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Europa-Handbuch - Europa-Handbuch

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Titel: Europa-Handbuch - Europa-Handbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Weidenfeld
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und dem politischen Handel als der Qualifikation zuzuschreiben ist. 4 Man schätzt, dass die PASOK-Regierung von 1981 zwischen 300 000 und 400 000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst neu eingestellt hat. 5 Nachteilig macht sich auch der Umstand bemerkbar, dass die Verwaltung sehr stark zentralisiert ist. Trotz entsprechender Reformversprechen ist die Dezentralisierung der Administration kaum vorangekommen, und bis heute sind die lokalen Verwaltungen von Athen abhängig.
2.2 Politische Parteien und Wahlen
    Nach 1974 hat sich in Griechenland ein »Zweieinhalb-Parteiensystem« etabliert. Es setzt sich zusammen aus den beiden großen Parteien, der sozialdemokratisch-sozialistischen PASOK und der konservativ-liberalen Neuen Demokratie (ND), sowie der Kommunistischen Partei (KKE), die mit deutlichem Abstand auf die großen Parteien rund 10 Prozent der Wähler in der Vergangenheit auf sich vereinigen konnte. In den letzten Jahren wird den orthodoxen Kommunisten allerdings der Rang durch nicht-dogmatische Linksgruppen und bürgerliche Kleinparteien streitig gemacht. Eng mit der industriellen Unterentwicklung ist der Umstand verbunden, dass es in Griechenland keine Tradition sozialistischer Massenbewegungen gibt. Wo sich Arbeiter politisch zusammenfanden, führte dies zur Gründung der Kommunistischen Partei, die seit 1920 das Linksspektrum bestimmt. Erst am 3. September 1974 kam es durch Papandreou zur Gründung einer sozialistischen Massenpartei, der PASOK. Sieben Jahre nach ihrer Gründung konnte sie 1981 die Regierung übernehmen. Die Parteiführung war zwar effektiv, stand dafür aber anfänglich mit den Normen innerparteilicher Demokratie auf Kriegsfuß. So wurde der Parteichef per Akklamation gewählt, und der erste ordentliche Parteitag trat erst zehn Jahre nach Gründung der Partei zusammen. Kennzeichnend für die PASOK ist der Umstand, dass sie trotz ihrer anfänglichen Radikalität ihre Herkunft von der bürgerlichen Zentrumspartei vor 1967 nicht verleugnen kann. Viele führende PASOK-Politiker stammen aus dieser Partei, ebenso ein großer Anteil der Wähler. 6
    Stellt die PASOK wegen ihres raschen politischen Aufschwunges seit 1974 ein besonders dynamisches Element des politischen Systems Griechenlands
dar, so kann Gleiches von ihrer großen Widersacherin, der Neuen Demokratie, nicht gesagt werden. Die Partei, 1974 von dem aus dem Pariser Exil zurückgekehrten Karamanlis gegründet, steht in der Tradition griechischer Rechtsparteien, insbesondere der »Nationalen Radikalen Union« (ERE), deren Vorsitzender Karamanlis von 1956 bis 1963 war. Die von Karamanlis versprochene und bis heute in der Partei hochgehaltene »liberale Wendung« konnte nur unvollständig vollzogen werden. Unbestreitbar ist, dass nach 1974 auf die massiven staatlichen Repressionen gegen Oppositionelle verzichtet wurde, und dass die Beschwerden über Wahlfälschungen verstummten, die vor 1967 immer wieder für Unruhe gesorgt hatten. Die Programmatik der ND, von Karamanlis persönlich formuliert, beinhaltet ein Bekenntnis zur pluralistischen parlamentarischen Demokratie, zu einem »milden politischen Klima« und zur Marktwirtschaft. Die Haltung zur Europäischen Gemeinschaft und zur NATO war stets positiv. »Griechenland gehört zum Westen« war die Parole, mit der die ND die Wahlkämpfe der Siebziger- und frühen Achtzigerjahre geführt hatte. Im Unterschied zur PASOK haben aber Ideologie und Programmatik bei der ND nie eine große Rolle gespielt. Die ND erweist sich bis heute als eine noch stark dem klassischen Parteientyp Griechenlands verhaftete Organisation. Nachdem Karamanlis sich aus der aktiven Politik zurückgezogen hatte, kämpfte die ND mit einem Führungsproblem, das gegen Ende der Achtziger- und zu Beginn der Neunzigerjahre nur kurzfristig durch Konstantin Mitsotakis überbrückt werden konnte. Kostas Karamanlis, eine Neffe von Konstantin Karamanlis, führt die Partei seit 1997 und ist seit März 2004 Regierungschef.
    Die Kommunistische Partei (KKE), die 1981 zur drittstärksten Partei aufgestiegen war, gehörte zu den moskautreuen und orthodoxen Parteien. Auch nach dem Ende des Realsozialismus hält die Partei an der Diktatur des Proletariates fest. Innerhalb der Gewerkschaften ist der Einfluss der Kommunisten bedeutend. 1968 hat sich von der KKE die euro-kommunistisch orientierte KKE-Inland abgespaltet, die sich zwar als innovatives und belebendes Element des politischen Systems hervortat, die bei Wahlen aber deutlich gegenüber

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