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Europa-Handbuch - Europa-Handbuch

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Titel: Europa-Handbuch - Europa-Handbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Weidenfeld
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der verlorenen Arbeitstage in den 1990er Jahren zurückgegangen sind.
    Anders als in Deutschland spielt der Staat eine wichtige Rolle in der Wirtschaftsentwicklung. Die planification (Wirtschaftsplanung) und die nationalisations (Verstaatlichungen) bilden zwei Besonderheiten. Die Wirtschaftsplanung »à la française« ist nicht so rigide wie früher in den sozialistischen Ländern. Außerdem hat sie seit den 1980er Jahren an Bedeutung verloren. Nach dem Krieg wurde ein wichtiger Teil der Wirtschaft unter die Kontrolle des Staates gebracht, damit dieser die planification besser realisieren konnte. François Mitterrand und die linken Regierungen haben den staatlichen Sektor erheblich ausgeweitet. Die folgenden konservativen Regierungen haben diesen wieder privatisiert. Entscheidend für die Zukunft ist, dass Frankreichs Wirtschaft sehr eng mit der EU verbunden ist. 2003 kamen 59 Prozent der französischen Einfuhren aus den EU-Ländern, 61 Prozent der französischen Ausfuhren gingen dorthin. Deutschland bleibt der bei weitem wichtigste Handelspartner.
1.3 Die Anfänge der europäischen Integration
    Der Beitrag Frankreichs zum Aufbau Europas ist widersprüchlich. Einerseits hat es viele Initiativen und Vorschläge formuliert, die verwirklicht wurden, andererseits hielt es auch zahlreiche Entwicklungen auf und brachte wichtige Pläne zum Scheitern. Frankreich ist reich an Ideen und gutem Willen, aber wegen seiner Auffassung von der Souveränität und der Verteidigung seiner nationalen Interessen ist es auch ein unbequemer Partner für die anderen Mitglieder der Union.
    Europapläne für die Zeit nach dem Krieg wurden schon vor 1945 in den Kreisen der französischen Widerstandsbewegung ausgearbeitet. Frankreich spielte auf europäischer Ebene von Anfang an eine aktive Rolle, weil es England das Feld nicht überlassen wollte und weil ein neuer Rahmen für das besiegte Deutschland zu schaffen war. Der Gedanke, dass Europa sich einigen musste, wenn es sich den Vereinigten Staaten von Amerika und der Sowjetunion gegenüber behaupten wollte, hatte sich schnell durchgesetzt: Man konnte auf die Versuche Aristide Briands und Gustav Stresemanns zurückgreifen, und der Kalte Krieg wirkte wie ein Katalysator. Es ist kein Zufall, dass die erste europäische Organisation, die Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC), von zunächst 17 europäischen
Staaten am 16. April 1948 in Paris gegründet wurde. Im Rahmen des Marshall-Planes sollte die OEEC den Wiederaufbau Europas fördern und Handelshemmnisse, wie Kontingentierung und Devisenbewirtschaftung, abbauen. Nach Vollendung dieser Ziele wurde 1961 die Nachfolgeorganisation, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), mit der Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten beauftragt; außerdem ist sie auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe tätig. Die OECD mit Sitz in Paris gilt zu Recht als die bedeutendste wirtschaftliche Organisation der westlichen Industrieländer.
    Die Franzosen und die Briten bildeten die stärksten Delegationen beim Europakongress in Den Haag vom 7. bis 10. Mai 1948. Frankreich verteidigte damals den Gedanken eines föderalen Europas, konnte sich aber gegen England nicht durchsetzen, das für die intergouvernementale Zusammenarbeit eintrat. So entstand am 5. Mai 1949 in Straßburg der Europarat, der politisch ziemlich machtlos blieb, obwohl seine Arbeit für Menschenrechte und Kultur nicht zu unterschätzen ist.
    Der entscheidende Anstoß kam aber am 9. Mai 1950 mit dem Schuman-Plan, den Jean Monnet schon im Sommer 1943 in Algier auf Wunsch de Gaulles vorbereitet hatte, der aber zunächst keine Anwendung fand. In den ersten Nachkriegsjahren war auch Robert Schuman für eine harte Politik gegenüber Deutschland eingetreten. In einer bemerkenswerten Rede vor der UN-Generalversammlung am 28. September 1948 kündigte er eine neue Politik an: keine Wiederholung der schweren Fehler von Versailles, Versöhnung und Zusammenarbeit mit Deutschland, Integration Deutschlands in die europäische Völkergemeinschaft. »Wir wollen uns aber nicht einer Politik anschließen, die die Fehler, die nach dem Ersten Weltkrieg gemacht wurden, wiederholen würde (...). Das erneuerte Deutschland muss sich in das demokratische Europa einfügen.« Es war ein Glück für die deutsch-französischen Beziehungen sowie für die Integration, dass Schuman in den Gründungsjahren Europas (1948 bis 1952) Außenminister wurde.
    Der

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