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Eulenspiegel

Eulenspiegel

Titel: Eulenspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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bei den Attentaten nicht die Rede sein. Auch sonst paßte nichts.
    Es mußte sich also um den zweiten Typ handeln: kontrolliert und nicht-sozial. Diese Täter waren nach außen unauffällige, oft sogar höfliche Zeitgenossen, obwohl sie in ihrem Inneren Menschen eigentlich ablehnten und eine verantwortungslose, egoistische Einstellung hatten.
    Da war die Rede von überkontrollierter Aggressivität. Einerseits waren diese Leute eher gehemmt und scheu, und ihre Umgebung beurteilte sie deshalb positiv, aber auf der anderen Seite waren sie höchst aggressiv, und dieses Verhalten wurde immer intensiver und sadistischer, die Tatzwischenräume wurden immer kürzer. Vor der Tat durchlebten sie intensive sadistische Phantasien, und ihre eigentliche Motivation war Feindseligkeit auf der einen und ein starkes Machtbedürfnis auf der anderen Seite. Bei ihren Taten gingen sie äußerst clever und methodisch vor. Die Statistik zeigte, daß die meisten von ihnen überdurchschnittlich intelligent waren. Viele kamen aus einem gesicherten, vordergründig normalen Elternhaus, das sich jedoch zumeist durch emotionale Kälte und wenig Fürsorge auszeichnete.
    Er war gerade bei der sexuellen Motivation angelangt, die ihn schon so lange beschäftigt hatte, als Astrid ins Zimmer kam.
    »Wieso machst du kein Licht an? Es ist doch stockfinster.«
    »Warte mal, warte, hier, hör mal: Bei sadistischen Serientätern findet man eine kognitive Grundlage der Bereitschaft zur Gewalt, nämlich die Auffassung, selbst Opfer zu sein und deshalb logischerweise das Recht zu haben auf Rache, auch wenn dadurch Menschen leiden müssen, die am persönlichen Schicksal des Täters überhaupt nicht schuld sind.«
    »Ah ja.« Sie knipste die Stehlampe und das Licht am Schreibtisch an und fuhr ihm durchs Haar. »Ich habe die Gästeliste für Moyland mitgebracht. Wenn du dich mal kurz von deiner Psychologie loseisen könntest.«
    »Wie spät ist es eigentlich?«
    »Halb neun, und ich habe Hunger.« Er klappte die Bücher zu. »Ich auch. Was ist geplant?« Sie warf ihre Tasche auf den Sessel, ließ ihre Jacke fallen und umarmte ihn von hinten. »Nichts. Die ganze Bande ist ausgeflogen. Gabi hat einen Zettel in die Küche gelegt, sie käme nicht vor Mitternacht, und wo sich die Brut rumtreibt, weiß der Himmel. Soll ich uns ein paar Brote überbacken?«
    »Nicht schlecht«, rieb er seinen Hinterkopf an ihren Brüsten. »Noch besser allerdings kämen ›Astrids Spezialeier‹. Ich will Curry und Ananas und ganz dick Käse.«
    Sie aßen am Schreibtisch, heute ohne Servietten und Rotwein, und dabei gingen sie die Gästeliste durch. Da stand offenbar schon wieder eine Ehrung an.
    Weit kamen sie nicht, weil das Telefon sie unterbrach. »Ich gehe schon.«
    Astrid mußte den Hörer einen halben Meter vom Ohr weg halten, so laut kreischte Ackermann. »Kommando zurück! Alles Kokelores mit de Gästeliste.«
    »Was?«
    »Ja! Können wer inne Tonne kloppen. Et gibt nämlich mehrere.«
    »Mehrere was?«
    »Mehrere Gästelisten. Ich dacht’ auch erst, et hackt, aber da gibbet nich’ nur eine vonne Stiftung, sondern au’ noch eine vonne Staatskanzlei, un’ wat weiß ich denn! Nur, dat ihr nich’ glaubt, wir hätten dat Ufer schon vor de Nase. Reicht et, wenn ich euch dat alles morgen in die Hand drück’? Weil, ich mein’, ich könnt auch jetz’ sofort, aber die Mutti, Sie verstehen schonn, un’ dat seh’ ich ei’ntlich genauso.«

20
    »Wenn wir uns alle einig sind«, faßte van Appeldorn zusammen, »dann sollte einer von uns sich auf die Socken machen. Freiwillige vor!«
    Seine Laune war seit gestern um etliche Grade gestiegen.
    Nachdem sie die verschiedenen Gästelisten durchgekämmt hatten, war ihre Wahl auf Carl op den Hoek gefallen, den Besitzer der Kunstsammlung und zukünftigen Direktor des Museums. Er sollte in einem Festakt bei der Eröffnung die Medaille des Landes Nordrhein-Westfalen erhalten.
    »Ich fahre«, sagte Astrid. »Ich will mir das Schloß sowieso angucken. In der Ruine haben wir früher tolle Parties gefeiert. Bin gespannt, was die draus gemacht haben.«

    Aber sie kam nicht dazu, sich in Ruhe umzusehen. Es herrschte eine heillose Hektik überall, und op den Hoek hatte überhaupt keine Zeit. Er nahm sie mit ins Schloßcafé, das offenbar schon fertig eingerichtet war und ließ seinen Blick kurz aber wohlwollend über ihren Körper schweifen. Wenn einer der Männer mit ihm gesprochen hätte, wäre er vermutlich ein wenig barscher gewesen.
    Carl op

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