Europa nach dem Fall
aus Afghanistan und Tschetschenien.
Das war in aller Kürze der historische Hintergrund für die Herausbildung muslimischer Gemeinschaften. Die gegenwärtigen (2011) offiziellen oder halboffiziellen Zahlen für muslimische Gemeinschaften in Europa sind wie folgt:
Frankreich: etwa 5 Millionen
Deutschland: 4,2 Millionen (1961 betrug ihre Zahl 15 000)
Großbritannien: 2 bis 2,5 Millionen
Niederlande: 1 Million (mit einer Verdopplung oder mehr während der letzten 25 Jahre)
Schweden: 0,5 Millionen (mit einer Verdreifachung während der letzten 25 Jahre)
Dänemark: 0,2 Millionen (1982 waren es 25 000)
Italien: 0,9 Millionen (1982: 120 000)
Spanien 1,0 Millionen (1982: 120 000)
Griechenland: 0,5 Millionen
Belgien: 0,6 Millionen
Österreich: 0,4 Millionen (1982: 80 000)
Dazu kämen noch etwa 16 bis 20 Millionen Muslime in der Russischen Föderation, legale wie illegale Einwohner, sowie die in Bosnien und Albanien beheimateten Muslime.
All diese Zahlen sind Schätzungen. In wenigen Fällen könnten sie zu hoch sein. Einigen Quellen zufolge könnte die Zahl der Muslime in Frankreich sich auf nur 3,5 bis 4 Millionen belaufen (fünf Millionen ergab die Schätzung des französischen Innenministeriums für das Jahr 2000). Die meisten Zahlen sind aber eher zu niedrig. Die Zahl der Muslime in Spanien, das jahrelang die höchste Einwanderungsrate in Europa hatte, könnte näher bei 1,5 Millionen liegen, von denen wohl die Hälfte Illegale sind. Das amerikanische Pew-Forum veröffentlichte eine interessante Studie zur Zukunft der muslimischen Bevölkerung in Europa und anderswo, scheint aber die illegale Einwanderung nicht mit berücksichtigt zu haben.
In welchem Ausmaß ist es überhaupt berechtigt, von muslimischen »Gemeinschaften« zu sprechen, da sie aus ganz unterschiedlichen Gebieten der Welt kommen? Es hat sich eingebürgert, sie als monolithischen Block zu sehen, was von der Wahrheit weit entfernt ist. Die Türkei ist das Ursprungsland der großen Mehrheit der in Deutschland lebenden Muslime, und Türken bilden 50 Prozent der in Österreich und Griechenland lebenden Muslime, während sie in den Niederlanden auf 40 Prozent kommen – etwa so viele wie in Belgien. Doch unter diesen Türken sind Hunderttausende Kurden, die, um es vorsichtig zu formulieren, mit den Türken nicht auf freundschaftlichstem Fuße stehen.
Die meisten der französischen und spanischen Muslime sind nordafrikanischer Herkunft, wie auch die Hälfte derer in Italien und Belgien und wahrscheinlich 40 Prozent in den Niederlanden. Es hat eine beträchtliche, zumeist illegale muslimische Einwanderung von Albanien nach Italien gegeben. Ein erheblicher Anteil der illegalen Einwanderer hat sich weiter nach Norden bewegt, doch es lässt sich unmöglich sagen, wie viele. Britische Muslime kommen hauptsächlich aus Pakistan (45 Prozent) und Bangladesch (15 Prozent oder mehr).
Kurz gesagt, diese Gemeinschaften in Europa sind alles andere als monolithisch. Außer in Frankreich haben sie keine gemeinsame Sprache. Nur wenige beherrschen das Arabische. Doch auch wenn ihre Zahl relativ klein ist, wächst ihr politischer Einfluss. So wird die Muslim Association of Britain (MAB) für arabisch dominiert gehalten. Die große Mehrheit der Muslime ist sunnitisch, doch es gibt auch schiitische Gemeinden (unter den Türken in Deutschland) wie auch Alewiten (insbesondere in Deutschland), Ahmadiyya (von den »normalen« Muslimen als Häretiker angesehen) und eine Anzahl von mystischen Orden und Gruppen (in der Hauptsache Sufis).
Die Religion ist im Leben der muslimischen Gemeinschaften wichtig. Die Zahl der Moscheen in Frankreich ist von etwa 260 vor 20 Jahren auf derzeit 2 350 oder mehr gestiegen. Es gibt einige große Moscheen in Städten wie Paris, Marseille und Lyon, aber in der Mehrheit sind es kleine Gebetshäuser, und das Gleiche gilt auch für Deutschland und die anderen europäischen Länder. Deutschland verfügte in den 1980er-Jahren über 700 kleine Moscheen oder Gebetshäuser, doch nun gibt es mehr als 2 800. 1999 gab es in England 584 »zertifizierte Moscheen«, doch die wirkliche Zahl beläuft sich gegenwärtig auf 1 800; in Birmingham, Englands zweitgrößter Stadt, gibt es nun mehr Moscheen als Kirchen, wenngleich die Moscheen viel kleiner sind. Es könnte gut sein, dass es inzwischen mehr praktizierende Muslime im Vereinigten Königreich gibt als die Kirche besuchende Mitglieder der Church of England. Statistiken aus dem Jahr 2010 aus einer Reihe
Weitere Kostenlose Bücher