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Etwas Endet, Etwas Beginnt

Etwas Endet, Etwas Beginnt

Titel: Etwas Endet, Etwas Beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Stube geht, nach draußen geht, soll jemand gleich nach ihr hinausgehen und aufpassen   …«
    »Dann merken sie es gleich«, murmelte Abiram Thorpe.
    »Das ist es ja, dass sie es merken und Angst kriegen. Dass sie kalte Füße kriegen. Dann erschrickt vielleicht auch die Hexe, und wenn sie zu fliehen versucht, schnappt Ishmael sie.«
    »Wirklich«, wiederholte Corwin, »der Geistliche ist an Euch verschwendet.«
    »Ishmael, in den Stall. Mr.   Stoughton und der Junge sollen sich als Erste in der Siedlung umsehen. Aber nicht zu lange, damit es nicht auffällt. Kommt gleich wieder zurück.«
    »Schneller als gleich«, murrte der Zimmermann. »Aus der Stube riecht es nach Essen, dass sich einem die Därme zusammenkrampfen. Und da schicken sie einen auf Kundschaft. Komm, Junge.«
    Mitten auf dem ausgefahrenen Weg spielten drei Kinder, drei Mädchen. Zwei versuchten, einem Hund ein Bänderhäubchen aufzusetzen. Die dritte, es war VerityClarke, trieb mit einem Stock ein seltsames, aus vielen Rädern zusammengesetztes Spielzeug voran. Sie bemerkte die Männer, winkte. Adam Stoughton winkte mit einem schiefen, gezwungenen Lächeln zurück.
    »Zum Teufel mit diesem John Maddox«, murmelte er. »Wie stellt der sich das mit dem Spionieren vor? Sollen wir diesen Weibsbildern in die Alkoven schauen, in die Kommoden?«
    Jason schluckte. »Der Reverend hat gesagt, wir sollen auf die Fenster achten. Und dort, wo die grünen Fensterladen sind, hat sich die Gardine bewegt   … Ich hab’s gesehen   …«
    »Sie beobachten uns.«
    In der Tat, sie wurden beobachtet, und das nicht nur heimlich, hinter der Gardine hervor, sondern auch auf so offensichtliche Weise, dass es ostentativ war. Zwei Mädchen, keine davon älter als Jason, betrachteten sie aufmerksam hinter einem Zaun hervor, wobei sie keineswegs versuchten, sich hinter den dort wachsenden Malven zu verstecken. Eins von den Mädchen hatte dunkle, das andere helle Haare. Beide waren sehr hübsch. Jason spürte, wie er rot wurde. Er wandte den Kopf ab. Auf der anderen Seite des Weges, auf einer mit Kräuterbündeln geschmückten Veranda, saß auf einer Bank eine junge, aber recht korpulente Frau, die Pfeife rauchte. Auch sie winkte ihnen mit einem fröhlichen Lächeln. Doch diesmal winkte der Zimmermann nicht zurück.
    »Sonderbare Weiber«, murmelte er, »trifft man in diesen Waldsiedlungen.«
    »Mr.   Stoughton?«
    »Was ist?«
    »Der Pastor hat gesagt, das sind Anto…mianer   …«
    »Antinomianer. Wie Anne Hutchinson. Und Mary Dyer, die sie im Jahr sechzig in Boston erhängt haben.Beide haben verbreitet, dass man die göttlichen Gebote und die Gesetze gar nicht unbedingt einzuhalten brauche. Sie hatten eine Menge Anhänger, denn es gibt nicht wenige Leute, wie du dir selber denken kannst, denen so eine Freiheit sehr lieb ist, dass jeder tun und lassen dürfe, was und wie er will.«
    »Der Reverend hat auch gesagt«   – Jason schaute über die Schulter nach der fröhlichen Frau mit der Pfeife zurück   –, »dass es Quäker sein könnten. Abtrünnige. Aber wenn   … Mr.   Stoughton, wenn   …«
    »Wenn was?«
    »Wenn das Hexen sind? Lauter Hexen? Eine ganze Siedlung voll Hexen?«
    »Sei nicht dumm, Junge.«
    »Diese Männer, die waren wie verzaubert   … Dieses Gerippe im Wald   … Mr.   Stoughton? In Salem waren doch   …«
    »Sei nicht dumm, habe ich gesagt. Komm, wir gehen zurück. Ich halt’s nicht aus, wie lecker dieses Essen riecht.«
    Die beiden jungen Mädchen hinter dem Zaun mit den Malven, die Schwarze und die Blonde, begleiteten sie mit Blicken. Ihre Augen aber funkelten feurig, aufdringlich. Schamlos. Gefährlich. Jason Rivet wandte den Kopf ab. Doch er spürte, wie sich unter ihrem Blick seine Nackenhaare sträubten.
     
    Das lecker duftende Essen erwies sich als Mais mit Bohnen, serviert in großen Schüsseln, dazu große Brotkanten mit dunkelbrauner, aufgesprungener Kruste und Töpfchen mit Ahornsirup. Jason und der Zimmermann aßen schnell und hastig. Constable Corwin und Abiram Thorpe nutzten die Gelegenheit und nahmen sich, um ihnen Gesellschaft zu leisten, eine zweite Portion. OnkelWilliam schob den Teller fort und steckte sich einen Tabakpriem in den Mund. Reverend Maddox quasselte.
    Die jungen Frauen, die die Speisen serviert hatten, verschwanden aus der Stube. Zusammen mit ihnen verschwanden auch Faith Clarke, die Mutter der kleinen Verity, und Frances Flowers. Jason verscheuchte den Gedanken, der ihn erröten und im Schritt

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