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Eugénie Grandet (German Edition)

Eugénie Grandet (German Edition)

Titel: Eugénie Grandet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Kabinetts sitzen. Er zerrte alle Decken an sich, die man über ihn legte, rollte sie zusammen und sagte zu Nanon: ›Hier, schließ weg, schließe alles weg, damit man mich nicht bestiehlt.‹
    Wenn es ihm möglich war, die Augen zu öffnen, in die seine ganze Lebenskraft sich konzentriert zu haben schien, so heftete er sie sofort auf die Tür des Kabinetts, darin seine Schätze ruhten und sagte zu seiner Tochter: ›Sind sie da? Sind sie da?‹ mit einer Stimme, in der eine namenlose Angst zitterte.
    ›Ja, mein Vater.‹
    ›Hüte das Gold!... Bring mir etwas Gold her!‹
    Eugénie breitete auf einem Tisch einen Haufen Goldstücke aus, und da saß er nun stundenlang, den Blick auf das Gold geheftet, wie ein Kind, wenn es zu sehen beginnt, mit blödem Ausdruck irgendeinen Gegenstand anstarrt; und ein gedankenloses Lächeln, wie bei einem Kinde, spielte um seine Lippen. ›Das stärkt mich!‹ sagte er dann mit glückseligem Ausdruck.
    Als der Pfarrer kam, um ihm die letzte Ölung zu erteilen, belebten sich seine schon stundenlang fast blinden Augen beim Anblick des Kreuzes, der Kerzen, des silbernen Weinkessels, den er starr anstierte, und sein Nasengewächs wakkelte zum letztenmal. Als der Priester das vergoldete Kruzifix an seine Lippen brachte, damit er das Bild Christi küsse, machte er eine wütende Anstrengung, um es an sich zu reißen, und das kostete ihm das Leben. Er rief Eugénie, die er nicht gewahrte, obgleich sie vor ihm kniete und seine schon erkaltete Hand mit ihren Tränen badete.
    »Mein Vater, segnen Sie mich«, bat sie.
    »Hab acht auf alles! Dort drüben wirst du mir Rechenschaft ablegen müssen«, sagte er und bewies mit diesem letzten Ausspruch, daß das Christentum auch die Religion der Geizhalse ist. –
    Eugénie Grandet sah sich also allein auf der Welt und in diesem Hause; sie hatte nun außer Nanon niemanden mehr, dem sie einen Blick zuwerfen konnte mit dem Bewußtsein, verstanden und begriffen zu werden – Nanon, das einzige Wesen, das sie um ihrer selbst willen liebte und mit der sie über ihre Kümmernisse reden konnte. Die Große Nanon war für Eugénie so etwas wie die Vorsehung; sie war eigentlich nicht mehr Magd, sondern Freundin.
    Nach dem Tode ihres Vaters erfuhr Eugénie durch Notar Cruchot, daß sie dreihunderttausend Francs Jahresrente aus ihrem Grundbesitz im Kreise Saumur besaß; ferner sechs Millionen, angelegt zu drei Prozent in Sechzigfrancspapieren, die jetzt auf siebenundsiebzig Francs standen; ferner zwei Millionen in Gold und hunderttausend Francs in Talern, ungerechnet der Außenstände. Man veranschlagte ihren Gesamtbesitz auf siebzehn Millionen.
    ›Wo bleibt nur mein Cousin?‹ fragte sie sich.
    Am Tage, da Monsieur Cruchot seiner Klientin eine klare und sachliche Aufstellung der Erbschaft überreichte, blieb Eugénie allein mit Nanon im großen Saal zur Seite des Kamins – in diesem Saal; wo alles Erinnerungen weckte, angefangen vom erhöhten Fenstersitz ihrer Mutter bis herab zum Weinglas, aus dem ihr Cousin getrunken hatte.
    »Nanon, wir sind allein!«
    »Ja, Mademoiselle; und wenn ich wüßte, wo er ist, der hübsche liebe Monsieur, ich würde hingehen und ihn wieder holen.«
    »Das Meer liegt zwischen uns«, erwiderte Eugénie.
    Während die arme Erbin also in Gemeinschaft mit ihrer alten Magd klagend in diesem kalten, düstern Haus saß, das ihr die Welt bedeutete, war von Nantes bis Orleans von nichts anderem die Rede als von den siebzehn Millionen der Mademoiselle Grandet.
    Eine ihrer ersten selbständigen Handlungen war, der alten Nanon eine lebenslängliche Rente von zwölfhundert Francs auszusetzen; da sie bereits sechshundert Francs besaß, so wurde sie nun eine reiche Partie. In weniger als einem Monat trat sie unter dem Schutze des Antoine Cornoiller, der zum Oberaufseher der Ländereien von Mademoiselle Grandet ernannt wurde, in den Stand der Ehe. Madame Cornoiller hatte vor ihren Altersgenossinnen ungeheure Vorzüge. Obgleich sie neunundfünfzig Jahre zählte, sah sie nicht älter aus als vierzig. Ihre derben Züge hatten den Stürmen der Zeit widerstanden. Dank ihres klösterlichen Lebens konnte ihre eiserne Gesundheit, ihre blühende Farbe dem Greisentum spotten. Vielleicht hatte sie nie so gut ausgesehen als an ihrem Hochzeitstage. Sie genoß die Segnungen ihrer Häßlichkeit und erschien groß, dick und stark; auf ihrem unverwüstlichen Gesicht lag ein Ausdruck des Glücks, der manchen Mann das Schicksal Cornoillers beneiden ließ.
    »Sie hat

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