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Eulenflucht - Kay, E: Eulenflucht

Eulenflucht - Kay, E: Eulenflucht

Titel: Eulenflucht - Kay, E: Eulenflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Kay
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tot, gar nicht mehr da ohne sie. Ich sah ihn vor mir, er hielt Vio auf dem Westerheversand in seinen Armen. Durch seinen zusammengekauerten Körper zuckte ein Beben und dann hörte ich in meiner Erinnerung dieses Heulen. Unmenschlich, gefährlich, wie ein Wolf. In meinem Kopf wirbelten die Eindrücke durcheinander. Konrad hat geheult wie ein Wolf und in meinem Traum erschien er mir als Anführer eines Wolfsrudels. Ich hustete nervös. Oh Gott, ich drehte noch völlig durch. Aber irgendetwas war da, ein Teilchen passte nicht in das Puzzle. Fieberhaft zermarterte ich mir den Kopf und ging die Ereignisse des Unglückstages immer wieder durch. Es war zum Greifen nah, ich konnte es förmlich fühlen. Und auf einmal wusste ich es. Hatte mir Vio am Tag zuvor nicht erzählt, dass Sam und Konrad mit ihrem Vater weggefahren sind? Wie konnten sie dann in der Rettungsstation auftauchen? Wer hatte sie verständigt? Meine Finger krallten sich um die scharfen Ecken der Futterkiste, bis sie schmerzten, während mir seltsame Erinnerungen durch den Kopf schossen. Die Weide schien sich zu drehen. Du musst atmen, kam es mir in den Sinn. Vor Anspannung hatte ich es vergessen und konnte mir wenigstens meinen Schwindel logisch erklären, nämlich Sauerstoffmangel. Konzentriert lauschte ich auf meinen gleichmäßigen Atem, die Weide hörte auf sich zu drehen und die innere Aufregung ließ nach. Schrilles Handypiepen brach durch die Stille wie eine Sirene. Auf meinem Oberschenkel setzte der Vibrationsalarm ein, hektisch griff ich in meine Hosentasche. Pascal rief an, sein Name leuchtete auf dem Display. Was wollte er? Verwirrt starrte ich auf das Mobiltelefon und drückte schließlich doch auf den grünen Hörer, um das nervende Bimmeln zu unterbrechen.
    »Ja?«, kratzte meine Stimme ins Telefon.
    Am anderen Ende der Leitung herrschte überraschte Stille. »Hallo?«
    »Ja … hier ist Pascal«, sagte er zögerlich ohne seine gewöhnliche Überheblichkeit. »Ich …« Pascal seufzte. »Ich habe gerade von dem Unfall gehört. Es … es tut mir so leid …«
    Ich schluckte hart und richtete meine Gedanken darauf weiterhinregelmäßig zu atmen. »Es ist … alles so unbegreiflich, dass Vio …« Ich konnte den Satz nicht beenden, konnte nicht darüber reden, dass meine beste Freundin tot war. Wir schwiegen.
    »Ich weiß«, sagte Pascal schließlich. »Mir tut alles so leid … einfach alles. Bitte verzeih mir, dass ich so ein Idiot war.« Seine Stimme überschlug sich. »Ich weiß, dass ich viel falsch gemacht habe, aber wenn du mir noch eine Chance geben könntest dir zu beweisen, dass ich anders bin, ich würde es tun.«
    Ich hielt einen Moment lang inne, massierte meine rechte Schläfe und wägte angestrengt die nächsten möglichen Schritte ab, um das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. »Pascal, ich …«
    »Mae, bevor du was sagst, hör mich bitte an«, unterbrach er mich. »Ich wollte mich nicht nur entschuldigen, ich wollte dir sagen, dass ich dich selbstverständlich morgen zu Vios Beerdigung begleiten werde.«
    Nachdem er Vios Beerdigung erwähnt hatte, blieb mir die Luft weg, in meiner Lunge dehnte sich ein unsichtbarer Ballon aus, der sie ganz und gar ausfüllte. Ich röchelte und war unfähig zu antworten.
    »Mae? Alles klar?«, fragte er zaghaft, nachdem ich nicht geantwortet hatte.
    Ich riss mich zusammen. »Ich bin da«, presste ich hervor. Die Beklemmung in der Brust ließ langsam nach, ich schnaufte. »Aber …«
    »Ich tue alles, was du willst, Mae. Alles. Ich bin bereit alle von deinen Bedingungen zu erfüllen«, flehte er.
    »Welche Bedingungen? Wovon sprichst du?«, fragte ich irritiert.
    »Alle die du stellst, damit ich dich begleiten darf.« Kopfschüttelnd nagte ich an meiner Unterlippe. »Pascal, es gibt keine Bedingungen …«
    »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie mich das freut. Also, wann soll ich dich morgen abholen?«, rief er euphorisch.
    Fassungslos starrte ich auf mein Handy, Pascal unterbrach mich und legte mir dann noch Dinge in den Mund, die niemals über meine Lippen gekommen waren. Entnervt drückte ich das Mobiltelefon wieder an mein Ohr.
    »Vielleicht lässt du mich mal ausreden«, erwiderte ich gereizt. Am anderen Ende der Leitung herrschte nun Totenstille. Gut. »Es gibt keine Bedingungen, weil ich erstens nicht möchte, dass du mich abholst und zweitens begleitet mich Nik.«
    »Oh …« Das hatte gesessen. »Ja, da kann man dann nichts machen«, sagte er verdattert.
    »Nein. Mach‘s gut,

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