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Ethik: Die Grundfragen unseres Lebens von der Geburt bis zum Tod

Ethik: Die Grundfragen unseres Lebens von der Geburt bis zum Tod

Titel: Ethik: Die Grundfragen unseres Lebens von der Geburt bis zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Huber
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den Zugang zu sauberem Wasser als selbstverständlich und haben uns weithin sogar an einen verschwenderischen Umgang mit Trinkwasser gewöhnt. Es wird nicht nur als Getränk, zur Nahrungszubereitung und zur Reinigung verwendet. In der Industrie, in Gärtnereien und Privatgärten, zur Toilettenspülung und in anderen Zusammenhängen wird Trinkwasser gebraucht, obwohl Niederschlagswasser, das ungenutzt in die Kanalisation geht, denselben Zweck erfüllen würde. Zur Kulturgeschichte des Wassers leistet eine Zeit, in der das Wasser vorrangig als Konsumgut betrachtet wird, keinen positiven Beitrag. Aber dass die Industriegesellschaften mit sauberem Wasser so verschwenderisch umgehen, darf kein Grund dafür sein, die fehlende Verfügbarkeit von Wasser in anderen Regionen und die daraus entstehenden Konflikte und Katastrophen gering zu achten.
    In den meisten kulturellen und religiösen Traditionen ist die lebenspendende Bedeutung des Wassers fest verankert. Eines der zentralen Symbole des christlichen Glaubens, die Taufe, knüpft an die reinigende Kraft des Wassers an. In einer Zeit, in der für viele Menschen auf dem Globus das Wasser knapp ist – und bei wachsender Weltbevölkerung noch knapper wird –, ist die Erinnerung an solche Traditionen hilfreich. Für jedes Nahrungsmittel gilt, dass es nicht bloß eine Ware
(commodity)
ist; für Wasser gilt das in besonderer Weise. Das Recht auf Wasser und Sanitärversorgung schließt die Pflicht des Gemeinwesens ein, die Erreichbarkeit von Wasser in der nötigen Menge und Qualität sowie seine Bezahlbarkeit unabhängig von der individuellen Wirtschaftskraft sicherzustellen.
Fleischkonsum und Tierhaltung
    Im Zusammenhang mit den menschlichen Grundbedürfnissen ist in neuerer Zeit die Frage nach dem Verzehr von Fleisch wieder in den Vordergrund getreten. Dem prinzipiellen Verzicht auf Fleischverzehr aus der inneren Abwehr dagegen, zu diesem Zweck getötete Tiere zu essen (Foer 2010), treten inzwischen drei weitere Gesichtspunkte zur Seite, die zur Überprüfung von Ernährungsgewohnheiten Anlass geben.
    Zunächst: Die Massentierhaltung, die für die Ankurbelung des Fleischkonsums eine große Rolle spielt, ist in ihren vorherrschenden Formen mit einer artgerechten Aufzucht und dem Respekt vor den Tieren unvereinbar. Einerseits Tierschutz in Verfassung und Gesetz zu verankern, andererseits Hähnchen, Puten oder Schweine in käfigartigen Stallungen zu halten und ihre Verwertbarkeit durch Antibiotika zu beschleunigen, ist ein Selbstwiderspruch (vgl. Schlatzer 2010).
    Sodann: Durch den Einsatz von Getreide und Soja als Tierfutter werden Lebensmittel, die auch der Ernährung von Menschen dienen können, mit einem weit geringeren Nahrungsertrag für die Fleischproduktion verwendet; der Umfang des weltweiten Fleischkonsums verschärft deshalb das Hungerproblem. Selbst wenn man den Beitrag, den der Verzicht auf Fleisch oder dessen maßvollerer Konsum in den wohlhabenden Ländern zur Linderung des weltweiten Hungers leisten kann, nur auf 7 Prozent beziffert (Qaim u.a. 2013: 29), ist er nicht zu vernachlässigen.
    Schließlich: Die Fleischproduktion in bestimmten Entwicklungs- und Schwellenländern, die zum großen Teil für den Export bestimmt ist, verschärft die Strukturprobleme dieser Länder; dadurch trägt der Fleischkonsum im Reichtumsgürtel der Erde indirekt zur weltweiten Verschärfung der Ungleichheit bei.
    Welche Folgerungen sind aus diesen Argumenten zu ziehen? In vegetarischer oder veganer Lebensführung kommt eine beachtliche ethische Haltung zum Ausdruck, in den Bereich der moralischen Verpflichtungen dagegen gehören diese Lebensweisen nicht. Denn für alle Menschen wäre es nicht möglich, tierisches Eiweiß und andere tierische Nährstoffe durch pflanzliche Nahrungsmittel zu ersetzen. Eine Reduzierung des Fleischkonsums jedoch kann man für die stärksten Fleischkonsumenten der Welt – insbesondere die USA und die Mitgliedsstaaten der EuropäischenUnion – mit gewichtigen Gründen zu einer moralischen Pflicht erklären. In Deutschland beispielsweise, wo pro Person im Jahr 89 Kilogramm Fleisch verzehrt werden, hat sich der Fleischkonsum seit der Mitte des 19. Jahrhunderts vervierfacht und innerhalb der letzten hundert Jahre verdoppelt (Heinrich-Böll-Stiftung 2013: 20). Dass eine solche Steigerung nicht zu den Indikatoren einer gesunden Ernährung gehört, ist unstrittig; aber auch die Auswirkungen dieses Fleischkonsums auf die Art der Tierhaltung, auf das Problem der

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