Europa nach dem Fall
von europäischen Ländern, darunter Norwegen und die Niederlande, zeigen insbesondere bei den Jüngeren einen Trend zu abnehmenden Moscheebesuchen nach einigen Jahren Aufenthalt in Europa. Doch wenn die Moschee durch die Straßengang und der spirituelle Anstoß durch eine politische Religion ersetzt wird, ist es noch zu früh, aus diesem Trend weitreichende Schlüsse zu ziehen.
Wie orthodox sind europäische Muslime? Schätzungen dazu gehen weit auseinander. Der Moscheebesuch zum Freitagsgebet soll an einigen Orten 60 Prozent und an anderen nur 10 Prozent ausmachen, wobei die ältere Generation wie üblich mehr beteiligt ist. Die meisten in England geborenen jungen Muslime verstehen die Predigten in Sprachen wie Urdu, Bengali und Arabisch nicht mehr.
In einer Umfrage unter in Deutschland lebenden Türken gaben 7 Prozent an, dass sie sehr orthodox seien, wohingegen 27 Prozent aussagten, dass sie nicht besonders religiös oder gar nicht religiös seien (doch andere Umfragen führten zu unterschiedlichen Ergebnissen mit viel höheren Zahlen für orthodoxe Gläubige, was sehr von der Definition von »religiös« abhängt). Die Länge des Aufenthalts von Muslimen in Europa scheint in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu haben, wohingegen Bildung und Einkommen von Belang sind; Menschen mit höherer Bildung und höherem Einkommen tendieren dazu, weniger religiös zu sein als der Rest. Bei einer kürzlich durchgeführten Untersuchung in Frankreich gaben 36 Prozent an, dass sie strenggläubig seien, doch ein sehr viel höherer Prozentsatz hielt einzelne Gebote wie das Fasten im Ramadan ein.
Einige Moscheen sind orthodoxer als andere. Ein gewisser Prozentsatz hat den Ruf, überaus »militant« zu sein (d.h. ein Auffangbecken für die Rekrutierung von Terroristen), etwa die Moscheen in Finsbury Park und Brixton in London, doch das sind nicht notwendigerweise die religiös orthodoxesten. Die religiöse Ausrichtung hängt mehr von der Persönlichkeit des Imams oder Predigers ab. Die Rekrutierung und Ausbildung von Militanten wird in einer Reihe von Organisationen im allgemeinen Dunstkreis von Moscheen durchgeführt. Viele Moscheen bilden so etwas wie einen Archipel mit einer Vielzahl sozialer Organisationen wie Sportvereinen (für Männer), Schulen, Kindergärten und anderen Einrichtungen. Je monolithischer die Gemeinschaften sind (wie etwa in Deutschland), desto wahrscheinlicher bildet sich eine auf sich selbst bezogene Parallelgesellschaft heraus, weshalb die Notwendigkeit, die Landessprache zu erlernen, geringer wird.
Muslimische Einwanderer sind nicht gleichmäßig über die verschiedenen europäischen Staaten verteilt. Die Hauptkonzentrationen sind in den Großstädten und den ehemaligen Industrieregionen. Im Vereinigten Königreich sind sie in London zu finden (und in London wiederum in bestimmten Vierteln wie Tower Hamlets und East End) sowie in den Midlands (in Städten wie Bradford, Burnley, Oldham) und in Birmingham.
In Deutschland weist Berlin die größte Muslimgemeinschaft auf, doch prozentual sind sie im Ruhrgebiet (Essen, Dortmund, Duisburg, Solingen) noch stärker vertreten. Einige Städte dort haben eine nicht-deutsche Einwohnerschaft von zwischen 25 und 30 Prozent.
In Frankreich findet sich die stärkste Konzentration in der Banlieue, den Vorstädten von Paris (etwa Seine/St. Denis), und es gibt auch einen hohen Anteil in Südfrankreich, etwa in Toulouse, Lyon, Nizza sowie an der Côte d’Azur. Muslimische Gemeinschaften sind aber auch in den alten Industrievierteln im Norden zu finden; viele Einwohner des Ballungsraums Lille sind Muslime.
In Spanien befindet sich die Hauptkonzentration im Süden und in Madrid, aber auch in Katalonien. In Schweden ist Malmö mit Vierteln wie Rosengard die »muslimischste« Stadt Skandinaviens. Es gibt auch beträchtliche Zusammenballungen im Norden und Nordwesten Stockholms, wie etwa Tensta, und im Osten Göteborgs. Der Einfluss der Muslimbruderschaft ist unter der islamischen Gemeinschaft in Schweden aufgrund des Zuzugs saudischer Priester, die radikal und antiwestlich eingestellt sind, besonders stark.
Die muslimischen Gemeinschaften sind beträchtlich jünger als die nicht-muslimische Bevölkerung. Etwa die Hälfte der in West- und Mitteleuropa lebenden Muslime ist dort geboren. Muslime stellen insgesamt nur 15 Prozent der Einwohner Brüssels, aber in der Gruppe der unter 25-Jährigen kommen sie auf 25 Prozent. Die entsprechenden Prozentzahlen in den bedeutenden
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