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Ethik: Grundwissen Philosophie

Ethik: Grundwissen Philosophie

Titel: Ethik: Grundwissen Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Detlef Horster
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Langzeit-Ursachen, und ein Leben, das heute gerettet wird, mag im nächsten Jahr aus unterschiedlichen Gründen verloren sein.« (Miller 2007, 157)
    Dennoch meine ich, dass in konkret zu bestimmenden Einzelfällen ein Haftungsausschluss der Verursacher nicht zugelassen werden sollte. 1960 setzten Vertreter der Fischereiwirtschaft im ostafrikanischen Viktoriasee den Nilbarsch aus, der eine gute Vermarktung versprach. Er kommt in Europa, [100] den USA, Japan und anderen reichen Ländern als beliebter Speisefisch auf den Markt. Weil der Nilbarsch die algenfressenden Fische ausrottet, ist der Viktoriasee nun durch Algen und andere Immissionen völlig verunreinigt. Die früheren einheimischen Fischer arbeiten inzwischen in den Fabriken. Ihr Einkommen reicht nicht, um sich den nahrhaften Barsch selbst kaufen zu können. Mangel- und Unterernährung sind die Folgen. Die Frauen, die früher die Fische, die ihre Männer gefangen hatten, auf dem Markt verkauft haben, haben inzwischen nur noch eine mögliche Einkommensquelle, die Prostitution. Die Region hat dadurch in der Folge die höchste HIV- und Aidsrate in Afrika. Es gibt weitere überaus negative Folgen. (Vgl. Jäger 2007) In einem solchen Fall lässt sich der Verursacher leicht ausmachen und er hätte nach der Figur der Gefährdungshaftung Schadenersatz zu leisten.
    Weiterhin wichtig ist, dass sich auf der von Miller erwähnten strukturellen Ebene etwas ändert, denn wir haben es mit einem undurchsichtigen Geflecht von ökonomischen, politischen, rechtlichen und administrativen Akteuren zu tun, die in eingefahrenen Bahnen operieren, sodass Einzelne trotz guten Willens oft nichts ändern können. Zu Hoffnung Anlass gibt das von Kofi Annan 1999 gegründete Global Compact. (Vgl. Kreide 2007, 287) Das ist ein Zusammenschluss globaler Unternehmen, die sich weltweit für die Einhaltung der Menschenrechte und Sozialstandards, gegen Kinderarbeit, Gefangenenarbeit, Sklavenarbeit, Rassismus und Korruption einsetzen. Mehrere Tausend Unternehmen haben diesen Global Compact bereits unterzeichnet. (Vgl. Wieland 2008, 97) Darüber hinaus sind seit 2005 300 Akteure aus 50 Ländern bemüht, die ISO-Norm 26000 zu entwickeln, die die Standards sozialverantwortlichen Wirtschaftens festlegt. (Vgl. Wieland 2008, 98)

[101]
Werte und Normen
    Um den Kreis zu schließen, zurück zur Metaethik, zu der die Frage nach dem Verhältnis von Werten und Normen gehört. Sind Werte und Normen objektiv und universell?
Das Gute
    Das Verhältnis von Normen und Werten wird in der Moralphilosophie höchst uneinheitlich bestimmt. Was den Begriff der Normen anbetrifft, wird er überwiegend mit Handlungsanweisungen, Handlungsregeln, Geboten oder Verboten identifiziert. Außerdem besteht Einigkeit darüber, dass Werte gut sind und dass Gutes zu tun eine moralische Pflicht ist.
    Der Begriff des Guten spielt in der Moralphilosophie eine zentrale Rolle. Doch was ist gut? Die Diskussion hat sich seit der Publikation von George Edward Moores
Principia Ethica
einigermaßen beruhigt. Moore (1873–1958) beginnt mit der fast schon redundanten Aussage, dass »wie ›gut‹ zu definieren ist, die fundamentalste Frage der ganzen Ethik ist. […] Was also ist gut? Wie muß gut definiert werden?« (Moore 1996, 34) Und darauf gibt er eine nach diesem Auftakt überraschende Antwort: »Wenn ich gefragt werde ›Was ist gut?‹, so lautet meine Antwort, daß gut gut ist, und damit ist die Sache erledigt. Oder wenn man mich fragt ›Wie ist gut zu definieren?‹, so ist meine Antwort, daß es nicht definiert werden kann, und mehr ist darüber nicht zu sagen. Aber so enttäuschend diese Antworten klingen mögen, sie sind von äußerster Wichtigkeit.« (Moore 1996, 36) Warum ist das so?
    »Gut« ist ein einfacher Begriff wie »gelb« und einfache Begriffe lassen sich nicht definieren. Wir kennen zwei Arten [102] von Definition, die synthetische und die analytische. In beiden Fällen werden zusammengesetzte Begriffe definiert. Wenn wir beispielsweise eine Gerade definieren, dann sagen wir, was in der Geometrie dafür festgelegt wurde: Die Gerade ist die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten. Hier werden zwei Begriffe synthetisiert, nämlich die kürzeste Verbindung und die Distanz zwischen zwei Punkten. Darum sprechen wir in diesem Fall von synthetischer Definition. Oder wir definieren einen Körper, der ein bestimmtes Gewicht und eine bestimmte Ausdehnung hat. Dann sagt man, was in dem Begriff des Körpers schon enthalten ist,

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