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klingt sehr lobenswert, sagte Käthe und lächelte ihm zu. Und jetzt muss ich in meinen Zug steigen.
Darf ich Sie noch um einen letzten Rat bitten?, sagte der junge Mann.
Wir müssen los, sagte Karl.
Ich helfe Ihnen gern, Roman Lasarewitsch. Aber nur, wenn ich Ihretwegen nicht meinen Zug verpasse!
Wo war Karl? Oh, Gott sei Dank, er hatte schon das ganze Gepäck in den Zug gebracht …
Dieser junge Roman Lasarewitsch ließ wieder sein Lächeln aufblitzen und sagte: Wie schrecklich muss es einem scheinen, eine Mutter
zu sein, die um ihr totes Kind weint, und ein Mann, der es mit ansieht und filmt!
51 So stelle ich es mir wenigstens vor. Ich habe noch nie einen Film gedreht, aber ich weiß, meine Aufgabe wird sein, das Leid aufzuspüren und hoffentlich die Ursachen und Heilmittel aufzuzeigen. Ich will gewissermaßen die nächste Käthe Kollwitz werden. Ich möchte mein Leben Frauen und toten Kindern widmen. Aber es kommt mir nicht recht vor, sie zu irgendeinem Zweck zu benutzen , und wäre es für das Allgemeinwohl.
Karl, dessen kleine Augen sich immer ganz hinter die Brillengläser zurückzuziehen schienen, war wieder da und hatte den Arm um sie gelegt. Er murmelte: Du musst nichts dazu sagen, wenn du nicht möchtest, Käthe.
Was hätte sie auch sagen sollen? Hätte sie zugeben sollen, dass sie damals den hageren Mann, der unter seinem Zylinder Grimassen schnitt, ohne Erlaubnis eingefangen und für alle Zeit in ihrem Weber-Zyklus eingesperrt hatte? Das stimmte, aber wie viel öfter hatte sie ihr eigenes uraltes, erschöpftes Antlitz zur Strecke gebracht!
Plötzlich glaubte sie, wieder weinen zu müssen. Nichts wäre ihr mehr zuwider gewesen.
Sie sagte: Bei mir ist das ganz einfach, Roman Lasarewitsch. Die Frau mit dem toten Kind bin ich. Und das Kind bin auch ich.
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Und so kehrten sie heim und traten durch den Torbogen der Weißenburger Str. 25. Peters Zimmer war noch wie vor dreizehn Jahren, sein weißes Bett akkurat gemacht, sein gerahmter Schattenriss hing an der Wand, die Türen der Glasvitirine mit den Trophäen seines Jungslebens waren geschlossen; Blumen in der Vase, Kleider an den Haken.
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Ein Kommentar merkt an: In den Tagebüchern findet sich fast nichts über die Reise, und auch dem Sohn in Berlin, dem sie sonst so ausführlich von allen Reisen berichtete, scheint sie nur einmal geschrieben zu haben.
53 Sie muss mit ihrer Erfahrung trotzdem zufrieden gewesen sein, denn im Jahr darauf, als der Schlafwandler, im schwarzen Anzug und mit einem schicken Hut, in Hamburg die nächste Rede hielt, wild auf und ab tigernd, eine kurze Reitpeitsche in der Hand,
54 stellte sie einen Holzschnitt der mit Johannes schwangeren Elisabeth und der mit Jesus
schwangeren Maria fertig, streifte die Schürze ab, setzte sich an den großen Holztisch im Wohnzimmer und schrieb dann an Gorki: Alles, was ich in Rußland sah, sah ich im Lichte des Sowjetsterns.
55 Aus der Feder einer Deutschen ist ihr nächster Satz im Nachhinein nicht ohne Ironie, um das mindeste zu sagen: Und ich habe Lust, nochmals dahin zu gehen, tief ins Land hin, an die Wolga. Vierzehn Jahre darauf sollte ihr Enkelsohn, der auch Peter hieß, dort sterben, ersaufen in einem Strudel aus Kugeln und Bomben in der Nähe des großen Strudels namens Stalingrad.
Sie blickte dieser Tage nicht mehr so viel aus dem Fenster, also weiß ich nicht zu berichten, ob sie den Mann mit Zylinder mit seinen Braunhemd-Freunden auf dem Kopfsteinpflaster der Weißenburger Straße auf und ab marschieren sah; vielleicht war er inzwischen gestorben; der Kaufmannslehrling lag schon lange unter der Erde. Sie war viel zu beschäftigt, das Spätsommerlicht zu genießen, vom Nebel über dem Wannsee ganz zu schweigen; sie wurde zu sehr von Ehrungen behindert. Als die Weltwirtschaftskrise ihrer Republik den Dolchstoß versetzte, hatte man sie zur Vorsteherin des Meisterateliers für Graphik der Preußischen Akademie der Künste ernannt. Als Schostakowitschs 2. Sinfonie uraufgeführt wurde, arbeitete sie wieder an einem düsteren Holzschnitt, das Gesicht der Mutter unscharf wie das einer verhüllten Mumie, das Kleine offensichtlich tot; sie gab ihm den Titel »Schlafende mit Kind«.
Ihre gigantische Lithografie »Wir schützen die Sowjetunion!« aus dem Jahr 1931 zeigte bitterernste Proletariermänner, die Arme verschränkt mit einer entschlossenen Proletarierfrau;
56 in einer Reihe standen sie und bildeten einen Schutzwall gegen das Böse; zufällig erinnern sie mich an die
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