Eulenspiegel
wie: Stehen unmittelbar Verhaftungen bevor? kriegte man keine Antwort. Dafür unaufgefordert einen Vortrag über Kooperation, fachübergreifende Arbeit und was weiß ich. Soll ich das etwa schreiben? Meinst du, so was will jemand lesen?«
»Erzähl das der Meinhard.«
»Das werde ich auch, aber auf meine Weise. Über meinen Artikel wird die bestimmt nicht jubeln. Ich habe aber noch etwas anderes vor. Ich will ein Portrait von dir bringen.«
»Um Himmels willen!«
»Doch, doch, dieses ganze clevere Gewäsch hat mich darauf gebracht. Ich will was Griffiges mit Seele: Helmut Toppe, der erfahrene Kriminalist, der alte Hase – sein Leben, seine Arbeit.«
»Igitt!« Toppe schauderte es.
»Helmut«, beharrte sie. »Du kennst mich doch. Das wird kein Kitsch. Tu mir den Gefallen, ja? Ich möchte gern mal was schreiben, was mir selbst Spaß macht, wo ich hinterstehe. Wann gibst du mir das Interview?«
Er zögerte lange. »Na gut, dann bringen wir es gleich hinter uns.«
»Danke. Über euren Birkenhauer habe ich vor vierzehn Tagen übrigens auch ein Portrait geschrieben. Das war allerdings nicht so ganz einfach für mich.«
Auch sie regte sich darüber auf, daß man ausgerechnet einem Kiesgrubenbesitzer den Umweltpreis verliehen hatte. »Aber nachdem der Kreis sich auf ihn eingeschossen hatte, mußten wir natürlich groß was über ihn bringen. Der ist mir einigermaßen schmierig gekommen, aber ich glaube, meinem Artikel hat man’s nicht angemerkt.«
Sie holte ihren Recorder aus der Tasche. »So langsam kriege ich Übung. Hast du heute morgen meinen freundlichen Artikel über Eugen Geldek gelesen?«
»Geldek?« Toppe rümpfte die Nase. »Was gab’s denn über diesen Drecksack zu berichten?«
Eugen Geldek war der mächtigste Baulöwe vor Ort, ein Mann, der durch seine halbseidenen Geschäfte in der Stadt zu fragwürdigem Ruhm gekommen war.
Karin Hetzel lachte. »Sei vorsichtig mit dem Drecksack! Der Herr gehört zum Kreis der Museumsfreunde. Du weißt doch, am Samstag wird das Kurhausmuseum eröffnet, und am Freitag gibt’s vorab eine kleine Feierstunde für alle privaten Sponsoren. Soweit ich informiert bin, hat Geldek einen ganz besonders dicken Batzen gespendet. Es könnte durchaus sein, daß er am Freitag den städtischen Kulturpreis bekommt. Er ist jedenfalls nominiert.«
Der Morgen hatte sein Versprechen nicht gehalten. Den ganzen Tag waren von Westen her Wolken aufgezogen, bis der Himmel dicht verhangen und niedrig war. Toppes Stimmung hatte sich dem Wetter angepaßt. Als sich das K1 zum gemeinsamen Schießtraining aufmachte, waren seine Gedanken grau und bleischwer.
»Walter«, hielt er Heinrichs zurück. »Geht es dir besser?«
Der nickte. »Das EKG war ganz in Ordnung. Keine neuen Medikamente, nur ein bißchen Ruhe.« Er sah Toppe besorgt an. »Was ist los mit dir?«
»Ich geh nach Hause. Sag den anderen, ich habe wieder Rückenschmerzen.«
Als er zu Hause aus dem Auto stieg, bekam er endlich wieder Luft.
Obwohl es zu nieseln begonnen hatte und ein flackeriger, kalter Wind aufgekommen war, holte er Hacke und Spaten aus dem Schuppen, stieg in seine Gummistiefel und machte sich über das restliche Erdbeerbeet her. Bei den ersten Spatenstichen fiel es ihm noch schwer, aber dann schaffte er es tatsächlich, an gar nichts zu denken. Die gestochene Erde glänzte satt, und er genoß den Geruch und die kühle Nässe auf seiner Haut.
Er hatte die Frauen gehört, aber es war nicht in sein Bewußtsein gedrungen, und er fuhr heftig zusammen, als Astrid ihn von hinten umfaßte und ihre Wange an seine Schulter schmiegte.
»Rückenschmerzen, was?« murmelte sie. Toppe drehte sich in ihren Armen herum.
Auch Gabi guckte zärtlich und hielt ihm eine geöffnete Bierflasche hin. »Siehst du überhaupt noch was? Es ist doch stockfinster.«
Er blinzelte, hatte gar nicht gemerkt, wie spät es schon war. Das Bier tat gut.
»Immerhin ist das Beet jetzt fertig«, meinte er und wischte sich über den Mund.
»Dann können wir ja morgen die Pflanzen kaufen«, stellte Gabi zufrieden fest.
»Erdbeerpflanzen?«
»Klar«, lächelte Astrid. »Wir müssen uns nur noch über die Sorte einig werden.«
Toppe strich sich das Haar aus der Stirn. »Ihr könnt doch jetzt keine Erdbeeren pflanzen. Erdbeeren pflanzt man im August.«
»Ach was? Und ausgerechnet so ein Stadtkind wie du will sich da auskennen!«
»Mein Opa hatte einen Schrebergarten in Ilverich«, beharrte er störrisch. »Und da hab ich meine halbe Kindheit
Weitere Kostenlose Bücher