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Eva Indra

Eva Indra

Titel: Eva Indra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bis aufs Blut
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es kamen gleich fünf aufeinmal. Da lag er in Reno in den Armen einer schlanken Indianerin und gleichzeitig kamen Briefe aus L.A., Anrufe aus Anaheim und Kurznachrichten aus San Diego. Als würden sie es riechen auf tausend Kilometer Entfernung. Wieso konnten sie nicht nacheinander kommen, schön geordnet, eine Beziehung nach der anderen. So wie die Engländer auf den Bus warten oder auf der Rolltreppe stehen, nicht in diesem knäuelhaften Wust, in dem andere Völker alle gleichzeitig durch die schmale Tür drängen. Aber es war müßig, sich darüber Gedanken zu machen, denn das wäre, als würden Frauen nacheinander pinkeln gehen. Klappt schließlich auch nicht.
    Sie standen wieder mal in der Warteschlange. Anna zappelte von einem Bein aufs andere wie ein kleines Schulmädchen, das zum Klo musste, während Lisa wie eine Übergeschnappte leise vor sich hin fluchte. Endlich waren sie an der Reihe. Alex trat einen Schritt nach vorne. Doch weder Anna noch Lisa waren ihm zum Schalter gefolgt. Prompt trat er wieder einen Schritt zurück, ergriff die Beiden an ihren Oberarmen und zerrte sie förmlich vor den Schalter.
    „Wie kann ich Ihnen helfen?“, fragte der Schalterbeamte, der kein Hehl aus seiner Verwunderung machte, dass so viele Personen vor seinen Schalter getreten waren. Alex hatte kein Wort verstanden und gab Anna einen kräftigen Stoß in die Rippen. „Wir wollen etwas aus unserem Schließfach holen“, sagte sie mit einer gekünstelten freundlichen Stimme.
    „Kommen Sie bitte mit mir mit. Wer von Ihnen hat den Schlüssel?“
    Anna und Lisa richteten gleichzeitig ihren Zeigfinger auf Alex. Es musste um den Schlüssel gehen, dachte sich Alex und zeigte ihn dem Schalterbeamten.
    „Es kann aber nur einer von Ihnen in den Schließfachraum. Das ist eine Sicherheitsvorkehrung.“
    Was war jetzt wieder los? Er sah schon, er musste die Sache selbst in die Hand nehmen: „Sorry, I don't speak German. What have you said?“
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Eva Indra Bis aufs Blut
    „Only one!“, sagte der Beamte im gebrochenen Englisch und verdeutlichte seine Aussage indem er die Zahl mit seinem Zeigefinger anzeigte.
    Alex überlegte. Es war viel zu riskant, die beiden Frauen hier in dem Postamt alleine zurückzulassen. Was wäre, wenn das Buch doch nicht in diesem Schließfach ist? Eine musste er zumindest mitnehmen. Es war eine schwierige Entscheidung, denn er traute keiner von Beiden.
    „But she is my wife“, antwortete Alex und zog Anna grob am Oberarm. Vor der Polizei könnte er vielleicht noch mal davon kommen, wenn er schnell genug aus dem Postamt kam. Sollte aber das Buch nicht hier sein und Anna sich davonmachen, war das ein viel schwerwiegenderes Problem. Der Schalterbeamte willigte ein und Alex betrat mit Anna den kleinen Nebenraum. Der Postangestellte schloss das Schließfach auf und verließ den Raum.
    Das Paket war schwer. Der Umschlag leicht vergilbt. Ein Ruck daran und es zerfiel in Fetzen. Ein dunkelbrauner Lederband offenbarte sich Alex. Er hatte sich dieses Buch spektakulärer vorgestellt. Vorsichtig öffnete er es in der Mitte und las ein paar Zeilen darin. Dieses Buch sollte also so wertvoll sein? Alex hegte seine Zweifel. Was war so besonderes daran? Kopfschüttelnd klappte er es wieder zu. Sein Blick fiel umgehend auf Anna, die auf dem Boden kauernd ihren Kopf zwischen ihre Knie eingeklemmt hatte und weinte.
    „Warum weinst du eigentlich?“, fragte Alex, weil er es wirklich nicht verstand. „Ich weiß auch nicht!“, kam es schniefend. „Ich habe Angst! Was soll ich jetzt machen? Wirst du mich anzeigen?“
    „Nein“, antwortete er kurz.
    „Aber warum nicht? Ich würde dich anzeigen! Ich habe schließlich deinen Vater erschlagen!“
    Alex überlegte angestrengt und sagte dann:
    „Na ja, grundsätzlich könnte man sogar soweit gehen und sagen, dass du mir einen Gefallen getan hast.“
    „Einen Gefallen getan?“
    Alex nickte leicht und schwieg.
    „Was meinst du mit - ich habe dir einen Gefallen getan?“
    Alex zuckte mit den Schultern. Er hätte wissen müssen, dass sich Anna mit dieser Aussage nicht zufrieden geben würde. Aber was sollte er noch mehr dazufügen? Er hätte ihr seine ganze Kindheitsgeschichte erzählen müssen, aber dazu hatte er einfach keine Lust. Dennoch hatte er es jemals jemanden erzählt? Hatte er diese Alpträume jemals verarbeitet?
    „Ach, nichts weiter. Nicht so wichtig!“, antwortete er schließlich abweisend. In Wahrheit aber hätte er ihr nur zu gern sein Herz ausgeschüttet.

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