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Etwas Endet, Etwas Beginnt

Etwas Endet, Etwas Beginnt

Titel: Etwas Endet, Etwas Beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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aus. Die Frau Doktorhörte, wie der schwarze Wald, über den Anhang gebeugt, mit boshaftem Lachen erbebte.
    »Deskath«, flüsterte sie. »Du   … Ich erkenne dich   …«
    Der Kater fauchte.
    Die Sichel vibrierte, zitterte und sang.
     
    »Also nein, Monika«, sagte Elka, genannt das Schneehuhn. Sie nahm die Sonnenbrille ab und cremte sich vorsichtig die Stupsnase ein. »So geht das wirklich nicht. Warum willst du nicht mitkommen? Mit der ganzen Meute? Warum sitzt du die ganze Zeit allein herum? Was?«
    »Ich fühle mich nicht besonders.«
    Das ist nicht einmal gelogen, dachte Monika. Schon beim Gedanken an die ganze lärmende Meute wird mir schlecht. Ich verstehe eure Witze nicht. Eure Fröhlichkeit steckt mich nicht an, im Gegenteil, sie macht mich nur verlegen. Und ich bin mir nicht sicher, ob ihr nicht genau das bezweckt.
    »Wirklich, Monika«, plapperte Elka, die direkt neben ihrem Bett stand. »Du solltest mitkommen. Das ist so schön am Fluss, du hast gar keine Ahnung   …«
    Alexander, dachte Monika, geh mir aus der Sonne.
    »Jacek, dieser Historiker, du weißt, der, der allein in der Zwölf wohnt«   – das Schneehuhn verrieb den Rest der Creme auf den Handflächen und verbreitete ringum den Ponds-Geruch   –, »der Kumpel von dem Blonden, der den dunkelblauen Audi hatte, weißt du   …«
    Ich weiß.
    »…   der erzählt so interessant.«
    Ich weiß.
    »Von der Geschichte dieser Gegend, von Kriegen, von Völkerwanderungen, von Hexensabbaten, vom Kult irgendwelcher Dämonen, von Ausgrabungen, ich sag dir,Monika, man kann stundenlang zuhören. Weißt du, dass er mich nach dir gefragt hat?«
    »Wer?« Monika hob den Kopf.
    »Jacek. Dieser Historiker.«
    »Nach mir?«
    »Nach dir. Wo du herkommst, wo du arbeitest. Er hat ein Auge auf dich geworfen, Monika. Hast Glück. Das ist ein schrecklich prima Kerl.«
    O Gott.
    »Tu nicht so, als hättest du nicht bemerkt, wie er dich anschaut. Was, Monika?«
    Hab ich, hab ich.
    »Nein, Elka. Ich habe nichts bemerkt.«
    »Ich kann wirklich nicht mit dir reden«, schmollte das Schneehuhn. »Was hast du denn, Mädel? Du siehst elend aus, weißt du das? Oder hast du vielleicht deine Tage? Oje, entschuldige, zieh nicht so ein Gesicht. Ich bin gleich weg. Wir sind in einer halben Stunde verabredet, ich gehe hin. Wir kommen zum Mittag wieder. Oder zum Abendessen. Tschüss.«
    »Tschüss, Elka.«
    Zwischen den Ästen einer Krüppelkiefer hatte eine Spinne ein Netz gewebt, eine regelmäßige, präzise Arbeit. Das Schöne in der Natur, dachte Monika, hat einen Zweck, es ist keine rein ästhetische Schönheit. Es hat einen Zweck, selbst wenn der Zweck das Töten ist.
    Auf der Buchseite landete ein Marienkäfer. Monika schüttelte ihn ab. »Flieg zum Himmel«, sagte sie halblaut.
    Der Käfer fiel nicht zu Boden, er breitete im Fluge unelegant die Flügelchen aus, stieg empor   – geradewegs in die Mitte des Spinnennetzes.
    Die Spinne, eine große Kreuzspinne mit dickem Hinterleib, sprang aus ihrem Versteck in einem zusammengerollten, von einem Kokon umsponnenen Blatt. DerMarienkäfer zerriss mit dem Druck seines Chitinpanzers ohne Eile die Fäden. Noch ein Augenblick und er fällt herab, dachte Monika.
    Doch die Spinne war schneller.
    Lauf weg, dachte Monika mit zusammengebissenen Zähnen. Lauf weg, Spinne. Los!
    Die Spinne machte auf den Fäden kehrt, verschwand blitzschnell in dem zusammengerollten Blatt.
    Ich habe sie erschreckt, dachte Monika verwundert. Unsinn, dachte sie gleich darauf, die Spinne mag ganz offensichtlich keine roten Käfer, die in Chitinpanzer gehüllt sind. Sie zieht weiche und saftige Fliegen vor. Das ist sonnenklar.
    Sie zuckte zusammen, als sie unmittelbar hinter sich Schritte hörte.
    »Guten Tag, Monika.«
    »Guten Tag, Jacek.«
    O Gott.
    »Wie üblich mit der Nase in einem Buch? Monika, ich mache dich darauf aufmerksam, dass das Ferien sind. Eine Erscheinung, die einmal im Jahr auftritt und leider so schnell vorübergeht. Wirklich, es ist schade um jede Minute. Monika.«
    »Ja, Jacek.«
    »Das Schneehuhn hat mir gesagt, dass du nicht mit uns an den Fluss fahren willst. Du sollst den Vorschlag abgelehnt und gnadenlos verworfen haben. Das betrübt mich besonders, denn es war mein Vorschlag. Ich bin also gekommen, um den Fehler zu korrigieren, der darin bestand, das Schneehuhn als Vermittlerin zu benutzen. Ich hätte dich selbst fragen sollen. Schon lange.«
    Geh bitte. Ich fühle mich schlecht, wenn du so dastehst und mich anschaust. Ich will

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