Euro Psycho
und präziseste Messerwerfer der Welt, momentan nicht Inhaber von sechsundzwanzig Weltrekorden? Das ist echter Wurfsport. Werferei in Reinkultur. Und nicht, was ich getan habe.
Ich habe nicht hingeworfen.
Ich konnte nicht. Denn wie der anspruchsvolle Kevophile weiß, bin ich die Integrität in Person – auf und neben dem Platz. Ich werde das alte Hakenkinn aufspüren und zur Rede stellen.
Und in der Zwischenzeit, tja … Was fängt man mit einer Gola-Tasche an?
Hochkonzentriertes Gesichtsöl
Ich rolle die Auffahrt hinauf und weiter über die Brücke, vor mir der Luxus-Golfplatz – 7152 Yards, 72 Par – und das Hotel.
Das Grove, Mitglied der Leading Hotels of the World Group.
Absolute Zone eins. Abgesehen davon, na ja, dass es in Hertfordshire liegt.
Ich parke den Bentley, die Gola-Tasche im Kofferraum, und stiefle zur Rezeption.
»Mr. King«, sagt die Schnecke hinter dem Tresen. »Sie sind heute früh dran. Wollen Sie Ihre übliche Suite?«
Ich würd sie ja schon flachlegen, die Braut vom Empfang. Doch heute ist nicht der Tag für Bettgymnastik. Heute findet ein Mannschaftstreffen statt, zur Vorbereitung auf das wichtige Qualifikationsspiel für die Euro 2012 gegen die Schweiz. Nachdem wir sie auswärts geschlagen haben, empfangen wir sie heute Abend in Wembley auf heimischem Rasen, wo wir sie vor 90 000 Zuschauern auseinandernehmen werden.
Obwohl der Ausgang bereits feststeht, ist das eine große Sache.
Nachdem ich jeden wichtigen Vereinswettbewerb gewonnen habe, werde ich jetzt an die Spitze der Gruppe G stürmen und von dort nach Polen und in die Ukraine marschieren – oder in die Pokraine , wie jeder Schwachmat es bald nennen wird –, um dort schon bald den Henri-DelaunayPokal in den Händen zu halten. Mit der heutigen Partie – der letzten in dieser Saison – kann ich mein Champions-League-Debakel hinter mir lassen, meinen Auftritt als Würger vergessen machen und den gemeinen englischen Fußballfan mit der ungetrübten Erinnerung daran versöhnen, wie ich die Schweiz weggehauen habe.
»Mr. King«, sagt die Empfangsschnepfe. »Alles okay?«
Offensichtlich habe ich Löcher in die Luft gestarrt.
»Normalerweise würde ich Sie jetzt vögeln, aber ich hab heute noch einiges zu erledigen«, sage ich nicht, stattdessen weise ich sie an: »Bringen Sie meinen Krempel – meine Taschen – nach oben. Ich gehe direkt in den Wellness-Bereich, ja? Lasse mich ein bisschen behandeln, bevor die Jungs eintreffen.«
»Wie Sie wünschen, Sir.«
Wie ich wünsche. Wie ich wünsche. Sie nickt irgendeinem Portier-Heini zu, damit er rüberkommt und die Taschen holt. Ich drehe mich um, schlendere durch die dunklen, samtenen Flure Richtung Sequoia Spa.
Ich habe Bock drauf. Auf eine ayurvedische ESPA -Behandlung.
Das Dampfbad aus Kristallglas. Den therapeutischen Salzwasser-Vitality-Pool.
Geht klar. Im luxuriösen Umkleidebereich gleite ich aus meinen Klamotten, schlüpfe in meine zart-rosafarbenen Easy-Oasy-Lounge-Shorts von KKC . Dann nehme ich die Hublot-Big-Bang-King-Power-Armbanduhr aus schwarzem Keramik ab und begebe mich in den neutral gestrichenen Behandlungsbereich. Ein Mann betritt den Raum, wellnessmäßig ge kleidet, wie ein Arzt mit seinem weißen Kittel, und er kommt gleich zur Sache. Fängt an, mich einzureiben.
Wir beginnen mit einer Dienstleistung aus dem Angebot der Spa-Treatment-Collection, anschließend wird meine unreine Haut mit einem hochkonzentrierten Gesichtsöl geschmeidig gemacht. Besser. Mag sein, dass ich weitere Prügel beziehen werde, aber das hier ist ein ungetrübter Lifestyle-Moment. In der Abgeschiedenheit dieser Gesundheitseinrichtung komme ich, euer Kev, zur Ruhe. Alles wird gut, Alter. Alles wird gut.
In einem Grove-Bademantel verlasse ich den Behandlungsbereich und gehe auf den imposanten Pool mit den schwarzen Mosaiksteinen zu, mustere die individuell verstellbaren Liegestühle mit Samtbezug. Aber wer ist das? Da sitzt bereits ein anderer Ankömmling auf einem der Stühle neben dem Pool.
Ist das etwa …? Ich glaube, ja. Auch schon so früh hier. Scheiße, er hat mich gesehen. Ich kann ihn nicht einfach ignorieren.
Er lächelt und nimmt seine Dr.-Dre-Monster-Beats-Pro-Special-Edition-Detox-Kopfhörer ab. Ich gehe hinüber und setzte mich aus reiner Höflichkeit auf den Liegestuhl neben ihm.
»Kev«, sagt er zum Kapitän des englischen Nationalteams.
»Rio«, sage ich zu Rio Ferdinand, Englands Vizekapitän mit achtzig und ein paar Länderspielen auf dem Konto.
Ich
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