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Etwas Endet, Etwas Beginnt

Etwas Endet, Etwas Beginnt

Titel: Etwas Endet, Etwas Beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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nicht den Familiennamen ihres Mannes.«
    »Warum sollte sie?«
    Corwin verstummte. Aber nur für einen Moment.
    »Und dein Vater? Welchen Namen hat er?«
    »Papa ist tot.«
    Am Fluss, auf einer mit Federn übersäten Wiese, weideten Gänse. Hinter der Wiese, im Schatten von Ahornbäumen, erblickten sie einen Friedhof, umfasst von einer niedrigen Steinmauer. Es gab viele Gräber. Das fiel ins Auge.
    Ganz am Rande der Siedlung, gleich hinter dem grünen Saum von Gärten, wurde ein großes Gebäude errichtet, das sich schon mit der noch offenen, blendend weißen Struktur von Balken und Dachsparren andeutete. Dort arbeiteten ein paar Männer, an die Ohren drang Hammerschlag. Beinahe unter den Hufen von Pastor Maddox’ Pferd schoss ein rötlicher Kater hervor, lief zu den Zäunen.
    »Ist es wahr«, ließ sich Verity Clarke plötzlich vernehmen, »dass es in den Städten Maschinen gibt?«
    »Was für Maschinen?«
    »Solche, die manche Sachen von selber machen. Und Räder haben.«
    »Wie Göpel? Dreschmaschinen? Wassermühlen?«
    »Genau. Und verschiedene Wagen, die auf den Straßen fahren. Gibt es das?«
    »Ja.«
    »Och. Das ist schön.«
    »Und wie«   – Reverend Maddox wandte sich plötzlich im Sattel um, durchbohrte das Mädchen mit einem Blick, der eines Falken würdig gewesen wäre   – »geht es Janet Hargraves?«
    »Wem?«
    »Janet Hargraves. Der fremden Frau, die zu euch gekommen ist   … vor kurzem. Mit dem kranken Bein. Ist sie gesund? Tut ihr das Bein immer noch weh?«
    Das Mädchen schaute ihn an, die Augen weit aufgerissen und den Mund noch weiter. Entweder ist sie so helle, dachte Jason Rivet, oder sie weiß wirklich nichts, hat nichts gesehen; der schlaue Trick des Reverends ist fehlgeschlagen.
    Maddox musste zu einem ähnlichen Schluss gekommen sein, denn er trieb das Pferd an und würdigte das Mädchen keines Blickes mehr. Verity Clarke seufzte laut. Sie ging gleich neben Jasons Pferd, hüpfte und summte vor sich hin.
    Sie waren schon so nahe an dem im Bau befindlichen Haus, dass sich zum Hammerschlag symphonisch der Gesang von Sägen gesellte und der Luftzug den scharfen Terpentingeruch frisch geschnittenen Kiefernholzes herantrug. Sie sahen schon die Zimmerleute, es waren ihrer sechs. Adam Stoughton musterte die Arbeit mit fachmännischem Blick.
    »Gute Arbeit«, beschied er knapp. »Sie machen das gut.«
    »Man sieht’s.«
    Angesichts der Abteilung unterbrachen die Zimmerleute die Arbeit, und Jason Rivet seufzte vor Verwunderung. Wenn der Verstand nicht die Möglichkeit bestritten hätte, hätte er schwören mögen, dass es die Holzfäller waren, die sie unlängst getroffen hatten, dieselben, durchein Wunder hierherversetzt. Denn die Zimmerleute waren ebenso hellhaarig, hatten die gleichen sonderbaren Gesichtszüge ohne Brauen und Wimpern. Und ebensolche gleichgültigen, leer blickenden Augen, in denen man vergeblich irgendeine Reaktion gesucht hätte.
    »Seid gegrüßt. Wir kommen aus Watertown. Wir stehen auf Seiten von König und Gesetz   …«
    Maddox stockte. Wie die anderen hatte er erfasst, dass Reden sinnlos war.
    »Mit denen«   – Verity Clarke bestätigte mit volltönendem Stimmchen das Offensichtliche   –, »mit denen kann man nicht reden. Hab keine Angst vor ihnen, Adrian van Rijssel. Sie werden dir nichts tun. Geh wieder an die Arbeit.«
    »
Tot Uw dienst, juffrouw

    Sie kamen zwischen die Gebäude. Und erblickten sogleich diejenigen, die sie auf der Veranda eines der Häuser erwarteten.
    Eine der Frauen war die ihnen schon bekannte Frances Flowers. Die Ähnlichkeit der zweiten, älteren, mit der kleinen Verity war nicht zu übersehen, das war unzweifelhaft ihre Mutter. Die dritte Frau war hochgewachsen und hager, ihre Knochen zeichneten sich deutlich unter der wächsernen Haut des Gesichts ab, und unter der Kappe ragten graue Haarsträhnen hervor. Die vierte Frau, ungewöhnlich schön, hatte Haare, schwarz und glänzend wie Rabenfedern, und Lippen rot wie Blut. In dem bescheidenen Jäckchen, dem einfachen Baumwollrock und der weißen Schürze sah sie besser und attraktiver aus als die Frau des Gouverneurs der Kolonie in Atlas und Seide. Doch am sehenswertesten war die fünfte.
    Die fünfte Frau, die in einem Schaukelstuhl mit hoher geschnitzter Lehne saß, hatte es in Sachen Alter und Beleibtheit schon weit gebracht. Sie trug einen schwarzenHut mit einer Schnalle und eine kurze Pelerine. Ihre Augen waren von einem zarten Grün, so hell, dass sie keine Iris zu haben

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