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Europe Central

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Titel: Europe Central Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William T. Vollmann
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die müde Kadenz einer Toilettenspülung.
    Zitternd öffnete er die Tür seines Hotelzimmers und stand vor der Stockwerksdame, die ihn beobachtete. Er versuchte ein Lächeln. Dann lief er zum Fahrstuhl.
    Im der Halle standen zwei Männer in dunklen, knöchellangen Mänteln und glänzenden Stiefeln und betrachteten sich im Spiegel. Nach einer Weile gähnte der eine, nahm die hinter dem Rücken verschränkten Arme nach vorn und lehnte sich über den Schalter. Etwas an seinen Händen erinnerte Schostakowitsch an das Tintenfass aus Alabaster oben auf seinem Zimmer. Die schreckstarre Rezeptionistin schob ihnen das Gästebuch hin. Derweil drehte der zweite Mann sich um und sagte: Na, wenn das nicht Dimitri Dimitrijewitsch ist! Glückwunsch zu Ihrer Rehabilitierung.
    Danke, danke …
    Der Mann mit den Alabasterhänden gähnte, ließ das Gästebuch fallen, schlenderte zu Schostakowitsch hinüber und sagte: Nur alle zehn Jahre mal eine Sinfonie, was? Ein Stoßarbeiter sind Sie nicht gerade!
    Weil mir die Hände müde werden, Genossen, sogar wenn ich … Es zersetzt mich, sozusagen. Aber ich bin nur ein Wurm, und meine Sinfonien sind nichts als, äh, da ist es also kein Verlust, wenn, wenn … Ich entschuldige mich aufrichtig.
    Trinken Sie einen Wodka mit uns. Wir wollten mit Ihnen reden.
    Ach, das ist ja wirklich, aber leider, meine Freundin …
    Die Genossin Ustwolskaja wird sich verspäten. Jetzt kommen Sie mal hier rüber.
    Sie setzten sich an die Bar und Schostakowitsch umklammerte mit zitternden Händen das kleine Wodkaglas.
    Sie fragten ihn, ob er wisse, dass M. Weinberg von einem Agenten des britischen Geheimdiensts angesprochen worden sei. Sie wollten wissen, wann er seine Lenin-Sinfonie vollenden würde. Sie verlangten, dass er in die Kommunistische Partei eintrat, die einzige wahre Partei der Arbeiterklasse. Er wolle doch sicher an der Seite der Arbeiterklasse stehen, nicht wahr? Immer wieder sprachen sie von seinen Pflichten dem Volk gegenüber.
    Ja, ja, ja, erwiderte er mit einem Lächeln, das nicht von dieser Welt war, ganz wie das Leuchten goldener Kirchenkuppeln vom anderen Ufer eines Kanals.
    26
    Im Winter 1954, nicht lange nachdem reaktionäre Kreise in den USA den feindlichen SEATO -Block gebildet hatten, starb plötzlich Nina. Danach träumte er, dass sie nach ihm rief. Seine anderen Alpträume erinnerten an Gruppen aus Soldaten und Soldatinnen der Roten Armee auf verblassenden Fotos. Und so machte er Galina Ustwolskaja einen Heiratsantrag. Aber sie war schon zu lange auf ihre Überzeugung fixiert, dass, so wie das Kobaltblau des russischen Himmels im Winter rasch mit dem Grau der Dunkelheit verschwimmt, auch bei ihm und all seinen Vorhaben jegliche Momente des Lichts unweigerlich in trister Düsternis versanken. Er kannte viele Witze, das schon, aber wirklich, die Gesellschaft des D. D. Schostakowitsch machte einem wenig Freude! Deshalb sagte sie nein, so vermutete er. Nicht dass sie selbst gerade, wie soll ich sagen, lebenslustig gewesen wäre. Ein Grund mehr, sich einen Mann zu suchen, der, nun ja, Sie wissen schon. Ich will nicht sagen, dass er nicht verletzt war. Aber was er auch in dieser Hinsicht empfunden oder erfahren haben mag, sagen wir einfach, es spielte sich in einer anderen Kadenz ab, einer Kadenz abwärts natürlich, aber ich, ich, egal, das hat ja doch keinen Sinn.
    Er heiratete M. A. Kainowa, eine Funktionärin aus dem Komsomol. Nun, hatte Elena nicht dem Komsomol angehört? (Vor ihrer Verhaftung war sie ausgestoßen worden.) Obwohl diese Verbindung vor allem eine Mutter für seine beiden halbwilden Kinder liefern sollte, die in der Zwischenzeit recht und schlecht vom Hausmädchen Marija aufgezogen wurden (sehen Sie, ich bringe alle in Gefahr, pflegte ihr Vater zu sagen, ich ziehe alle hinab , alle, also, also, deshalb …), vermuteten seine Freunde, habe er diese Ehe so hastig geschlossen, weil die Einsamkeit ihm ebenso viel Angst einjagte wie seine eigenen Kompositionen, die inzwischen ausnahmslos so dick, ausladend und grau wie Schlachtschiffe waren. Aber bleiben wir beim Licht! Alle wussten, dass er zur Schwermut neigte, oder warfen es ihm jedenfalls vor (was für ein Glück für dich, dass du mich nicht geheiratet hast, Elena); warum dann nicht noch
einen Fehler begehen? Nun wollen wir herausfinden, ob Licht dem D. D. Schostakowitsch überhaupt steht, oder ob er besser, Sie wissen schon. Margarita, inspiriert, wie sie sagte, von den Booten und dem Glanz des Wassers in Roman

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