Europa-Handbuch - Europa-Handbuch
Zusammenarbeit zu vertiefen (Treffen mit Konrad Adenauer am 13. September 1958 in Colombey-les-deux-Eglises und deutsch-französischer Vertrag vom 22. Januar 1963) und die europäische Einigung fortzusetzen. Dabei verfolgte er aber eigene Vorstellungen, welche die anderen Partner nicht teilten. So kam es zu Krisen. De Gaulle ver-/behinderte nicht den Prozess der wirtschaftlichen Integration und setzte sogar die gemeinsame Agrarpolitik durch – beide Punkte sind positiv zu bewerten. Auch hatte Frankreich einen wesentlichen Beitrag am Zustandekommen der Abkommen von Jaunde zwischen der EWG und Schwarzafrika (Juli 1963) geleistet, die ab 1975 in die Lomé-Abkommen übergingen. Dies war der Anfang einer engen Zusammenarbeit in der Entwicklungspolitik, die dann mit den Lomé-Abkommen die AKP-Staaten (Afrika, Karibik und Pazifik) umfasste. De Gaulle lehnte jedoch den Gedanken der politischen Integration ab, er war für eine Zusammenarbeit der Regierungen, für das Europa der Staaten. Seine Partner in der EWG wandten sich gegen seine Fouchet-Pläne (nach dem damaligen französischen Botschafter in Den Haag benannt) der Jahre 1961 und 1962, weil sie zu sehr auf die intergouvernementale Zusammenarbeit setzten und den schon erreichten Grad europäischer Integration infrage stellten. Die Ablehnung der politischen Integration drückte sich in der französischen »Politik des leeren Stuhles« im zweiten
Halbjahr 1965 (Paris boykottierte die europäischen Institutionen) und im Luxemburger Kompromiss vom 29. Januar 1966 aus, der das Vetorecht verlängerte. De Gaulle verhinderte zweimal den Beitritt Großbritanniens zur EWG (am 14. Januar 1963 und am 27. November 1967) und schuf sich damit viele Feinde.
Auch in der Sicherheitspolitik verfolgte er eigene Ansichten. Ende September 1958 hatte de Gaulle den Amerikanern ein Sonderbündnis zwischen Paris, London und Washington in der NATO vorgeschlagen. Die Amerikaner lehnten ab. Da er in den folgenden Jahren kein von den USA unabhängiges Europa gründen konnte, zog de Gaulle 1967 Frankreichs Streitkräfte aus der NATO zurück, ohne allerdings die Atlantische Allianz zu verlassen. Am 13. Februar 1960 explodierte die erste französische Atombombe in Regane (Sahara). Da de Gaulle andere Wege als die fünf weiteren Mitglieder der Gemeinschaft ging, konnte die Integration keine Fortschritte machen.
1.6 Ein normalisiertes Verhältnis zu Europa
Nach dem Rücktritt de Gaulles am 23. April 1969 normalisierte sich das Verhältnis Frankreichs zu Europa. Sein Nachfolger, Georges Pompidou, akzeptierte die erste Erweiterung der EWG, die am 1. Januar 1973 stattfand. Valery Giscard d’Estaing und sein Freund, Bundeskanzler Helmut Schmidt, bemühten sich gemeinsam um die europäische Integration. So kam es zur Gründung des Europäischen Rates und zur Direktwahl des Europäischen Parlamentes. Am 13. März 1979 trat das Europäische Währungssystem in Kraft, das auf eine gemeinsame Initiative beider Staatsmänner zurückging. Auf Initiative des französischen Präsidenten kamen vom 13. bis 17. November 1975 in Rambouillet die Staats- oder Regierungschefs der sieben größten Industriestaaten zusammen – so entstand die G-7. Giscard scheiterte jedoch mit dem Versuch, einen Trilogue zwischen Europa, Afrika und den asiatischen Ländern zu begründen.
Der Beitrag des sozialistischen Präsidenten François Mitterrand zur europäischen Integration war ebenfalls beachtlich. In einer spektakulären Rede vor dem Deutschen Bundestag am 20. Januar 1983 sprach er sich für die Aufstellung neuer bodengestützter nuklearer Mittelstreckenwaffen aus und schuf damit ein festes Fundament für seine Zusammenarbeit mit Bundeskanzler Helmut Kohl. Beim Europäischen Rat von Fontainebleau (26. Juni 1984) bemühten sich Mitterrand und Kohl erfolgreich um eine Lösung für die Finanzierungsprobleme der EG. Von 1985 bis Ende 1994
spielte der französische Sozialist Jacques Delors (Wirtschafts- und Finanzminister von 1981 bis 1984) eine positive Rolle als Präsident der EG-Kommission, seine Vermittlungen zwischen Mitterrand und Kohl in der Zeit der deutschen Vereinigung waren sehr nützlich. François Mitterrand schlug im April 1985 eine europäische Initiative zur Verstärkung der Zusammenarbeit im Bereich Forschung und Technologie vor, um die Wettbewerbsfähigkeit Europas in Schlüsselbereichen der Zukunftsindustrien zu verbessern. So entstand EUREKA (European Research Coordination Agency).
Der Vertrag von Maastricht und
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