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Etwas Endet, Etwas Beginnt

Etwas Endet, Etwas Beginnt

Titel: Etwas Endet, Etwas Beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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gewordenen Hefte bei einem Sammler besorgt.
    Denjenigen, die das tatsächlich tun werden, muss ich noch etwas erklären. Auf den Gedanken mit dem Krahling, einem Humanoiden mit großen roten Augen, hat mich das Titelbild eines S F-Buches gebracht, das ich in einer Berliner Buchhandlung gesehen habe   – dort kam just so ein groß- und rotäugiger Außerirdischer vor. An den Titel des Buches erinnere ich mich nicht, es stammte aber zweifellos aus dem Heyne Verlag, der für die kunst- und geschmackvolle Gestaltung seiner Titelbilder berühmt war. In dem besagten Comic hat der Zeichner, Bogusław Polch, den Krahlingen außer meinen roten Augen auch noch reptilhafte Gestalt und Physiognomie verpasst, sogar grüne Schuppen. Das ist jedoch seine eigene dichterische Freiheit als Zeichner.

Zum Abschluss noch eines: Als der »Weg« in der
Fantastyka
erschien, erlaubte sich der hier schon vielfach erwähnte Maciej Parowski gewisse redaktionelle Korrekturen, ohne diese mit dem Autor abzusprechen   – wer sollte mit einem Debütanten schon große Umstände machen. Dem Radiergummi des Redakteurs fielen vor allem Wendungen zum Opfer, die in Fantasy nicht benutzt werden dürfen, denn »damals wurde nicht so gesprochen«. Beim Durchlesen der in der
Fantastyka
abgedruckten Erzählung bemerkte ich also mit einiger Verwunderung, dass aus »Arroganz« »Hochmut« geworden war, aus »Intelligenz« »Klugheit« usw. Da ich entschieden für die Theorie eintrete, dass Fantasy in keinem »Damals« spielt und dass sowohl eine altertümelnde wie auch eine besonders stilisierte Sprache verfehlt sind, habe ich aus der Version, die Sie sogleich lesen werden, Parowskis Korrekturen eliminiert und bin zu meinem ursprünglichen Typoskript zurückgekehrt. Sie haben also eine Version vor sich, die die Angelsachsen als
unabridged
bezeichnen. Ich überlasse es Ihrem Urteil, ob der Text dadurch gewonnen oder verloren hat.
    Der Weg, von dem niemand zurückkehrt
    I
    D er Vogel mit dem bunten Gefieder, der auf Visennas Schulter saß, begann zu schreien, flatterte mit den Flügeln, stieg schwirrend auf und glitt ins Gebüsch. Visenna zügelte das Pferd, lauschte einen Moment lang, dann ritt sie vorsichtig den Waldweg entlang.
    Der Mann schien zu schlafen. Er saß mit dem Rücken an den Pfahl gelehnt, der mitten auf einer Wegkreuzung stand. Näher herangekommen, sah Visenna, dass seine Augen offen waren. Schon vorher hatte sie bemerkt, dass er verwundet war. Der provisorische Verband, der die linke Schulter und den Oberarm bedeckte, war von Blut durchtränkt, das sich noch nicht schwarz gefärbt hatte.
    »Grüß dich, junger Mann«, ließ sich der Verwundete vernehmen und spuckte einen langen Grashalm aus. »Wohin reitest du, wenn man fragen darf?«
    Visenna gefiel dieses »junger Mann« nicht. Sie warf die Kapuze zurück.
    »Fragen darf man«, erwiderte sie, »aber man sollte seine Neugier begründen.«
    »Verzeiht, Dame«, sagte der Mann und kniff die Augen zusammen. »Ihr tragt Männerkleidung. Und was die Neugier betrifft, so ist sie begründet, und wie! Das ist einungewöhnlicher Kreuzweg. Mir ist hier ein interessantes Abenteuer widerfahren   …«
    »Ich sehe«, fiel ihm Visenna ins Wort und betrachtete die reglose, unnatürlich gekrümmte Gestalt, die halb im Gebüsch verborgen lag, höchstens zehn Schritt von dem Pfahl entfernt.
    Der Mann schaute in dieselbe Richtung. Dann trafen sich ihre Blicke. Visenna tat so, als streife sie sich die Haare zurück, und berührte das Diadem, das unter dem Stirnband aus Schlangenhaut verborgen war.
    »Ach ja«, sagte der Verwundete ruhig. »Dort liegt eine Leiche. Ihr habt einen raschen Blick. Sicherlich haltet Ihr mich für einen Räuber. Habe ich recht?«
    »Hast du nicht«, sagte Visenna, ohne die Hand von dem Diadem zu nehmen.
    »Ach   …«, stöhnte der Mann. »Ja. Na   …«
    »Deine Wunde blutet.«
    »Die meisten Wunden haben diese sonderbare Eigenschaft.« Der Verwundete lächelte. Er hatte hübsche Zähne.
    »Unter einem Verband, der nur mit einer Hand angelegt worden ist, wird sie lange bluten.«
    »Würdet Ihr mich wohl mit Eurer Hilfe beehren?«
    Visenna sprang vom Pferd, zog dabei mit dem Absatz eine Spur in den weichen Boden.
    »Ich heiße Visenna«, sagte sie. »Ich pflege niemanden zu beehren. Außerdem kann ich es nicht leiden, wenn mich jemand in der Mehrzahl anspricht. Mit deiner Wunde werde ich mich befassen. Kannst du aufstehen?«
    »Ja. Muss ich denn?«
    »Nein.«
    »Visenna«,

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