Europa-Handbuch - Europa-Handbuch
erhalten und schützen. Aus diesem Grund sind Sicherheitsüberlegungen das Hauptmotiv für die NATO- und EU-Beitrittsgesuche. Im Dezember 1997 begrüßten sie die Einladung der EU, Beitrittsverhandlungen aufzunehmen. Später kühlte die Befürwortung zur EU dramatisch ab. Der Enthusiasmus für einen NATO-Beitritt war jedoch weiterhin groß. Die Regierung blieb unbeirrt bei ihrem konstanten Pro-EU- und Pro-NATO-Kurs. Die Vorbereitung für den Beitritt zu beiden Organisationen bis Mai 2004 ging stetig voran. In einem Referendum am 14. September 2003 befürworteten 66,8 Prozent der Wähler die EU-Mitgliedschaft Estlands. Mit einer Wahlbeteiligung von nur 64,1 Prozent kann diese Zustimmung jedoch nur als »mäßig« bezeichnet werden. Seit dem 29. März 2004 ist Estland Mitglied der NATO, seit dem 1. Mai 2004 Mitglied der Europäischen Union.
3. Ausblick
Nachdem Estland seine Unabhängigkeit gerade vor zehn Jahren erst erreicht hat, sind die wenigstens Esten erpicht darauf, erstens Teile dieser neuen Unabhängigkeit wieder abgeben zu müssen; zweitens die Einschränkung der souveränen Rechte des Landes zu erlauben; drittens die Ungleichbehandlung von alten und neuen Mitgliedstaaten innerhalb der EU zu akzeptieren; und viertens eine Politik zu favorisieren, nur weil ihre Regierung sie vertritt.
Die estnische Regierung ist sich dieser Stimmung in der Bevölkerung durchaus bewusst. In den Diskussionen über den Verfassungsvertragsentwurf des Europäischen Reformkonvents haben sich die estnischen Vertreter vehement für gleiche Rechte kleiner und neuer Mitgliedstaaten sowie für mehr Transparenz und Kohäsion der Europäischen Union eingesetzt. Während der Feierlichkeiten rund um den EU-Beitritt Estlands am 1. Mai 2004 pflanzen Freiwillige eine Million Bäume. Diese Feierlichkeiten, die dazu dienen sollen, Estland dem Rest Europas vorzustellen, kulminieren im 24. Nationalen Lieder-Festival – das erste fand vor 135 Jahren statt – und im 14. Nationalen Tanz-Festival vom 2. bis 4. Juli 2004 in Tallinn.
Anmerkungen
Übersetzt aus dem Englischen von Dr. Alfred Clayton, freier Übersetzer, Hamburg.
1 Vgl. Zarins, Aina: Dissent in the Baltic Republics: A Survey of Grievances and Hopes, in: Radio Liberty Bulletin vom 17. Dezember 1976; Taagepera, Rein: Softening without Liberalization in the Soviet Union: The Case of Jüri Kukk, Lanham 1984.
2 Zum Prozedere vgl. Estnisches Außenministerium: Estonia Today, vom 14. März 2001.
3 Vgl. Burke, Justin u.a.: Estonia and Latvia: Citizenship, Language and Conflict Prevention, New York 1997; vgl. auch die Publikationen, die auf der Internetseite des estnischen Außenministeriums einsehbar sind: http://www.vm.ee ; der Regierungsbericht Integrating Estonia 1997 – 2000, Tallinn, Juni 2000, und das staatliche Programm Integration in Estonian Society 2000 – 2007, bewilligt durch die Regierung am 14. März 2000: http://www.riik.ee/saks/ikomisjon/programme.htm ; vgl. auch die Einschätzung estnischer Wissenschaftler: Integration of Estonian Society. Monitoring 2000 und One State – One Society: Integration Yearbook 1998 – 1999: http://www.meis.ee/index.php?lang=eng : alle Internetangaben Stand: Januar 2004.
4 Baltic News Service (BNS) vom 23. April 2001.
Weiterführende Literatur
BUNGS, DZINTRA: The Baltic States: Problems and Prospects of Membership of the European Union (Aktuelle Materalien zur Internationalen Politik, Stiftung Wissenschaft und Politik, Bd. 55), Baden-Baden 1998. ☐ DIES.: EU and NATO Membership for the Baltic States: A Realistic Chance or a Vision, in: Reiter, Erich (Hrsg.): Jahrbuch für internationale Sicherheitspolitik 2000, Hamburg 2000. ☐ FÖHRENBACH, GERD: Die Westbindung der baltischen Staaten (Schriften des Zentrums für Europäische Integrationsforschung der Rheinischen Friedrich- Wilhelms-Universität Bonn, Band 23), Baden-Baden 1999. ☐ LIPPERT, BARBARA (Hrsg.): Osterweiterung der Europäischen Union, die doppelte Reifeprüfung. (Analysen zur Europa-Politik des Instituts für Europäische Politik, Bd. 15), Bonn 2000. ☐ MISIUNAS, ROMUALD J./REIN TAAGEPERA: The Baltic States: Years of Dependence 1940 – 1980, Berkely 1993. ☐ Offizielle Estnische Quellen im Internet: Außenministerium: http://www.vm.ee und http://vm.ee/estonia ; die Regierung: http://www.riik.ee/en/valitsus ; das Statistische Bundesamt: http://www.stat.ee .
Tuomas Forsberg
Finnland
Während der 1990er Jahre fanden in allen Bereichen der finnischen
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