Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ethik: Grundwissen Philosophie

Ethik: Grundwissen Philosophie

Titel: Ethik: Grundwissen Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Detlef Horster
Vom Netzwerk:
weil ein Körper ohne Ausdehnung und Gewicht kein Körper wäre. Im Fall des Körpers spricht man deshalb von einer analytischen Definition. Beide Arten von Definition kann man mit dem Attribut »gut« nicht vornehmen. Auf die Folgen, die es hätte, wenn wir das dennoch versuchen würden, hat Robert Spaemann hingewiesen: Wir müssten das Attribut »gut« durch ein anderes ersetzen, beispielsweise durch »gesund«. In dem Fall »könnte man gar nicht mehr sagen, daß Gesundheit meistens etwas Gutes ist, weil man damit ja nur sagen würde, daß Gesundheit gesund ist« (Spaemann 2004, 21). Dazu sagt nun Moore: »Viel zu viele Philosophen haben gemeint, daß sie, wenn sie diese anderen Eigenschaften nennen, tatsächlich ›gut‹ definieren; daß diese Eigenschaften in Wirklichkeit nicht ›andere‹ seien, sondern absolut und vollständig gleichbedeutend mit Gutheit. Diese Ansicht möchte ich den ›naturalistischen Fehlschluß‹ nennen.« (Moore 1996, 40f.) An dieser Stelle muss notwendigerweise eine Begriffsirritation stattfinden, denn David Hume bezeichnete den unzulässigen Schluss vom Sein auf das Sollen in der Moralphilosophie bereits als naturalistischen Fehlschluss. Der ist nun hier bei Moore nicht gemeint. Moore meint den naturalistischen Fehlschluss in seiner semantischen, Hume hingegen in seiner logischen Form. (Vgl. Schmid Noerr 2006, 139) – Nun sagt Moore weiter: »Ich behaupte nicht, daß
das
Gute, das, was gut ist, undefinierbar sei.« (Moore 1996, 38) Als Essenz [103] der mooreschen Überlegungen ist festzuhalten: Soll das Attribut »gut« definiert werden, müssten wir es durch ein anderes Attribut ersetzen. Dies ist in seiner Terminologie ein naturalistischer Fehlschluss. Das Gute allerdings lässt sich definieren. Dazu später. Wichtig ist: Werte können immer mit dem Attribut »gut« belegt werden.
Die Natur moralischen Wissens
    Wie man Wissen über Werte und Normen erlangt, ist ein zentrales Thema der Metaethik. Einer der wohl bedeutendsten Vertreter des Nonkognitivismus, der Theorie, die davon ausgeht, dass man moralisches Wissen nicht auf dieselbe Weise erlangen kann wie Sachwissen, ist Alfred Jules Ayer. (1910–1989) Er unterscheidet Wissen, das aus empirischen Tatsachen hervorgeht, von solchem, das auf Wertfragen beruht. (Vgl. Ayer 1981, 135) Bei Wertfragen müsse man zwischen deskriptiven und normativen Fragen unterscheiden. Es bestehe die Gefahr, diese zu verwechseln beziehungsweise zu vermischen. Deskriptiv ist für Ayer die Aussage, dass »eine bestimmte Verhaltensweise mit den Moralvorstellungen einer bestimmten Gesellschaft unvereinbar ist« (Ayer 1981, 139). Hier liege eine »gewöhnliche soziologische« Beschreibung vor. Normativ hingegen sei das unabdingbare Urteil »Das ist falsch« über eine bestimmte Verhaltensweise eines Menschen. Normative ethische Urteile sind demnach nicht auf empirische Tatsachen rückführbar. Das müsse notwendigerweise zu dem Eingeständnis führen, dass »die ethischen Grundbegriffe nicht analysierbar sind, da es kein Kriterium gibt, mittels dessen man die Gültigkeit der sie enthaltenen Urteile prüfen kann« (Ayer 1981, 141). Dies ist bei deskriptiven Aussagen anders, die man mittels einer soziologischen Analyse überprüfen kann. Ayer zufolge kann man moralische Urteile nur mit denen teilen, die »die gleiche moralische Erziehung genossen haben wie wir und in unserer [104] Gesellschaftsordnung leben« (Ayer 1981, 147). Ein Disput mit solchen Leuten über deren moralisches Verhalten dreht sich dementsprechend nicht »um eine Wertfrage, sondern um eine Tatsachenfrage« (Ayer 1981, 146). Wir würden dann versuchen, sie von unserer Auffassung zu überzeugen.
    Charles Leslie Stevenson (1908–1979), ein anderer ambitionierter Vertreter des Nonkognitivismus, schreibt in diesem Zusammenhang, dass in moralischen Urteilen zwar immer ein deskriptives Element enthalten sei, aber immer auch etwas hinzukomme. Die Figur ist demnach »Deskription +«. Das »+« ist für Stevenson das Entscheidende bei moralischen Urteilen: »Die wesentliche Verwendung von Moralurteilen besteht nicht darin, auf Tatsachen zu verweisen, sondern darin, jemanden zu beeinflussen.« (Stevenson 1974, 121) Er führt zur Erläuterung ein seiner Meinung nach moralanaloges Beispiel an: A versucht B zu überzeugen, gemeinsam ins Kino zu gehen. B schlägt hingegen den Besuch eines symphonischen Abends vor. »Das ist eine Divergenz in einem völlig normalen Sinn. Die beiden können sich nicht

Weitere Kostenlose Bücher