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Eulen

Eulen

Titel: Eulen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiassen
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hindern, das Grundstück platt zu machen.«
    »Das glaubst du doch selbst nicht«, sagte Fischfinger.
    »Doch, im Ernst«, sagte Roy. »Ich hab im Internet nachgesehen. Die Eulen sind geschützt – es gibt ein Gesetz, wonach es streng verboten ist, sich an so einem Bau zu schaffen zu machen, außer man hat eine spezielle Genehmigung. Aber die Akte mit den Genehmigungen fehlt im städtischen Bauamt. Was schließen wir daraus?«
    Fischfinger betastete die Kamera skeptisch. »Schickes Ding«, sagte er. »Aber für so was ist jetzt keine Zeit mehr, Tex. Jetzt wird mit härteren Bandagen gekämpft.«
    Aber Roy gab nicht nach. »Nein, hör mir doch mal zu! Wenn wir einen Beweis vorlegen, dann können die mit ihrem Projekt einpacken. Wir brauchen nichts weiter als ein einziges lausiges Foto von einer kleinen Eule –«
    »Du solltest jetzt mal gehen«, sagte der Junge. »Ich hab zu tun.«
    »Aber du kannst dich doch nicht ganz allein mit diesen Pfannkuchentypen anlegen. Ausgeschlossen. Ich geh hier nicht weg, bis du’s dir anders überlegt hast.«
    »Du sollst verschwinden, hab ich gesagt!« Fischfinger packte Roy am Arm, drehte ihn um hundertachtzig Grad herum und stieß ihn zur Tür hinaus.
    Roy landete auf allen vieren im heißen Kies. Er war leicht verwirrt; er hatte ganz vergessen, wie stark der Junge war.
    »Ich hab dir und meiner Schwester schon genug Ärger gemacht. Von jetzt ab ist das mein Krieg.« Beatrice’ Stiefbruder stand trotzig in der Tür; seine Wangen waren gerötet, seine Augen funkelten wild. In der rechten Hand hielt er Mrs. Eberhardts Digitalkamera.
    Roy zeigte darauf und sagte: »Behalt sie erst mal.«
    »Du bist doch nicht bei Trost. Ich komm mit solchen blöden Dingern nie zurecht.«
    »Ich zeig’s dir –«
    »Ach was«, sagte Fischfinger und schüttelte den Kopf. »Geh mal wieder zurück zu deiner Schule. Ich hab zu tun.«
    Roy stand auf und wischte sich den Staub von der Hose. Er fühlte einen dicken Kloß im Hals, aber er war fest entschlossen, nicht zu weinen.
    »Du hast schon genug getan«, sagte der Schnellläufer, »mehr, als ich erwartet hätte.«
    Es gab bestimmt eine Million Dinge, die Roy gern gesagt hätte, aber das Einzige, was er herausbrachte, war: »Viel Glück morgen.«
    Fischfinger zwinkerte ihm zu und reckte einen Daumen hoch.
    »Ciao, Roy«, sagte er.
     
    In der Zeitung standen an diesem Tag gleich mehrere Artikel, die sich ausgesprochen gut zur Diskussion geeignet hätten.
    Ein vermisster US-amerikanischer Soldat war in den pakistanischen Bergen gerettet worden. In Boston hatte ein Arzt ein neues Medikament zur Behandlung von Leukämie entdeckt. Und in Naples im Bundesstaat Florida war ein Beamter festgenommen worden, weil er von einem Unternehmen, das dort einen Golfplatz anlegen wollte, fünftausend Dollar Schmiergeld angenommen hatte.
    Aber als Roy an die Reihe kam, sein Thema vorzutragen, wählte er keines davon. Stattdessen hielt er die Zeitung hoch und zeigte auf die Seite, aus der Fischfinger Mama Paulas Anzeige ausgerissen hatte.
    »Fast jeder isst gerne Pfannkuchen«, begann Roy, »ich auch. Und wie! Und als ich zum ersten Mal davon hörte, dass Mama Paula hier in Coconut Cove eine Filiale eröffnet, da fand ich das einfach cool.«
    Mehrere Kinder nickten grinsend. Eines der Mädchen tat so, als wäre sie hungrig, und rieb sich den Magen.
    »Auch als ich mitbekam, wo das Restaurant gebaut werden sollte – auf dem großen leeren Grundstück an der Ecke Woodbury und East Oriole –, fand ich noch alles ganz in Ordnung«, sagte Roy. »Aber eines Tages hat mich ein Freund dahin mitgenommen und mir etwas gezeigt, und seitdem sehe ich die Sache total anders.«
    Auf einmal war die Klasse ganz still. Noch nie zuvor hatten sie ihren neuen Mitschüler so viel reden hören.
    »Was er mir gezeigt hat, war eine Eule«, fuhr Roy fort, »ungefähr so groß.«
    Er zeigte zwischen zwei Fingern einen Abstand von etwa zwanzig Zentimetern. »Als wir noch in Montana gelebt haben, da habe ich ganz oft Eulen gesehen, aber nie so kleine. Und die hier war nicht mal ein Küken, sondern schon ausgewachsen! Sie schaute ganz starr und ernst drein, fast wie ein winziger Spielzeuglehrer.«
    Die Klasse lachte.
    »Sie heißen Kanincheneulen, weil sie tatsächlich unter der Erde leben«, erzählte Roy weiter, »und zwar in Erdlöchern, die von Schildkröten und Gürteltieren gegraben wurden. Und ein paar von diesen Eulenfamilien wohnen nun genau auf diesem Grundstück Ecke Woodbury und East

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