Eulenspiegel
sein.
Als er vor das Haus trat, rollte Astrids Wagen auf den Hof.
»Ich bin auf dem Rückweg von Moyland.« Zusammen gingen sie über die Obstwiese zum Wassertrog.
»Wir glauben, op den Hoek könnte das nächste Opfer sein. Was denkst du?«
Toppe stellte den Eimer ins Gras und runzelte die Stirn. »Op den Hoek? Glaub’ ich nicht. Das scheint doch ein anständiger Kerl zu sein.«
»Schon, aber er ist der einzige, der eine offizielle Ehrung kriegen soll.«
»Mag sein, aber er paßt nicht. Birkenhauer, Geldek und Glöckner sind allesamt faule Eier, und deren Auszeichnungen waren allesamt reine Farce.«
»Ich weiß, aber es könnte doch sein, daß op den Hoek irgendwo auch ein paar Schmutzflecken auf seiner weißen Weste hat. Ackermann ist schon dabei, sich umzuhören, und ich wollte gleich mal ins Zeitungsarchiv und sehen, was ich so über ihn finden kann.«
Toppe nahm den Eimer wieder auf und goß das Wasser in den Trog.
»Ackermann hat schon wieder eine andere Gästeliste aufgetrieben«, sagte Astrid. »Er wollte heute abend mal bei dir vorbeikommen.«
Die ganze Woche über hatte es geregnet, aber seit gestern war der Himmel wieder unschuldig blau. Die Luft war noch ein wenig feucht, aber es war doch so warm, daß man selbst jetzt, als es schon auf Mitternacht zuging, noch draußen sitzen konnte.
Irgendwie war Toppe seine kleine Laubeneinweihung aus dem Ruder gelaufen. Er wußte bis jetzt nicht, was ihn geritten hatte, aber letzte Woche hatte er jeden, der ihm in den Sinn kam, angerufen und eingeladen, selbst die Nachbarn. Astrid und Gabi hatten ihn stillschweigend gewähren lassen, und ihm erst, als er vorgestern mit Schrecken die Zahl der Gäste überblickte, ihre Hilfe angeboten. Für mehr als ›die kleine Lösung‹ war keine Zeit gewesen: eine Suppe, Mettbrötchen, Käse, ein paar Fässer Bier, ein paar Kisten Wein. Strohballen zum Sitzen hatten sie beim Bauern geliehen, nur die Beleuchtung war ein Problem gewesen. Bei Fackeln und Lampions hatten sich ihnen die Haare gesträubt, aber es gab ja noch Jupp Ackermann, der sowieso jeden Abend bei Toppe im Zimmer saß und brütete. Er hatte vormittags zahllose Lichterketten angeschleppt und aufgehängt, alle zusammengeliehen. Halb Kranenburg mußte seine Kartons mit der Weihnachtsdekoration aus dem Keller und vom Speicher geholt haben. Ein paar Biertische und Bänke hatte Ackermann auch gleich mitgebracht und auf der Tenne aufgestellt – »falls et ma’ doch regnet.« Nur er selbst konnte heute abend nicht dabei sein, Nadine hatte Abschlußball, »un’ dat Kind geht mir über alles, auch wenn mir dat Herzken blutet.«
Toppe stand im Schatten gegen die Scheunenwand gelehnt und schaute zu. Er hatte mit jedem geredet, auch ein wenig getanzt, aber jetzt wollte er ein paar Minuten Ruhe.
Gabi und Henry saßen abseits vom allgemeinen Trubel auf einem Strohballen und knutschten wie Teenager. Gabi war nicht unbedingt klein, aber neben Henry wirkte sie wie ein Püppchen, ein sehr verliebtes Püppchen. Henry betete sie auf eine kindliche Art an, und sie schien das zu genießen, verkroch sich an seiner breiten Brust, verschwand wohlig in seiner Umarmung. So kannte Toppe sie nicht, es war ihm sehr fremd.
Oliver hatte Henry mit ziemlich großen Augen gemustert und irgendwas von ›Big Foot‹ und den Rocky Mountains gemurmelt und sich dann schleunigst verzogen. Vor zwei Jahren noch hätte er sich darum gerissen, auf einer Erwachsenenfete dabei sein zu dürfen.
Astrid saß zusammen mit Sofia unterm blühenden Birnbaum und unterhielt sich – eine Szene wie aus einem Gemälde.
Selbst Rother war der Einladung gefolgt und hatte allen seine Frau vorgestellt, eine auf den ersten Blick graue, auf den zweiten sehr nette Maus.
Van Gemmern war, wie immer, allein gekommen. Immerhin war er überhaupt gekommen, was Toppe schon für eine große Ehre hielt. Er stand, genau wie Toppe, allein an eine Wand gelehnt, hielt sich an seinem Glas fest und schaute zu. Von Zeit zu Zeit grinste er geheimnisvoll. Im Gegensatz zu Toppe stand er schon seit drei Stunden da.
Wim Lowenstijn hatte in den Schallplatten gewühlt und endlich das richtige gefunden: Tango! Zielstrebig ging er auf Karin Hetzel zu und forderte sie auf. Sie tanzten toll zusammen.
»Na, Alter, hängst du finsteren Gedanken nach«, kam eine Stimme aus dem Dunkel. Es war Arend Bonhoeffer.
»Eigentlich gucke ich nur.«
»Bist du sicher?« Arend reichte ihm ein Glas Wein.
»Danke. Ich weiß nicht. Ich bin mir bei gar
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