Etwas Endet, Etwas Beginnt
– aus Langeweile, aus Übermut!«, schrie der Schmied. »Ihr habt ihn gesehen, den Burggrafen! Wofür bezahlen wir dem Mistkerl eigentlich den Zins?«
Er riss die Stange aus der Glut, dass die Funken sprühten, fuchtelte mit ihr in der Luft herum. Zapf sprang beiseite. Niklas packte den Hammer, schlug zu, einmal, zweimal, dreimal. »Wie der Burggraf meinen Jungen weggejagt hat, habe ich ihn zum dortigen Kreis geschickt, dass er um Hilfe bittet. Zu den Druiden.«
»Zu den Zauberern?«, fragte der Stellmacher ungläubig. »Niklas?«
»Zu denen. Aber der Junge ist noch nicht zurückgekommen.«
Radim schüttelte den Kopf, stand auf, zog die Hose zurecht. »Ich weiß nicht, Niklas, ich weiß nicht. Das ist mir zu hoch. Aber es läuft auch so auf dasselbe hinaus. Wir müssen warten. Bringt die Arbeit zu Ende, gleich wird man kommen, ich muss …«
Draußen vor der Schmiede wieherte ein Pferd.
Der Schmied erstarrte, den Hammer überm Amboss erhoben. Der Stellmacher begann mit den Zähnen zu klappern, wurde bleich. Niklas bemerkte, dass ihm die Hände zitterten; er wischte sie unwillkürlich an der Lederschürze ab. Es half nicht. Er schluckte und ging zur Türöffnung, in der sich deutlich die Silhouetten von Reitern abzeichneten. Radim und Zapf folgten ihm, hielten sich sehr dicht hinter ihm. Als er hinausging, lehnte der Schmied die Stange neben der Tür an die Wand.
Er sah sechs Leute, alle beritten, in mit Eisenplättchen besetzten Steppwesten, Kettenhemden, Lederhelmen mit stählernem Nasenschutz, der als gerader Strich von Metallzwischen den riesigen rubinroten Augen verlief, welche das halbe Gesicht einnahmen. Sie saßen auf den Pferden, ohne sich zu rühren, wie achtlos. Niklas, der den Blick von einem zum anderen schweifen ließ, sah ihre Waffen: kurze Spieße mit breiter Schneide. Schwerter mit sonderbar geschmiedeter Parierstange. Breitäxte. Gezähnte Gläfen.
Gegenüber dem Eingang zur Schmiede standen zwei. Ein hochgewachsener Krahling auf einem Grauschimmel, der eine grüne Kuvertüre trug, ein Sonnenzeichen auf dem Helm. Und der andere …
»Mutter«, flüsterte Zapf hinterm Rücken des Schmiedes. Und begann zu schluchzen.
Der andere Reiter war ein Mensch. Er trug einen dunklen Krahlingsmantel, doch unter dem schnabelförmigen Helm hervor schauten sie blassblaue – keine roten – Augen an. Im Blick dieser Augen lag so viel kalte, gleichgültige Grausamkeit, dass Niklas von einer entsetzlichen Furcht durchzuckt wurde, die kalt in die Eingeweide kroch, Übelkeit erregte, als Kribbeln in die Hinterbacken fuhr. Es war immer noch still. Der Schmied hörte die Fliegen summen, die über dem Misthaufen hinter dem Zaun schwärmten.
Der Mensch mit dem schnabelförmigen Helm sprach als Erster. »Wer von euch ist der Schmied?«
Die Frage war sinnlos, die Lederschürze und seine Statur verrieten Niklas auf den ersten Blick. Der Schmied schwieg. Aus dem Augenwinkel nahm er eine kurze Geste wahr, die der Blassäugige zu einem der Krahlinge hin machte. Der Krahling beugte sich im Sattel vor und schlug weit ausholend mit der Gläfe zu, die er in der Mitte des Schaftes hielt. Niklas krümmte sich zusammen, deckte reflexhaft Kopf und Schultern. Der Hieb galt jedoch nicht ihm. Die breite Klinge traf Zapf am Halse und drang schräg ein, tief, zerschmetterte ein Schlüsselbeinund Wirbel. Der junge Mann stürzte rücklings gegen die Wand der Schmiede, taumelte an den Türpfosten und fiel unmittelbar beim Eingang zu Boden.
»Ich habe etwas gefragt«, erinnerte der Mann mit dem schnabelförmigen Helm, ohne den Blick von Niklas zu wenden. Mit der Hand im Handschuh berührte er die neben dem Sattel hängende Axt. Die beiden Krahlinge, die am weitesten entfernt standen, schlugen Feuer, zündeten Pechfackeln an, gaben sie an die anderen weiter. Ruhig, ohne Eile, im Schritt umringten sie die Schmiede, hielten die Fackeln ans Strohdach.
Radim hielt es nicht aus. Er schlug die Hände vors Gesicht, begann zu schluchzen und rannte geradewegs nach vorn, zwischen zwei Pferde. Als er auf Höhe eines hochgewachsenen Krahlings war, rammte der ihm mit Schwung einen Spieß in den Bauch. Der Stellmacher heulte auf, fiel, zuckte zweimal krampfhaft und breitete die Beine aus. Er bewegte sich nicht mehr.
»Na, was ist, Niklas, oder wie du heißt«, sagte der Blassäugige. »Du bist allein geblieben. Und wozu das Ganze? Die Leute aufwiegeln, irgendwohin um Hilfe schicken? Und dabei denken, wir erfahren es nicht? Dumm bist
Weitere Kostenlose Bücher