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Etwas Endet, Etwas Beginnt

Etwas Endet, Etwas Beginnt

Titel: Etwas Endet, Etwas Beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Leichen, vom Herumtrampeln auf den Gefühlen anderer Menschen, von der ihnen angetanen Kränkung. Was sagst du dazu, Branwen? Willst du dich uns in den Weg stellen, den Kämpfern für die Wahrheit? Ich wiederhole, geh uns aus dem Weg. Gegen dich haben wir nichts. Wir wollen dich nicht vernichten, wozu auch? Du hast deine Rolle gespielt, die nicht besonders ruhmreich ist, du kannst fortgehen, zurück an die Küste. Dort wartet man auf dich. Dasselbe gilt für dich, Ritter   … Wie lautet dein Name?«
    Ich schaute auf ihre Augen und Hände, und ich dachte, dass der alte Hwyrddyddwg keine besonders originelle Entdeckung gemacht hatte. Ja, in der Tat, Augen und Hände verrieten, was sie vorhatten. Denn in ihren Blicken lagen Grausamkeit und Entschlossenheit, und in den Händen hielten sie Schwerter. Ich aber hatte mein Schwert nicht bei mir, jenes, das ich Iseult Weißhand zu Diensten geboten hatte. Na und, dachte ich, was hilft’s. Letzten Endes, was ist das schon, im Kampfe umzukommen? Ist es etwa das erste Mal für mich?
    Ich bin Morholt! Der, der die
Entscheidung
ist.
    »Dein Name«, wiederholte Mariadoc.
    »Tristan«, sagte ich.
    Der Kaplan erschien wer weiß woher, tauchte wie ein Puck aus der Erde auf. Vor Anstrengung ächzend, warf er mir durch den Saal ein großes, beidhändiges Schwert zu. Mariadoc sprang auf mich zu, hob das seine zum Schlag. Eine Zeitlang waren beide Schwerter oben   – das von Mariadoc und das, das in meine ausgestreckten Hände flog. Es schien so, als könnte ich nicht schneller sein. Doch ich war es.
    Ich versetzte ihm einen Hieb unter die Brust, mit ganzer Kraft, aus der Halbdrehung heraus, und die Schneide fuhr schräg just die Linie entlang, die die Farben auf seinem Wappen trennte. Ich drehte mich zur anderen Seite, senkte das Schwert, und Mariadoc rutschte von der Klinge vor die Füße der drei anderen, die auf mich zuliefen. Anoeth stolperte über den Körper, und ich konnte ihm ohne Hindernisse den Kopf einschlagen. Was ich auch tat.
    Gwydolwyn und Deheu stürzten sich von zwei Seiten auf mich; ich warf mich zwischen sie, wirbelte wie ein Kreisel mit ausgestrecktem Schwert herum. Sie mussten zurückspringen, ihre Breitschwerter waren einen guten Fuß kürzer. Ich ließ mich auf ein Knie sinken und schlug Gwydolwyn gegen den Schenkel; ich fühlte, wie die Schneide über den Knochen knirschte und ihn zermalmte. Deheu drang von der Seite her auf mich ein, schlug nach mir, rutschte aber im Blut aus, stürzte auf ein Knie. In seinen Augen standen Entsetzen und Bitte, doch ich fand in mir kein Erbarmen. Ich suchte nicht einmal danach. Ein Stich mit einem beidhändigen Schwert aus der Nähe ist nicht zu parieren. Wenn man nicht wegspringen kann, dringt die Klinge zu zwei Dritteln ein, bis zu den eisernen Zinken, die eigens an ihr angebracht sind. Was sie auch tat.
    Ob ihr es glaubt oder nicht, keiner von ihnen hatte auch nur geschrien. Ich aber   … Ich fühlte in mir nichts. Absolut nichts.
    Ich warf das Schwert auf den Boden.
    »Morholt!« Branwen kam gelaufen, presste sich an mich, zitternd vor langsam abklingendem Entsetzen.
    »Schon gut, Mädchen, es ist vorbei«, sagte ich und strich ihr übers Haar, blickte aber zu dem Kaplan hin, der bei dem sterbenden Gwydolwyn kniete.
    »Ich danke dir, Pfaffe, für dieses Schwert.«
    Der Kaplan hob den Kopf und blickte mir in die Augen. Wo kam er her? War er schon die ganze Zeit hier? Und wenn er die ganze Zeit hier war   … wer war er? Wer war er, zum Teufel?
    »Es liegt alles in Gottes Hand«, sagte er, worauf er sich wieder über Gwydolwyn beugte. »
Et lux perpetua luceat ei   …«
    Trotzdem überzeugte er mich nicht. Weder mit der ersten noch mit der zweiten Behauptung. Letzten Endes war kein anderer als ich Morholt. Ich war die
Entscheidung
. Und das ewige Licht? Ich wusste, wie dieses Licht aussieht. Ich wusste es besser als er.
    XIV
    Später fanden wir Iseult.
    Im Bad, das Gesicht an die Holzverschalung geschmiegt. Die reinliche, pedantische Iseult Weißhand konnte das nirgendwo anders tun als hier auf dem Steinfußboden neben der Abflussrinne. Jetzt glänzte diese Rinne in ihrer ganzen Länge von dunklem, geronnenem Rot.
    Sie hatte sich die Adern an beiden Armen aufgeschnitten. Geschickt, so dass sie nicht zu retten gewesen wäre, selbst wenn wir sie früher gefunden hätten. Den ganzen Unterarm entlang, auf der Innenseite. Und zusätzlich quer, an den Handgelenken. Über Kreuz.
    Ihre Hände waren noch weißer als sonst.
    Und

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