Ethik: Die Grundfragen unseres Lebens von der Geburt bis zum Tod
Welternährung und auf die internationale Gerechtigkeit spricht für eine Korrektur der Ernährungsgewohnheiten.
Die notwendigen Konsequenzen einer solchen Überprüfung beschränken sich nicht auf das persönliche Verhalten. Zu ihnen gehören auch strengere Auflagen für eine artgerechte Tierhaltung sowie Maßnahmen, die den Einsatz von Lebensmitteln für die Erzeugung von Biosprit und das Verfüttern von Lebensmitteln zur Fleischproduktion eindämmen.
Vergeudung von Lebensmitteln
Nicht nur im Armutsgürtel der Erde oder in Schwellenländern, sondern auch in wohlhabenden Ländern wie Deutschland ist der Zugang zur Befriedigung der Grundbedürfnisse ungleich verteilt. In Deutschland werden immer mehr «Tafeln» gegründet, die gespendete Lebensmittel an Bedürftige abgeben; Kinder suchen in einer «Arche» Zuflucht, wo sie eine warme Mahlzeit bekommen: Szenen aus einem reichen Land.
Schärfer ist der Kontrast kaum vorstellbar. Das, was jeder Mensch so nötig braucht, wird sinnlos vernichtet. Das, was Leib und Seele zusammenhält, wird achtlos beseitigt. Im Durchschnitt wirft jeder Einwohner Deutschlands innerhalb eines Jahres 81,6 Kilogramm Lebensmittel in den Müll. Auch wenn man das auf den einzelnen Tag überträgt, ist es noch viel: ein halbes Pfund Lebensmittel an jedem Tag pro Person (Kranert 2012; Noleppa/von Witzke 2012). Insgesamt werden auf diese Weise jährlich knapp elf Millionen Tonnen Lebensmittel als Abfall entsorgt. 61 Prozent dieser Abfälle stammen aus Privathaushalten, jeweils rund 17 Prozent entfallen auf Großverbraucher wie Gaststätten oder Kantinen sowie den Handel. Zwei Drittel der Abfälle sind demnach durch individuelles Verhalten zu beeinflussen. Sie lassen sich durch bewusstes Einkaufenund vorausschauendes Planen einschränken. Vermeidbar sind sie auch dadurch, dass der Sinn des Mindesthaltbarkeitsdatums beherzigt wird, das nicht mit einem Verfallsdatum zu verwechseln ist. Aber auch bei Großverbrauchern lässt sich die Vernichtung von Lebensmitteln durch genauere Planung verringern.
Damit stoßen wir auf eine erstaunliche Spannung in den heutigen Einstellungen zu Lebensmitteln. Einerseits steht gesunde Ernährung bei wachsenden Bevölkerungskreisen hoch im Kurs; Kochbücher und andere einschlägige Ratgeber sind beliebt; ökologische Landwirtschaft und Bioläden finden wachsende Resonanz. Andererseits gefährden Überernährung, der Konsum von Süßigkeiten oder der Missbrauch von Alkohol die Gesundheit vieler Menschen. Es ist zu erwarten, dass die Konsumenten artgerechte Tierhaltung in wachsendem Maß honorieren. Sie werden einsehen, dass bestimmte Formen der Massentierhaltung mit der Würde der Kreatur unvereinbar sind. Vorbehalte gegenüber gentechnisch verändertem Saatgut sind so verbreitet, dass deutsche Firmen auf die Weiterführung von Projekten der grünen Gentechnik verzichten.
Gesundheitsbewusstes Verhalten darf jedoch nicht ein Privileg von Wohlhabenden sein. Es gibt eine gesellschaftliche Verantwortung dafür, dass ärmere Menschen sich gesund ernähren können. Ihr Lebensstandard darf nicht so weit absinken, dass ihnen eine gesunde Ernährung unmöglich wird. Sozialpolitische und ernährungspolitische Fragestellungen hängen eng miteinander zusammen.
Der achtsame Umgang mit Lebensmitteln kann nur gelernt werden, wenn man dafür Vorbilder hat. Er setzt gemeinsame Mahlzeiten in Familien, Kindertagesstätten und Schulen voraus. Der Gleichgültigkeit muss entgegenwirkt werden, damit die Bitte um das tägliche Brot im öffentlichen Bewusstsein einen Ort behält. Dazu gehört auch, das eigene Verhalten in den weiten Horizont zu stellen, in dem vielen Menschen das fehlt, womit andere allzu verschwenderisch umgehen.
Probleme der Welternährung
Das Ausmaß des Hungers in der Welt ist ein moralischer Skandal, denn das Recht auf Nahrung gehört zu den Menschenrechten. Die Welternährung ist zugleich ein Schlüsselproblem nachhaltiger Entwicklung. Sie istvon großer Bedeutung für den globalen Klimawandel; mehr als ein Drittel der Treibhausgase kommen aus der Landwirtschaft.
Im Jahr 1996 formulierte die Weltorganisation für Nahrung und Landwirtschaft (FAO) das Ziel, die Zahl der extrem Armen bis zum Jahr 2015 zu halbieren. In die Millenniumsentwicklungsziele, die von den Vereinten Nationen im Jahr 2000 verabschiedet wurden, fand diese Zielsetzung jedoch nur in einer reduzierten Form Eingang. Zuerst erklärte man es zum Ziel, den
Anteil
der extrem Armen an
Weitere Kostenlose Bücher