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Etwas Endet, Etwas Beginnt

Etwas Endet, Etwas Beginnt

Titel: Etwas Endet, Etwas Beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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mutig, gierig, ungeduldig. Aber wehrlos und machtlos in meinen Armen musste sie sich meiner ruhigen, vorsichtigen, maßvollen Liebe unterwerfen. Meiner.So, wie ich es wollte. So, wie ich es für sie wollte. Denn in jener Liebe, die sie mir aufzudrängen versuchte, spürte ich Angst, Aufopferung und Entsagung, doch ich wollte nicht, dass sie sich fürchtete, dass sie für mich was auch immer opferte, dass sie irgendetwas entsagte. Und ich bekam meinen Willen.
    So kam es mir jedenfalls vor.
    Ich fühlte, wie das Schloss im langsamen Rhythmus der Wellen bebte, die gegen den Fels schlugen.
    »Branwen   …«
    Sie schmiegte sich an mich, heiß, und ihr Schweiß roch nach nassen Federn.
    »Morholt   … Es ist gut   …«
    »Was, Branwen?«
    »Es ist gut zu leben.«
    Lange schwiegen wir. Und dann stellte ich die Frage. Diejenige, die ich nicht stellen sollte.
    »Branwen   … Wird sie   … Wird Iseult aus Tintagil kommen?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Du weißt nicht? Du? Ihre Vertraute? Diejenige, die   …«
    Ich verstummte. Beim Lugh, was bin ich doch für ein Idiot, dachte ich. Was für ein Volltrottel.
    »Gräm dich nicht«, sagte sie. »Frag mich danach.«
    »Wonach?«
    »Nach der Hochzeitsnacht von Iseult und König Marke.«
    »Ach, danach. Stell dir vor, das interessiert mich nicht.«
    »Ich denke, du lügst.«
    Ich antwortete nicht. Sie hatte recht.
    »Es war so, wie es die Balladen erzählen«, sagte sie leise. »Ich tauschte rasch mit Iseult den Platz in Markes Bett, sobald die Kerzen erloschen. Ich weiß nicht, ob daswirklich notwendig war. Marke war so bezaubert von der Goldhaarigen, dass er das Fehlen ihrer Jungfernschaft ohne Vorwürfe hingenommen hätte. So kleinlich war er nicht. Aber es geschah so, wie es geschah. Den Ausschlag gaben meine Gewissensbisse wegen dessen, was auf dem Schiff vorgefallen war. Ich meinte an allem schuld zu sein, ich und dieser Trank, den ich ihnen gegeben hatte. Ich hatte mir eine Schuld eingeredet und wollte sie bezahlen. Erst später stellte sich heraus, dass Iseult und Tristan schon in Átha Clíath miteinander geschlafen hatten. Dass mich keinerlei Schuld traf.«
    »Lass gut sein, Branwen. Spar dir die Einzelheiten.«
    »Nein. Hör es dir bis zu Ende an. Höre, wovon die Balladen schweigen. Iseult hatte mir befohlen, dass ich sofort, nachdem ich meine Jungfräulichkeit bewiesen hatte, aus dem Bett huschte und wir zum zweiten Mal die Plätze tauschten. Vielleicht fürchtete sie, entlarvt zu werden, vielleicht wollte sie einfach nicht, dass ich mich zu sehr an den König gewöhnte, wer weiß. Sie war mit Tristan im Nebenzimmer, beide sehr miteinander beschäftigt. Sie löste sich aus seinen Armen und ging zu dem Mann aus Cornwall, nackt wie sie war, ohne auch nur das Haar zu ordnen. Und ich blieb nackt   … bei Tristan. Bis zum Morgen. Ich weiß selber nicht, wie und warum.«
    Ich schwieg.
    »Das ist nicht das Ende«, sagte sie und wandte den Kopf zum Kaminfeuer. »Dann kamen die Flitterwochen, in denen Marke keinen Schritt von Iseults Seite wich. Notgedrungen konnte sich Tristan ihr nicht nähern. Wohl aber mir. Ohne mich in Einzelheiten zu ergehen: In diesen paar Monaten liebte ich ihn. Auf Leben und Tod. Ich weiß, dass du dich wunderst. Ja, es stimmt, uns verband ausschließlich das Bett, in dem Tristan übrigens, wie fürmich sogar damals schon offensichtlich war, seine Liebe zu Iseult zu betäuben versuchte, den Neid auf Marke, das Schuldgefühl. Mich behandelte er als Mittel zum Zweck. Dass ich es wusste, half mir überhaupt nicht.«
    »Branwen   …«
    »Geduld. Das ist noch nicht das Ende. Die Flitterwochen gingen vorüber. Marke wandte sich wieder den üblichen königlichen Beschäftigungen zu, und Iseult bekam zahlreiche Gelegenheiten. Tristan aber   … Tristan nahm mich überhaupt nicht mehr zu Kenntnis. Mehr noch, er begann mir aus dem Weg zu gehen. Ich aber war wahnsinnig vor Liebe.«
    Sie verstummte, suchte unter den Pelzen meine Hand, drückte die Finger.
    »Ich unternahm etliche Versuche, ihn zu vergessen«, sagte sie, den Blick starr zur Decke gerichtet. »In Tintagil gab es reichlich junge und unkomplizierte Ritter. Es gelang mir nicht. Eines Morgens also fuhr ich mit dem Boot aufs Meer. Als ich schon ziemlich weit vom Ufer entfernt war, sprang ich hinaus.«
    »Branwen«, sagte ich und umarmte sie kräftig, um mit dem Druck ihr Zittern zum Stillstand zu bringen. »Das ist vergangen. Vergiss es. Du bist wie viele andere in den Strudel ihrer Liebe

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