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Eva Indra

Eva Indra

Titel: Eva Indra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bis aufs Blut
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zu seinen Gehirnströmungen hatte, sagte er: „Ich muss weiter.“
    „Was heißt das, du musst weiter?“, fragte Anna. „Fliegst du nach Amerika zurück?“ „Nein“, sagte Alex in einem abfälligen Ton..
    „Wohin willst du denn dann?“, stocherte Anna weiter.
    „Hast du ein Auto?“, richtete Alex seine Frage an Lisa.
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    „Ja, schon, aber...“, antwortete sie nach Worten ringend.
    „Was hast du vor?“, fragte Anna ihn erneut.
    „Ich brauche dein Auto nur für ein paar Tage. Du bekommst es wieder, das verspreche ich dir!“
    „Aber ich...“
    „Alex, könnest du mir bitte sagen, was du vorhast?“, mischte sich Anna erneut ein und zog Alex zur Seite.
    Mein Gott ging ihm diese Fragerei auf die Nerven „Was hast du vor?“ „Was hast du vor?“ Als ob er es selbst wüsste. Ha! Weiber! Ein Auto brauchte er, das war auch schon alles, was ihm bisher eingefallen war. Aber es war eigentlich gar kein Einfall gewesen, es war eine Notwenigkeit, die Alex jetzt schon Unbehagen bereitete. Der bloße Gedanke daran wieder hinterm Steuer zu sitzen, widerstrebte ihm.
    „Anna, wie weit ist es eigentlich nach Prag?“
    „Drei Stunden“, antwortete sie spontan „aber ... willst du nach Prag?! Was um alles in der Welt willst du in Prag!?“
    Alex ignorierte ihre Frage. Drei Stunden also, gar nicht so weit, wie er gefürchtet hatte. Und dann? Einen Direktflug von Prag nach Los Angeles konnte er sich gleich abschminken. Hat Prag überhaupt einen Flughafen? Möglicherweise würde er eh nach Wien zurück müssen, um aus Europa wegzukommen. Abgesehen davon war es fraglich, ob dieses Ticket, das er bei sich hatte, überhaupt umtauschbar war. Heute hätte er fliegen sollen! Und wenn er trotzdem die Maschine nach Los Angeles nehmen würde? Was sollte passieren? Ja! Dieser Gedanke gefiel ihm auf Anhieb. Seine Mutter könnte er auch aus den Staaten anrufen. Sollte die Polizei aber auch nach ihm suchen, dann kam er nicht durch die Passkontrolle! Wegen zweifachen Autodiebstahls und Mitwissertum eines Mordes würde er eingebuchtet werden. Alex war zum Schreien zu Mute. Wie sollte er jemals aus Europa ausreisen? Wie sollte er überhaupt nach Prag kommen, wenn sie ihn suchten? „Was hast du vor?“, kam es wieder. Merkte sie denn nicht, dass er nahe daran war, ihr ins Gesicht zu schlagen, um dieses papageienartige Wiederholen ihrer Frage nicht mehr anhören zu müssen? Fragen! Fragen! Die hatte er selbst! Wie ein gewaltiges Bergmassiv ragten sie vor ihm in die Höhe. Nur Antworten gab es keine auf diese Fragen. Seine Gedanken drehten sich im Kreis, fuhren mit ihm eine Ringelspielfahrt, dass ihm dabei ganz schwindlig wurde.
    „Sie haben Leonards Leiche gefunden“, flüsterte er Anna ins Ohr und war sich über seine bösartigen Absichten, nämlich auch ihren Tag zu versauen, nur zu deutlich bewusst. Jetzt konnte er sich den Sex mit den Beiden endgültig aus dem Kopf schlagen, soviel war klar. Aber das war inzwischen auch egal.
    Annas Augen verfinsterten sich, ihre hohe Stirn zog unendliche viele kleine Fältchen, ihr großer Erdbeermund blieb wortlos offen stehen und ein Ausdruck von schierer Angst hatte sich auf ihrem Gesicht eingenistet.
    „Woher weißt du das?“, fragte sie ungläubig.
    „Das spielt hier keine Rolle. Ich muss auf alle Fälle hier weg.“
    „Was heißt, du musst weg? Und ich? Was soll ich machen?“, stieß Anna lauthals aus, so dass sich Lisa umgehend erhoben hatte, um Anna moralisch zu unterstützen. „Lisa, kannst du uns dein Auto borgen? Es ist ein Notfall, wirklich“, flehte Anna. „Kann mir mal einer sagen, was hier eigentlich los ist? Notfall, ha, zuerst brecht ihr meine Wohnungstüre auf, dann..."
    „Du kannst nicht mitkommen, Anna. Ich fahre alleine“, unterbrach Alex Lisa in ihrem Redefluss.
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    „Das werden wir sehen“, konterte Anna.
    „Hört mir eigentlich einer von euch Beiden zu? Ich denke gar nicht daran, euch mein Auto zu borgen.“
    „Und ich möchte nicht noch einmal ein Auto stehlen“, stieß Alex unbeabsichtigt ehrlich aus.
    „Ihr habt ein Auto gestohlen?“, stieß Lisa aus „Anna, ich rufe die Polizei - ich glaube wirklich nicht, dass...“
    Jetzt lagen sie sich in den Haaren. Zwei Frauen im Konflikt. Immer wieder erstaunlich anzusehen. Diese verbale Wucht, mit der sich Frauen streiten konnten, hatte Alex immer fasziniert. Und es brach aus ihnen heraus wie eine kilometerhohe Lavasäule aus einem schlafenden Vulkan.

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