Europa-Handbuch - Europa-Handbuch
Europaparlamentarier und vier Stimmen (im Rat der EU) zu. Am 16. April 2003 wurden in Athen die EU-Beitrittsverträge mit der Republik Zypern und den neun anderen Kandidatenländern unterzeichnet; vorausgegangen war die Ratifizierung dieser Verträge durch das Europäische Parlament (9. April 2003). Für Zypern, aber auch für Europa war der 16. April 2003 eine historische Zäsur. Am 15. Juli 2003 ratifizierte das zypriotische Abgeordnetenhaus einstimmig den EU-Beitrittsvertrag. Der am 5. November 2003 veröffentlichte Monitoring-Bericht der EU-Kommission über den Vorbereitungsstand der am 1. Mai 2004 beitretenden zehn Staaten erwähnte in Bezug auf Zypern nur folgende Bereiche, die »entschiedene Maßnahmen« erforderten: Zahlstelle Agrarsubventionen, Außenhandel Agrarprodukte, Sicherheit im Seeverkehr.
3. Ausblick
Von den Griechischzyprioten wurde der »Europamarsch« mit Nachdruck bejaht. Man sah im EU-Beitritt unter anderem ein Instrument zur Lösung des Zypernproblems. Die Tatsache, dass die Türkei und Denktasch vehement gegen den Beitritt der Republik Zypern reagierten, macht eine zuverlässige Prognose über die Wiedervereinigung der Insel unmöglich. Zwar erklärte der damalige EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen im Januar 2001, es werde keine separaten Verhandlungen mit dem türkisch beherrschten Norden geben, und Nordzypern könne nicht Mitglied der EU als Teil der Türkei werden. 16 Doch der »schwierige Partner Europas« 17 lässt sich von solchen Ermahnungen nicht beeindrucken, zumal er weiß, dass seine Aufnahme in die EU nicht unmittelbar erwünscht ist, »zumindest nicht in den nächsten zwanzig Jahren«. 18 Auf dem Kopenhagener EU-Gipfel (12./13. Dezember 2002) verlangte Ankara einen Termin für Beitrittsverhandlungen. Dabei wurde es von der sich um gute Beziehungen zu Ankara bemühenden Athener Regierung unterstützt. Der Europäische Rat vertröstete
jedoch die Türkei mit »einem Datum für das Datum«. Im Dezember 2004 beschloss der Europäische Rat die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, die im Oktober 2005 aufgenommen wurden. Der Europäische Rat unterstrich in Kopenhagen, dass er der Aufnahme eines vereinigten Zyperns in die EU den Vorzug gebe, dass aber Zypern auch ohne vorherige Lösung des politischen Problems der EU beitreten werde, wobei die Anwendung des acquis communautaire im Norden bis auf weiteres einzustellen sei. Die Republik Zypern nahm am 4. Oktober 2003 an der EU-Regierungskonferenz in Rom teil. Die UN-Vermittlungsbemühungen blieben bisher erfolglos. Der zuerst am 11. November 2002 von Kofi Annan den Parteien präsentierte und danach zweimal revidierte Lösungsplan wurde von den Griechischzyprioten als Verhandlungsbasis akzeptiert, von Denktasch aber strikt abgelehnt. Der »starke Mann« der Türkei, Premier Recep Tayyip Erdogan, bemüht sich um ein proeuropäisches Profil. In der Zypernfrage verfolgt er jedoch keinen klaren Kurs. Bald zeigt er sich verhandlungsbereit, bald solidarisiert er sich (nicht zuletzt unter dem Druck der Militärs) mit dem Denktasch-Regime.
Die unversöhnliche Haltung Ankaras schadet allerdings nicht nur seinen Europaaspirationen, sondern auch den Interessen der Türkischzyprioten, die von der Aufnahme Zyperns in die EU in hohem Maße profitieren würden. »Sollte Ankara die Zyperninitiative tatsächlich zum Scheitern bringen, würde es damit den griechischen Zyprioten in die Hände arbeiten. Denn die Regierung in Südnikosia könnte dann einmal mehr argumentieren, dass die Türken nicht an einer Lösung orientiert seien...« 19 Trotz aller Ungewissheit lässt sich diesseits und jenseits der Demarkationslinie eine Vereinigungsdynamik feststellen. Dies wurde unter anderem offenbar, als Denktasch am 23. April 2003 unter dem Druck der oppositionellen Türkischzyprioten und im Bestreben, seiner Doktrin von der »Existenz zweier Staaten« Vorschub zu leisten, bestimmte Erleichterungen im Reiseverkehr zwischen dem Norden und dem Süden zugestand. 20
Die Vereinigungsdynamik und das Bestreben Ankaras, im Dezember 2004 von der EU einen Termin für den Beginn von Beitrittsverhandlungen zu erhalten, führten denn auch dazu, dass UN-Generalsekretär Kofi Annan, nicht zuletzt dahin gehenden Ermahnungen Washingtons folgend, im Februar 2004 seinen Lösungsplan erneut aufs Tapet brachte. Am 13. Februar 2004 willigten Tassos Papadopoulos und Rauf Denktasch (dieser unter dem massiven Druck Erdogans) in New York ein, die Verhandlungen über
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