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Eulen

Eulen

Titel: Eulen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiassen
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eine gute Ausrede einfallen zu lassen für den Fall, dass Lonna oder Leon ihn bemerkten, aber dann war es doch Beatrice, die zur Tür herauskam. Roy rannte so eilig auf sie zu, dass er sie fast umwarf.
    »Was war denn gestern los? Wo ist dein Bruder? Hast du heute Morgen die Zeitung gesehen? Hast du –«
    Schnell legte sie ihm eine Hand auf den Mund.
    »Ganz ruhig, Cowgirl«, sagte sie. »Wir gehen jetzt erst mal zur Haltestelle. Unterwegs können wir reden.«
    Wie Roy schon vermutet hatte, war Beatrice nicht die Treppe hinuntergefallen. Der Zahn war abgebrochen, als sie ihrer Stiefmutter einen Ring vom Zeh beißen wollte.
    Der Ring war aus einem kleinen Topaz gemacht, einem Glücksbringer, den Beatrice’ Mutter zurückgelassen hatte, als sie wegging. Lonna hatte den Stein aus Leon Leeps Sockenschublade geklaut und sich daraus einen modischen Zehenring anfertigen lassen.
    Beatrice war deswegen stinksauer gewesen.
    »Wenn mein Alter gewollt hätte, dass Lonna ihn bekommt, dann hätte er ihn ihr ja geben können«, knurrte sie.
    »Und deshalb hast du ihn ihr vom Zeh genagt? Wie das denn?« Roy staunte.
    »War gar nicht so einfach.«
    Beatrice machte ein Schimpansengesicht und zeigte auf einen spitzen Stumpf, wo vorher einer ihrer Schneidezähne gewesen war. »Der ist abgebrochen. Aber sie machen mir einen falschen, der sieht wie echt aus«, erklärte sie. »Bloß gut, dass mein Alter eine Versicherung für Zahnbehandlungen hat.«
    »War sie wach, als du das gemacht hast?«
    »Ja«, sagte Beatrice, »aber vermutlich hätte sie lieber gepennt. Jetzt erzähl mir, was heute in der Zeitung stand. Du bist ja total durch den Wind.«
    Sie stöhnte, als Roy ihr die Anzeige mit der Einladung zu Mama Paulas Feier zeigte. »Als ob die Welt nichts dringender bräuchte …«
    »Wo ist dein Bruder?«, fragte Roy. »Meinst du, er weiß das schon?«
    Beatrice sagte, sie habe Fischfinger seit Sonntag nicht mehr gesehen. »Und da war bei uns die Kacke am Dampfen. Mein Bruder hatte sich in der Garage versteckt und auf mich gewartet. Ich wollte ihm ein paar frische Hemden bringen. Prompt kam mein Dad, um sich ’ne neue Palette Bier zu holen. Die beiden standen da und haben sich ganz freundlich unterhalten, aber in dem Moment ist Lonna reingekommen und hat eine Riesenszene gemacht.«
    »Und was war dann?«, fragte Roy.
    »Er ist losgerannt wie eine gesengte Sau. Und dann haben Lonna und mein Alter diesen Mordskrach gekriegt –«
    »Der, von dem du mir erzählt hast.«
    »Genau«, sagte Beatrice. »Dad will, dass mein Bruder zurückkommt und wieder bei uns wohnt, aber Lonna sagt, kommt nicht in Frage. Sie sagt, er sei ein Wechselbalg. Was zum Teufel meint sie damit, Tex? Ein Wechselbalg? Na ja, ist auch egal, jedenfalls reden die zwei immer noch nicht miteinander, Lonna und mein Dad. Die beiden stehen so unter Druck, dass du denkst, gleich fliegt das ganze Haus in die Luft.«
    Für Roy hörte sich Beatrice’ Schilderung wie ein einziger Alptraum an. »Brauchst du was zum Unterkriechen?«, fragte er.
    »Nee, geht schon. Dad meint, es geht ihm besser, wenn ich in der Nähe bin.« Beatrice lachte. »Ich sei gefährlich und verrückt, hat Lonna zu ihm gesagt. Wahrscheinlich liegt sie gar nicht so verkehrt damit.«
    An der Haltestelle traf Beatrice eine ihrer Mannschaftskameradinnen, und die beiden fingen gleich an, über das Spiel vom Vorabend zu reden, das die Mannschaft durch einen Elfmeter von Beatrice gewonnen hatte. Roy hielt sich zurück und sagte nicht viel, aber er spürte die neugierigen Blicke der anderen Schüler. Er war immerhin der Junge, der sich Dana Matherson entgegengestellt und überlebt hatte.
    Er war überrascht, als Beatrice Leep sich im Bus neben ihn setzte und nicht zu ihren Mitspielerinnen.
    »Gib noch mal die Zeitung her«, flüsterte sie.
    Sie las die Anzeige von Mama Paula und sagte: »Jetzt gibt’s zwei Möglichkeiten, Tex. Entweder wir sagen’s ihm oder wir sagen’s ihm nicht.«
    »Wir sollten vielleicht mehr tun, als es ihm einfach bloß zu sagen.«
    »Mitmachen, meinst du. Das hast du neulich schon gesagt, an dem Abend.«
    »Alle gegen einen, so sieht’s im Moment aus. Aber ganz allein hat er keine Chance«, meinte Roy.
    »Klar. Andererseits enden wir dann vielleicht alle drei in der Erziehungsanstalt.«
    »Nicht, wenn wir’s clever anstellen.«
    Beatrice betrachtete ihn neugierig. »Hast du schon einen Plan, Eberhardt?«
    Roy nahm die Kamera seiner Mutter aus dem Rucksack und zeigte sie Beatrice.
    »Ich

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