Europa-Handbuch - Europa-Handbuch
Industrie familiäre Klein- und Mittelbetriebe das Bild. 99 Prozent aller Betriebe beschäftigen weniger als 50 Personen. Die Produktivität ist gering, und fehlendes Kapital verhindert notwendige Modernisierungsmaßnahmen. Die hohe Importabhängigkeit von Brennstoffen und hochwertigen Industriegütern sowie ein hohes Defizit in der Handelsbilanz kennzeichnen die griechische Wirtschaft. Bei den Einfuhren dominieren mit 40 Prozent industrielle Konsumgüter und mit
24 Prozent Kapitalgüter. Bei den Ausfuhren nehmen Industrieerzeugnisse mit 46 Prozent zwar den ersten Rang ein, doch erreichen Nahrungsmittel und Getränke noch immer einen Anteil von 27 Prozent. Die wichtigsten Handelspartner Griechenlands sind Deutschland, Italien, die USA und Frankreich.
Die Schifffahrt ist ein wichtiger Devisenbeschaffer. Mit 25,7 Millionen Bruttoregistertonnen im Jahr 1997 verfügt Griechenland über die bedeutendste Handelsflotte der EU. Allerdings ist die Krise der internationalen Seeschifffahrt nicht spurlos an Griechenland vorbeigegangen. Die vielen in der Bucht von Eleusis stillgelegten Schiffe sind dafür der Beweis. Ein weiterer wichtiger Devisenbringer ist der Fremdenverkehr. 1994 kamen 11,1 Millionen ausländische Gäste nach Griechenland, die der Tourismusbranche Einnahmen in Höhe von 335 Millionen US-Dollar bescherten. Schon Mitte der Siebzigerjahre hatten die Einnahmen aus dem Tourismus die Summe der von griechischen Gastarbeitern in die Heimat überwiesenen Gelder überflügelt. Der Ausbau der Kapazitäten für den Tourismus stößt in Griechenland derzeit allerdings auf erhöhte Kosten in Form von stärkeren Umweltbelastungen.
Griechenland gehört ab dem 1. Januar 2001 der Europäischen Währungsunion an. 1998 hatte die Kommission noch festgestellt, dass Griechenland keines der Konvergenz-Kriterien erfülle. Im Mai 2000 konstatierte die Kommission, dass die durchschnittliche Rate der Geldentwertung in den vergangenen zwölf Monaten bei 2,0 Prozent und damit unter dem Referenzwert von 2,4 Prozent gelegen habe. Die Nettoneuverschuldung des Staates sei von 10,2 Prozent (1995) auf 1,6 Prozent des BIP gesenkt worden. Auch das Wechselkurs- und das Zinskriterium seien erfüllt worden. Die Drachme habe länger als zwei Jahre dem Wechselkursmechanismus ohne nennenswerte Spannungen angehört. Wie die Europäische Zentralbank (EZB) in ihrem Bericht feststellte, hatte Griechenland deutliche Fortschritte bei der nominellen Konvergenz erreicht. Die Inflationsbekämpfung und die Verringerung des Haushaltsdefizites wurden besonders gewürdigt. Kritisch wurde jedoch vermerkt, dass die Staatsverschuldung mit 104 Prozent des BIP noch weit über den erlaubten 60 Prozent liege. Die EZB machte auch deutlich, dass die Regierung es nicht so wie bisher bei Konsolidierungsmaßnahmen zur Erreichung der nominellen Konvergenz bewenden lassen dürfe. Aus Bankenkreisen ist kritisiert worden, dass das Haushalts-und Preisstabilitätskriterium nicht nachhaltig erfüllt sei und der Schuldenstand weit entfernt vom geforderten Referenzwert liege. Für 2001 prognostizierte die Kommission ein Wachstum von 4 Prozent, eine Inflation von 2,3 Prozent und eine Arbeitslosigkeit von 9,6 Prozent. 10
3. Griechenland und Europa – Entwicklungen und Perspektiven
Nach scharfen innenpolitischen Auseinandersetzungen ist Griechenland 1981 Mitglied der Europäischen Gemeinschaft geworden. Stellte Papandreou zu Anfang der Achtzigerjahre die Zugehörigkeit zur EG noch infrage und erwies sich als ein schwieriger Partner für die Gemeinschaft, so trat spätestens seit Mitte der Achtzigerjahre eine Wende ein, indem an Griechenlands EG-Mitgliedschaft nicht mehr gerüttelt wurde. Gegen Ende der Achtzigerjahre war dann mit anti-europäischer Politik bei den griechischen Wählern überhaupt keine Resonanz mehr zu finden. Die EG erfreute sich überdurchschnittlicher Beliebtheit in Griechenland, wie die Meinungsumfragen des »Eurobarometers« bestätigen. 11 Nach dem proeuropäischen Interregnum von Mitsotakis in den Jahren 1990 bis 1993 und der dreijährigen Rückkehr Papandreous an die Regierungsmacht hatte Simitis seiner Politik eine deutliche Ausrichtung auf Europa gegeben. Mit dem Beitritt zur Währungsunion war der Ministerpräsident auf diesem Weg ein entscheidendes Stück vorangekommen, wenngleich für die neue Regierung noch viele unerledigte Strukturreformen zu bewältigen sind.
In erster Linie sind zwei Faktoren dafür verantwortlich, dass sich die Haltung gegenüber
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