringen?« Mit plötzlicher Wildheit fügte er hinzu: »Wenn ich herausfinde, dass Sie mich anlügen, dann werde ich Sie umbringen, das schwöre ich Ihnen.«
Aus dem Mund eines anderen Mannes hätten diese Worte vielleicht hohl geklungen. Da die Drohung aber aus Cees abgrundtiefer Verzweiflung kam, traf sie Ethan wie ein Hieb in den Magen. »Sie sind offensichtlich völlig erschöpft«, versuchte er erschrocken, ihn zu besänftigen. Cee hatte seine Selbstbeherrschung noch nicht ganz wiedergewonnen, obwohl er sich deutlich darum bemühte, indem er achtsam atmete wie ein Yogi. Ethan suchte im Zimmer nach einem Papiertaschentuch und reichte es ihm. »Und ich denke, es dürfte ein schlimmer Stress sein, die Welt mit Millisors Augen zu sehen, falls Sie das in letzterer Zeit getan haben.«
»Sie haben es erfasst«, würgte Cee. »Seit dieses Ding in meinem Kopf«, er machte wieder die Migränegeste, »voll entwickelt wurde, als ich dreizehn war, musste ich immer wieder und wieder in seinen Geist eintauchen.«
»Igitt«, sagte Ethan in aufrichtigem Mitgefühl. »Nun, das ist es ja gerade.«
Cee stieß ein überraschtes Lachen aus, das mehr zu seiner Selbstbeherrschung beitrug als die Atemübung. »Wie können Sie denn das wissen?«
»Ich weiß überhaupt nicht, wie Ihre Telepathie funktioniert, aber ich bin dem Mann begegnet.« Ethan rieb sich nachdenklich die Lippen. »Wie alt sind Sie?«, fragte er plötzlich.
»Neunzehn.«
In dieser Antwort war
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