Eulenflucht - Kay, E: Eulenflucht
entschuldbar ist, aber er hat es mir versprochen, dass er es tun wird.«
»Ich glaube nicht, dass Fabio auf Pascals Entschuldigung großen Wert legt. So was hätte einfach nicht passieren dürfen«, betonte Adriana.
»Ich fühle mich irgendwie schuldig«, fügte ich kleinlaut hinzu. »Ich würde gerne etwas tun, um es wieder gut zu machen.« Gerührt sah Adriana mich an und nahm mich in die Arme. »Das ist so süß von dir. Aber du hast doch nichts falsch gemacht.«
»Heißt das, du bist nicht sauer auf mich?«, fragte ich hoffnungsvoll.
Adriana schüttelte den Kopf. »Wieso sollte ich denn auf dich sauer sein? Weil dein Freund meint, er wäre der tollste Typ auf diesem Planeten?«
»Na ja«, ich zuckte mit den Schultern. »Immerhin habe ich dich alleine hier hinfahren lassen und bin mit Pascal gefahren.«
»Das ist auch gut so. So hatte ich Zeit mich abzuregen.« Damit war das Thema für Adriana erledigt. »Können wir jetzt die Aufgaben vom Test besprechen? Wir haben ja nicht ewig Zeit«, stellte sie fest und legte ihren Test auf den Plexiglastisch.
Ich entschied mich, meine Begegnung mit Blondie bis nach dem Test für mich zu behalten. Andernfalls wäre das Lernen komplett ins Wasser gefallen und wir hätten bis in die Puppen über Pascal diskutiert.
Curly war eine gute Nachhilfelehrerin. Sie wusste scheinbar instinktiv, an welchen Punkten wir nicht weiterkamen und wurde es nicht müde, uns immer wieder und wieder die gleichen Rechenwege zu erklären. Sogar ich schaffte es, den komplizierten Aufgaben eine gewisse Logik abzugewinnen und konnte mich auf die Lösungswege konzentrieren, ohne dass meine Gedanken abschweiften. Als es an der Tür leise klopfte, zuckte ich zusammen.
Curlys Mutter betrat den Raum. »Würde es euch etwas ausmachen, wenn ich ein paar Fotos von euch mache?« In ihren Händen hielt sie eine kleine silberne Digitalkamera. »Mein Mann hat mir diese Kamera zum Geburtstag geschenkt, aber ich hatte bis jetzt noch keine Gelegenheit sie auszuprobieren«, fügte sie erklärend hinzu. »Dürfte ich euch also als Versuchskaninchen benutzen?«
Adriana war sofort begeistert und brachte sich in Pose. In mir allerdings keimte erneut ein unbehagliches Gefühl auf, das mich kurz zögern ließ. Ich konnte es mir nicht erklären. Ich fühlte mich irgendwie beobachtet. Beobachtet durch die Linse der Digitalkamera. Dieser Gedanke erschien mir so paranoid, dass ich beinahe über mich selber gelacht hätte. Der Tag zerrte doch mehr an meinen Nerven, als ich es mir eingestehen wollte. Erst dieser Traum, dann der missratene Mathetest und letztendlich der Streit mit Pascal. Kein Wunder, dass ich hypersensibel war. Ich verscheuchte die Gedanken aus meinem Kopf und ließ mich von Adriana und Curly in die Mitte nehmen.
»So, ich muss langsam mal los«, sagte Adriana und griff nach ihrer Tasche. »Ich habe meinen Eltern versprochen, im Restaurant zu helfen. Fabio steht mit seiner Vespa bestimmt schon unten und wartet auf mich.«
»Okay, ich bring dich dann noch runter.« Curly stand auf und ging zur Tür.
»Wir sehen uns dann morgen, Mae«, verabschiedete sich Adriana bei mir. »Ja, bis morgen«, sagte ich, umarmte sie nochmal zum Abschied und winkte ihr nach.
Curly war bald wieder zurück. Wie lange kannst du noch bleiben?«
»Nik holt mich nach seiner Pizzataxischicht ab.«
»Dann haben wir ja noch genug Zeit. Was hältst du davon, wenn wir mal einen Probetest schreiben?«, schlug sie vor und grinste mich herausfordernd an.
»Mhm … okay, schaden kann es ja nicht«.
Schon flog ihr Füller in einem atemberaubenden Tempo über ein weißes Blatt Papier. Es war für mich unbegreiflich, wie sie sich solche Aufgaben ausdenken konnte, noch dazu in dieser Geschwindigkeit. Curly schrieb die Rechenübungen, als würden ihr diese diktiert.
»Dann zeig mal, was du drauf hast.« Sie reichte mir den Zettel mit den Aufgaben.
Mit einem Blick erkannte ich, dass die Aufgaben ziemlich anspruchsvoll waren. Ich wollte schon abwinken und mich geschlagen geben, da sah ich Curlys erwartungsvollen Blick, ergab mich seufzend und rechnete los. Bei einigen Aufgaben kam ich nicht weiter und ließ sie ungelöst. Stattdessen konzentrierte mich auf einfachere Aufgaben, die sich mir besser erschlossen.
»Fertig«, seufzte ich nach einer knappen halben Stunde und reichte ihr meine Lösungen. Ich verzog mein Gesicht und schürzte die Lippen. »Du hättest dir ruhig einfachere Aufgaben ausdenken können.«
»Mitleid zählt nicht.
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